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Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition)

Titel: Verseucht - Endzeit-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Curran
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vor Schuldgefühlen. Dachte immer wieder: Ich könnte sie alle sofort auf die Straße setzen. Sie zum Teufel schicken und mir innerhalb einer Woche einen neuen Trupp zusammensuchen. Welches Recht haben die denn, mich zu verurteilen? Für was halten sie sich, verdammt noch mal?
    Dabei war mir klar, dass das völlig absurde Gedanken waren. In dem Moment, in dem ich Janie auf die Straße setzte, würde ich einen großen Teil meines Selbst verlieren.
    Scheiße.
    Letztendlich hatte ich das in mich gesetzte Vertrauen erschüttert, das wusste ich. Keine Ahnung, was plötzlich über mich gekommen war. Ich wusste nur, dass diese Wut schon seit Langem in mir gegärt hatte. Es war einfach passiert, wie es eben so geht. Zum Teil lag es wohl einfach an der verdammten Depression, die mich an den meisten Tagen innerlich auffraß. Es war ein Gefühl, als wäre da ein Schwarzes Loch, das mich bei lebendigem Leib in die Dunkelheit hineinsaugen wollte. Zum anderen Teil waren es wohl allgemeine Frustration und Traurigkeit. Hinzu kam die Tatsache, dass Gremlin mir von Tag zu Tag mehr auf die Nerven ging, genauso wie das Warten. Wir mussten weiterziehen. Mussten nach Westen, ehe ... nun ja, ehe uns irgendetwas eingeholt hatte.
    Niemand sprach, und auch ich hielt den Mund.
    Gremlin hatte sich nicht die Mühe gemacht, das Blut aus seinem Gesicht zu waschen. Er gab damit wie mit einer Kriegsbemalung an, während er mit angezogenen Beinen auf dem Boden hockte, die Arme um sich geschlungen, den Kopf zwischen die Beine gelegt. Seine Augen, aus denen die Schmerzen sprachen, wirkten verrückt und wild. Und sie waren auf mich gerichtet, ausschließlich auf mich. Voller Hass starrte er mich an.
    Ich hatte das hässliche Gefühl, dass Gremlin mir die Kehle aufschlitzen würde, sobald ich die Augen schloss. Deshalb beobachtete ich ihn und spürte dabei, dass mein kleiner Trupp kurz davor stand, auseinanderzubrechen. Ich fühlte mich einsamer und verwundbarer als je zuvor. Begann an Shelly zu denken. Und an Youngstown.
    Mir fiel ein, wie ich in der Nacht, als die Bomben fielen, auf dem Dach unseres Wohnhauses gestanden hatte. Dort oben hatten sich viele Menschen versammelt. New York war unmittelbar getroffen worden. Obwohl es weit von Youngstown entfernt lag – oder gelegen hatte –, konnte man es sehen, wenn man nach Osten blickte. Denn dort hatte sich der Himmel blau eingefärbt und leuchtete.
    11
    Während der bleiche Mond auf die Erde hinabsah, krochen die Ratten heraus.
    Sie drangen aus Gossen und Kellern, Trümmern und Gräben – aus allen feuchten, dunklen Orten, wo Leichen verrotteten. Als breiter schwarzer Strom überfluteten sie mit ihren schmierigen Körpern laut kreischend die Straßen. Nichts, das noch Blut in den Adern hatte, konnte ihnen entkommen. Die Ratten schwärmten aus und griffen an, preschten wie Treiberameisen in irgendeinem dampfenden Dschungel vorwärts, rasend vor unstillbarer Gier. Denn sie lebten nur, um zu fressen, sich fortzupflanzen und die Welt mit ihrer riesigen Anzahl zu vereinnahmen.
    Den religiösen Spinnern, die sich auf der Straße aufhielten, ließen sie nicht die geringste Chance.
    Noch fünf Minuten zuvor – der Staubsturm hatte sich endlich gelegt – hatten sie Psalmen gerufen, ihre Hände zum Herrgott im Himmel erhoben und um Rettung und Erlösung gefleht. Und jetzt hatten die Ratten sie lebendig unter sich begraben.
    Die Ratten fielen aus allen Richtungen über sie her. Man konnte hören, wie sie das Fleisch ihrer Opfer zerfetzten, Knochen zermalmten und mit ihren plumpen, gefräßigen Körpern Schreie erstickten. Es war eine wahre Fressorgie: Die Ratten verschlangen in ihrem Rausch nicht nur die religiösen Spinner, sondern auch einander und verstümmelten sich selbst. All das ging sehr schnell: Es dauerte nur drei Minuten von der ersten Angriffswelle bis zum Abtauchen der schwarzen Meute in der Dunkelheit. Zurück blieben nur nackte Rattenkadaver und fünf sauber abgenagte Skelette, die wie Elfenbein im Mondlicht schimmerten. An den menschlichen Gebeinen klebte nicht mal ein Tropfen Blut.
    Janie vermied es natürlich hinzuschauen. Mittlerweile war sie zwar nicht mehr besonders zimperlich, aber für sie existierte immer noch eine Anstandsgrenze, die sie nicht überschreiten wollte. Wir anderen sahen dem Angriff von den Fenstern aus zu. Carl und Texas Slim hatten eine Wette laufen, die das Ganze für sie etwas spannender machte. Carl hatte prophezeit, die Ratten würden mindestens fünf Minuten

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