Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
konnten. Also lagerte man sie mitten in der Stadt an anderen Orten. Und die Leichenwagen luden sie einfach irgendwo davor auf den Parkplätzen ab.
Fast täglich kam ich am früheren 7-Eleven vorbei, achtete aber kaum auf den Leichenberg, obwohl ich auf dieser Wegstrecke stets ein Halstuch vor Mund und Nase zog, um mich vor dem Gestank zu schützen. Zwar roch mittlerweile die ganze Stadt wie ein in der Sonne verrottender Kadaver, aber hier war es besonders schlimm.
Mich interessierte lediglich, ob in dem Markt noch unverdorbene Lebensmittel lagerten, doch auch diese Möglichkeit verführte mich nicht dazu, mich auf dieses Leichenfeld vorzuwagen. Die Fliegen schwärmten dort in solch riesigen Wolken herum, dass es so aussah, als wäre die Luft voller Rußwolken.
Irgendwann fand ich in einem Lager der Heilsarmee eine unversehrte Kiste mit Konserven und musste auf dem Heimweg an dem Leichenberg beim 7-Eleven vorbei. Und dabei fiel mir auf, dass sich die Leichen bewegten, tatsächlich bewegten.
Anfangs dachte ich, es sei das Leichengas, das sie zum Zittern und Beben brachte, aber daran lag es nicht. Neugierig blieb ich mit meiner kostbaren Fracht stehen, eingehüllt von dem scharfen Gestank und wild summenden Fliegenschwärmen. Und da sah ich zum ersten Mal einen Leichenwurm.
Er fuhr aus dem Mund eines Toten und hatte den Durchmesser eines männlichen Handgelenks. Sein Körper war so segmentiert und flach wie der eines Bandwurms und wirkte glitschig, da er mit etwas Schleimartigem, das an Nasenrotz erinnerte, überzogen war. Gleich darauf richtete er sich auf und lauerte dort wie eine Kobra, die gleich angreifen wird. Zwar konnte ich keine Augen erkennen, war mir aber fast sicher, dass der Wurm mich beobachtete. Mit wachsendem Ekel merkte ich, dass er anstelle eines Mundes eine Art Kolben besaß, den er so öffnete und schloss, als holte er damit Luft. Aus diesem Kolben sickerte die ganze Zeit über eine schwarze Flüssigkeit, die wie Tinte aussah.
Fassungslos undvoller Abscheu starrte ich dieses Monstrum an und ließ dabei meine Kiste fallen, sodass sich Bohnenkonserven und Pastaschachteln über den Gehweg ergossen.Der Wurm lauerte immer noch in Angriffstellung und wirkte so, als wollte er mich zu einer Auseinandersetzung provozieren.
Gleich darauf glitt ein anderer Wurm aus dem grünlich schimmernden Bauch einer toten Frau, während sich ein weiterer aus der Augenhöhle eines noch mit Fleisch überzogenen Schädels ins Freie kämpfte. Es dauerte nicht lange, da kamen sie alle heraus, als zöge die Sonne sie an wie der Regen die Tauwürmer. Manche waren nicht dicker als ein menschlicher Finger, andere so dick wie ein menschliches Bein. Sie drangen aus Nasen, Augenhöhlen und Arschlöchern, glitten herum und richteten sich auf. Und alle waren mit Schleim überzogen und totenbleich.
Zwar hatte ich zu diesem Zeitpunkt bereits Wesen gesehen – durch die Strahlung mutierte Lebewesen –, die mich noch ein Jahr zuvor glatt in den Wahnsinn getrieben hätten, aber diese Würmer stellten sie weit in den Schatten.
Allerdings verloren sie bald das Interesse an mir – offenbar waren sie nicht auf lebende Wirte aus – und machten sich wieder an die Arbeit. Sie begannen zu fressen, wühlten sich durch den Leichenberg, saugten, schlürften, kauten. Sobald sie sich in einen Leichnam hineingegraben hatten, war das Büffet eröffnet. Mit dem Kolben oder Mund (keine Ahnung, als was man dieses Organ bezeichnen soll) spritzten sie dem Leichnam die schwarze Tinte ein, was offenbar dazu führte, dass sich dessen Innereien verflüssigten. Der Saft der Würmer enthielt vermutlich irgendein Verdauungsenzym, ähnlich dem, was Spinnen ihrer Beute injizieren. Jedenfalls verleibten sie sich die verflüssigten Innereien der Toten unverzüglich ein, sobald sie ihnen ihre »Spritze« verpasst hatten.
Mir wurde bei diesem Anblick übel.
Noch schlimmer war jedoch das, was ich danach sah: Dutzende von Würmern, die aus den Leichen geglitten waren, verbanden sich miteinander zu einer lebenden Spirale. Während sie sich umeinander wanden, gaben sie ein bizarres Trillern von sich und zitterten so lange, bis ein wässriger Schleim sie einhüllte.
Das war mehr, als ich ertragen konnte: Ich suchte mein Heil in der Flucht.
Denn mir war klar, dass diese Würmer dabei waren, Nachkommen zu zeugen, verstehen Sie? Dieses entsetzliche Trillern klang eindeutig lustvoll ... So als strebten diese Würmer gerade dem Orgasmus zu.
Und diese grauenvolle Szene
Weitere Kostenlose Bücher