Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
Aktenschränke umgeworfen und deren Inhalte überall verstreut.
Wir gingen über einen Fußboden, der mit Dokumenten und Händlerbroschüren übersät war. Die Spiegelglasscheiben der Fenster waren entweder zersprungen, so verstaubt, dass man nicht mehr hindurchsehen konnte, oder sie fehlten ganz.
Innen herrschte trübes Licht, überall waren Schatten. Es war der ideale Ort für einen Hinterhalt, wie uns vermutlich allen klar war.
Wir gingen in die Garagen hinunter und holten uns von dort ein Dutzend Benzinkanister aus Plastik, die jeweils fünf Gallonen fassten. Carl hatte seine Absaugpumpe dabei, sodass wir uns gleich ans Werk machen konnten. Mickey ging an meiner Seite, Carl und Texas waren unmittelbar hinter mir, aber wo war Janie abgeblieben? Scheiße, dachte ich, wir sind doch nur zu fünft, um Himmels willen! Es war ja nicht so, als wäre ich für 100 Überlebende verantwortlich. Und doch war Janie mir durch die Finger geschlüpft. Was vermutlich kein Zufall war.
Die Werkstätten der Mechaniker waren riesig, man hätte dort mühelos 20 Autos parken können und dann immer noch genügend Platz für ein paar Laster gehabt. Rechnete man noch die Metallkäfige mit Ersatzteilen hinzu und die verstaubten, rot angestrichenen Werkzeugausgaben sowie die Wagen, die immer noch auf den nicht mehr funktionierenden Hebebühnen standen, konnte Janie überall sein.
Kindisch, Nash, genau wie du gedacht hast. Ihr hat jemand ins Gehirn geschissen und Janie hat diese Scheiße so lange gehegt und gepflegt, bis von ihrem Verstand nichts mehr übrig geblieben ist. Wirklich großartig, stimmt’s? Die Prinzessin des Schulabschlussballs, die Königin aller Cheerleader, die nordische Schönheit mit den blonden Haaren und blauen Augen, dieser zickige kleine Kontrollfreak nimmt dir übel, dass du kein Mitgefühl für alle Arschlöcher und Lumpensäcke dieser Welt empfindest. Und zwar so übel, dass sie sich einfach verpisst und damit die ganze Gruppe in Gefahr bringt. Bestenfalls schmollt sie nur im Verkaufsraum. Aber es kann auch sein, dass sie wirklich abgehauen ist, alles hinter sich lassen wollte. Und in diesem Fall muss jemand sie wieder einfangen, und dieser jemand wird da draußen in den Ruinen möglicherweise einen verdammt harten Tod sterben.
Ich war stinksauer. Hatte Schuldgefühle. War sprachlos. Meine Gedanken rasten mit Lichtgeschwindigkeit, überschlugen sich. Ich hasste mich selbst dafür, dass Janie sich wegen mir so beschissen fühlte, und ich hasste sie dafür, dass sie mich ständig missionieren wollte und immer noch fanatisch an ihrer alten, längst untergegangenen Welt und deren sentimentalen Werten hing.
Lieber Herr Jesus, hier ging es doch ums Überleben!
»Wo ist Janie?«, fragte ich.
»Wen interessiert’s?«, gab Mickey zurück und warf mir dabei einen Schlafzimmerblick zu, der alles Nötige sagte: Du brauchst Janie doch gar nicht mehr, sie ist überflüssig. Dein Schwanz ist jetzt in besseren Händen und wird bald zum Himmel aller Muschis auffahren.
Mein Gott. » Mich interessiert’s!«, entgegnete ich.
Texas Slim kam mit einem Kalender herüber und hielt ihn mir vors Gesicht. Das Hochglanzfoto zeigte eine nackte Rothaarige, die ihre schönen spitzen Titten zur Schau stellte. Sie sahen fast so gut aus wie Mickeys. »Schau dir das mal an.« Er schnalzte mit der Zunge. »Darin liegen die tiefsten Abgründe menschlicher Sünde und die größten Sinnesfreuden fleischlicher Wolllust!«
»Was redest du da überhaupt, Blödmann?«, fragte Carl.
»Ich will damit nur sagen, mein geistig minderbemittelter Freund, dass ein Mann für diese süße kirschrote Götterspeise oder auch Teufelsspeise weder Löffel noch Gabel braucht. Nein, Sir, dieses Festmahl genießt man am besten mit den Händen und mit sabberndem Mund.«
»Janie ist weg«, fuhr ich dazwischen und ging quer durch die Werkstätte. »Sucht sie. Sofort, verdammt noch mal! Sucht sie!«
Ich konnte fast spüren, wie Mickey, die hinter mir stand, die Augen verdrehte.
Es war mir scheißegal. Ich musste Janie finden. Mit gezogener Beretta ging ich sie suchen, Mickey trottete hinterher. Carl sah in den Werkstätten nach, Texas in den Büros. Wir alle riefen nach Janie, was mir keineswegs behagte, weil dieser gottverdammte Lärm ungebetene Gäste anziehen konnte. Denn sie lauerten dort draußen, so sicher wie das Amen in der Kirche, kreisten dort wie Aasgeier, die nach saftigem roten Fleisch Ausschau halten.
Das Gelände war unüberschaubar weitläufig.
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