Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Titel: Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
Vom Netzwerk:
brachte diese Szenerie eher mit Menschenopfern in Verbindung und fragte mich dabei, ob man diese armen Menschen womöglich bei lebendigem Leib ans Kreuz genagelt hatte. Allerdings wollte ich mich jetzt lieber nicht damit beschäftigen.
    Carl und ich blieben unter den Kreuzen stehen, rauchten und starrten zu diesen sinnlosen, mit Nägeln durchbohrten Opfern hinauf.
    »Passt mit den Zigaretten auf!«, sagte Texas Slim und fuhr mit dem Stiefel durch das gelbe Gras, dessen Halme verdorrt und in winzige Teile zerbrochen waren. »Ist schrecklich trocken hier. Da muss nur einer eine Zigarette oder ein Streichholz fallen lassen ...«
    Als ich mir vorstellte, wie dieser Ort brannte, grinste ich unwillkürlich. Denn selbst vom Ortsrand aus war nicht zu übersehen, dass Bitter Creek nichts anderes als ein ekelhaftes Pestloch war. Es strahlte die gleiche Atmosphäre aus wie eine Grube mit Seuchenopfern.
    »Wäre wirklich schade«, sagte Mickey ironisch.
    Nachdem wir den Hügelkamm umrundet hatten, sahen wir den kleinen, von Kornfeldern umgebenen Ort unmittelbar unter uns liegen. Früher mal – vor den Bombardierungen – mochte er 4.000 oder 5.000 Einwohner gehabt haben. Nur ein Tropfen im Seuchenpfuhl Nebraskas.
    Auf dem Weg nach unten griff Mickey nach meinem Arm. »Sei vorsichtig, Nash. Von jetzt an müssen wir auf alles gefasst sein.«
    Das war mir mehr als deutlich bewusst. Auch dieser Ort war ein Friedhof wie alle anderen, dennoch strahlte er etwas besonders Düsteres aus.
    »Wo liegt diese Militäreinrichtung, von der Price erzählt hat?«, wollte Carl wissen. »Ich meine dieses Lager für Biowaffen.«
    »Wahrscheinlich etwas außerhalb des Orts. Wir suchen es morgen.« Ich versuchte, in die Atmosphäre von Bitter Creek einzutauchen, und spürte den Tod ringsum. Es war so, als legte ich das Ohr an die Mauer einer Grabesstätte.
    Keiner sagte etwas, als wir in den Ort hineingingen. Es gab keine Anzeichen von Leben, es lag nur Tod in der Luft – Verwesungsgestank, der uns wie eine schwere Decke einhüllte und uns zu ersticken drohte.
    »Mm, diese Luft«, sagte Carl. »Nichts riecht so toll wie Nebraska.«
    Links und rechts der Straße nichts als verrostete Autos und Schuttberge; die Gossen waren von braunen Blättern und Glasscherben verstopft. Die Sonne, die bereits hoch am Himmel stand, war von einer Dunstglocke umgeben und spiegelte sich nur schwach in den verdreckten Schaufensterscheiben der Hauptgeschäftsstraße. Alle Hausfassaden waren mit weißen Kreuzen gekennzeichnet. Mir fiel ein, dass die Armee das auch in Youngstown getan hatte, als sie die Häuser von Seuchenopfern gesäubert hatte. Aber hier hatten diese aufgemalten Kreuze meiner Meinung nach eine andere Bedeutung. Sie kamen mir irgendwie unheimlicher vor, eher so wie magische Zeichen heidnischen Ursprungs.
    Irgendwo am Straßenrand hielt ein Polizeiwagen mit geplatzten Reifen und einer implodierten Windschutzscheibe Wache. Hinter dem Steuer saß ein in schmutzige Lumpen gehülltes Skelett, auf dessen Brust eine silberne Dienstmarke prangte. Weitere Skelette saßen auf Bänken, lagen im Gras oder hockten sogar auf Stühlen hinter Schaufensterscheiben. Eigentlich glaubte ich nicht, dass sie dort gestorben waren – irgendwer musste diese Szenerie absichtlich so angeordnet haben.
    »Ich rieche was«, meldete sich Mickey.
    Ich wartete darauf, dass sich Texas oder Carl in Anbetracht des allgegenwärtigen Gestanks lustig darüber machen würden, aber niemand reagierte. Auch mir fiel diese neue Duftnote auf: Abgesehen vom allgemeinen Verwesungsgeruch stank es hier nach Krankheit und Körpersekreten, nach medizinischen Verbänden, die von nässenden Geschwüren durchtränkt waren, nach Wundbrand.
    Kurz darauf gelangten wir zu einem kleinen Park – einem Park voller Menschen! Sie lagen oder hockten im Gras, eng aneinandergekauert, wie eine Versammlung von Bettlern. Viele waren tot, doch mindestens ebenso viele noch am Leben. Schweigend starrten sie uns an.
    Wir hielten Abstand.
    »Sie haben das Fieber«, sagte Texas.
    Es war nicht zu übersehen: Die Gesichter waren mit eitrigen, nässenden Wunden übersät oder aufgeplatzt wie ausgedörrter Ackerboden. Die Augen blutunterlaufen und glasig. Die Gliedmaßen deformiert. Sie bluteten aus allen Körperöffnungen, husteten und holten rasselnd Luft. Es mussten mindestens 100 Menschen sein, alle infiziert von Ebola X, der Pest, Milzbrand und anderen, mir nicht bekannten Seuchen. Sie suhlten sich im eigenen Dreck und

Weitere Kostenlose Bücher