Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
und mich in Bitter Creek abzusetzen. Mir ist nicht wohl bei der Vorstellung, euch alle in eine schlimme Geschichte mit hineinzuziehen.«
»Hm. Plötzlich hat dich also der Wunsch gepackt, die Leben der anderen nicht zu gefährden?«
»Ja.«
»Dazu ist es zu spät, Nash. Du wirst die nicht mehr los, sie folgen dir überallhin.«
»Und was ist mit dir?«
Sie musterte mich mit ihren kühlen blauen Augen. »Ich hab meine eigenen Gründe, bei dir zu bleiben. Und glaub mir, die haben nichts mit liebevollen Gefühlen für den Menschen zu tun, zu dem du geworden bist.«
»Warum sagst du mir nicht, was für ein Mensch ich inzwischen in deinen Augen bin?«
»Was würde das schon nützen?«
Als sie sich abwandte, griff ich nach ihrer Hand, aber sie stieß sie weg, als hätte sie gerade eine Klapperschlange berührt.
»Fass mich nicht an, Nash. Dazu hast du kein Recht mehr. Ich werde genau wie die anderen bei dir bleiben. Aber nur, weil ich es muss. Nicht, weil ich es will.«
2
»Riechst du das?«, fragte Carl mich etwa zehn Minuten später und riss mich damit aus meinen Grübeleien.
Der Wind kam jetzt aus entgegengesetzter Richtung und fegte durch die halb offen stehende Hintertür der Scheune. Er brachte Verwesung und Fäulnis mit sich, den Gestank des Todes. Es war ein Gestank, der mir vertraut war: der Gestank aller Städte in diesem Land und vermutlich in der ganzen Welt. Dennoch hatte ich in dieser abgelegenen Scheune nicht damit gerechnet. Er war wirklich penetrant und ekelerregend und wurde von Minute zu Minute schlimmer.
Carl, Texas und ich griffen nach unseren Waffen.
Während wir, immer dem Geruch nach, bis zum anderen Ende der Scheune gingen, wuchs bei mir mit jedem Schritt das Gefühl innerer Beklemmung. Wir konnten keine weiteren Probleme gebrauchen, mussten nach Bitter Creek. Reichten die Probleme denn nicht, die dort mit Sicherheit auf uns warteten?
»Da ist irgendwas, bei der Box da drüben«, sagte Texas, der die Desert Eagle gezogen hatte.
Carl schlich sich mit der Kalaschnikow zur Box. Ich folgte ihm.
Leichen.
In den Fußboden war eine Art Wanne oder Grube eingelassen, deren Zweck ich nicht kannte. Es lagen fünf oder sechs Leichen darin, die sich bereits grünlich verfärbt hatten und aufgrund der Verwesung schwammig aussahen. Alle waren aufgedunsen, ihre Ausdünstungen unerträglich.
»Scheiße«, sagte Carl.
Plötzlich bewegte sich eine der Leichen, gleich darauf auch eine andere. Es war unglaublich, aber ich sah es mit eigenen Augen. Und trotz allem, was ich mittlerweile an grauenvollen Erscheinungen zu sehen bekommen hatte – und das war ja nicht wenig –, packte mich eine irrationale, von Aberglauben gespeiste Angst vor lebenden Toten.
Doch hier war nichts Übernatürliches im Spiel.
Die Leichen waren von Parasiten befallen. Ein sehr weißer, sehr glatter Leichenwurm – er war mit Schleim überzogen und dampfte geradezu – glitt aus der Augenhöhle eines Toten. Er war sehr lang. Mindestens 90 Zentimeter des Körpers schwankten in der Luft von einer Seite zur anderen, während sich der untere Teil des kolbenförmigen Kopfes so öffnete und schloss, als atmete er.
Carl halbierte die wedelnde Masse mit seinem Schuss, ehe der Wurm Gelegenheit hatte, uns mit seinen Verdauungsenzymen zu bespritzen. Während sich der abgetrennte Teil in einen gallertartigen schwärzlichen Glibber verwandelte, glitt der Rest in die Augenhöhle zurück.
»Vielleicht sollten wir diese Leichen einäschern«, meinte Carl.
»Wieso?«, fragte Texas Slim. »Sobald diese Würmer alles verzehrt haben, werden sie wegen des Fleischmangels doch sowieso verhungern.«
Ich gab ihm recht.
Texas und ich drehten um, weil wir zu den anderen zurückkehren wollten. Als ich ihnen zurief, es sei nur ein großer Wurm gewesen, waren sie merklich erleichtert. Carl, der hinter uns ging, richtete die Kalaschnikow, wie es nun mal seine Art war, trotzdem auf die Grube und feuerte zwei Salven mit je drei Kugeln auf sie ab.
Und in diesem Moment hörten wir Gebrüll.
3
Mit erhobener Schaufel stürmte ein Mann auf uns zu. Mir war nicht klar, wo er sich versteckt hatte, vielleicht unter dem Stroh. Jedenfalls griff er Carl an, ehe einer von uns ihn daran hindern oder Carl die Waffe einsetzen konnte. Als er mit der Schaufel ausholte, duckte Carl sich, sodass sie seinen Kopf knapp verfehlte. Das Schaufelblatt schlug mit solcher Gewalt auf dem Beton auf, dass Funken sprühten.
Gleich darauf zog Carl ihm mit dem Kolben der
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