Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)
als ich den Kopf schüttelte, beherrschte er sich. Achselzuckend packte er das Mädchen beim Haar und warf sie auf den Boden. Danach pflanzte er ihr ein Knie ins Kreuz, holte Klebeband aus seinem Rucksack und fesselte ihr die Handgelenke auf dem Rücken. All das ließ sie ohne Gegenwehr über sich ergehen. Schließlich zerrte Carl sie wieder hoch.
»Nash? Bitte um Genehmigung, diese Schlampe von oben bis unten vollpinkeln zu dürfen, damit sie wenigstens ein bisschen besser riecht.«
»Genehmigung verweigert«, erwiderte ich.
Morse fotografierte das Mädchen.
»Also gut, wir machen fünf Minuten Pause«, sagte ich.
»Ich bin für zehn«, meinte Texas.
»Ja, ich muss mich eine Minute hinsetzen«, erklärte Mickey, ließ sich in einer Nische auf eine Polsterbank fallen und kreuzte die langen, bronzefarbenen Beine so auffällig, dass ich es nicht übersehen konnte.
Selbstverständlich sah ich hin, was Janie nicht entging.
Wieder mal aßen wir Dosenfutter: Spaghetti, Schweinefleisch und Bohnen, alles kalt. Trotzdem verschlangen wir es mit Heißhunger, denn keiner von uns hatte gefrühstückt. Danach rauchte ich und beobachtete dabei das Mädchen. Ich schwelgte in Selbstmitleid und war zugleich tieftraurig über diese beschissene seelenlose Welt. Hatte das Bild vor Augen, dass mein Trupp genau wie alle anderen verstreuten Gruppen hektisch über den verwesenden Kadaver eines Tiers krabbelte. Der Vergleich war im Grunde gar nicht so daneben.
Einen Moment lang schloss ich die Augen und stellte mir vor, wie diese gestaltlose graue Seuche näher rückte. Die Medusa. Und dabei zitterte ich. Gleichzeitig schlug mein Herz wie rasend, und ich hatte den überwältigenden Drang, all das auszukotzen, was sich in meinem Innern angestaut hatte.
»Also gut«, sagte ich schließlich. »Die Pause ist um. Wir haben jede Menge Scheiße zu erledigen.«
Alle sprangen sofort auf. Immer noch konnte ich das Gefühl nicht abschütteln, dass wir beobachtet wurden. Aber nicht von dem Mädchen und auch nicht von dem Schattengebilde. Und Mickey bestätigte mir das Gefühl mit einem Blick. Auch sie spürte es. Gleich darauf hörte ich auf der Straße einen lauten Knall. Ich brauchte fast eine Sekunde, um zu erfassen, dass ein Gewehr losgegangen war.
Und die Schaufensterscheibe durchschlagen hatte.
Wir alle ließen uns zu Boden fallen – bis auf das Mädchen und Morse. Mein Gott, dieser dumme, unschuldige Morse. Jetzt wechselte er von der Rolle des Fotografen, der Modestrecken für die Newport News oder Vogue schoss, in die des Kriegsreporters. Denn während weitere Geschosse in die verstaubte Fensterscheibe einschlugen, sodass sie zu Kandis zersplitterte, blieb Morse einfach stehen, die Nikon am linken Auge, setzte das Teleobjektiv auf und stellte verschiedene Blenden für seine Aufnahmen ein und versuchte gute Bilder für Newsweek, Time oder Spiegel einzufangen.
Ich rief ihm zu, er müsse seinen verdammten Kopf einziehen und sofort in Deckung gehen. Zu spät. Ein weiterer Knall, und dieser Schuss traf mitten ins Teleobjektiv. Entweder ein Glückstreffer oder der Schütze hatte sehr sorgfältig gezielt. Jedenfalls hatte es nicht nur die Kamera erwischt, sondern auch Morses Hinterkopf, aus dem sofort Blut und Gewebe spritzten. Ohne ein Wort brach er zusammen und starb. Ich befahl allen, sich nicht von der Stelle zu rühren und den Mund zu halten.
Irgendjemand setzte ein Langstreckengewehr ein – vielleicht eine Winchester mit dem Kaliber 30-30 oder ein Repetiergewehr der Marke Weatherby mit dem Kaliber 30-06. Ich wollte den Schützen näher herankommen lassen, damit ich ihn auf keinen Fall verfehlte.
Stille, draußen wie drinnen.
Dann Stimmen auf der Straße, die nach Kindern oder Jugendlichen klangen. Wir rührten uns nicht. Leise miteinander redend kamen diese Mistkerle näher. Ich flüsterte den anderen zu, sich bereit zu machen, und bezog hinter den Sitzbänken einer Wandnische Posten, da ich von dort aus besser sehen konnte. Ja, es waren Kinder, etwa ein halbes Dutzend, aber es war auch ein älterer, mit einem Gewehr bewaffneter Mann dabei. Sie machten sich nicht die Mühe, einen Späher vorauszuschicken, sondern liefen als Gruppe auf den Imbiss zu.
»Macht euch bereit«, flüsterte ich erneut.
Mickey zog ihre Browning, Texas die Desert Eagle, Carl die Kalaschnikow und ich die Savage.
Ich sah zu, wie diese Prolls sich vor dem Imbiss sammelten – ein bemerkenswerter Trupp. Alle hatten so lange Haare und waren so verdreckt,
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