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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Kartons im Keller“, hatte ihr Vater ihr gesagt. „Inklusive meiner Sport- und der Campingausrüstung. Das gehört jetzt alles dir.“
    Ab und zu hatte sie sein altes Camp-Kioga-Sweatshirt herausgeholt und angezogen oder sich in die Hudson’s-Bay-Decke gewickelt, die nach Mottenkugeln roch.
    Sie nahm den Lieferantenfahrstuhl und stieg alleine in die Tiefen des alten Gebäudes hinab. In dem abgetrennten Kellerabteil, das zur Wohnung ihrer Mutter gehörte, fand sie sofort ihren alten Seesack. Das steife Segeltuch war über und über mit Aufnähern von Camp Kioga bedeckt; jeder stand für einen Sommer zwischen 1987 und 1994. Die meisten Camper sammelten die begehrten Aufnäher, die für magische Sommerferien weit weg von zu Hause standen. Nicht so Olivia. Obwohl sie sie pflichtbewusst aufgenäht hatte, um ihre Großeltern nicht zu beleidigen, hatten die bunten Stoffbilder für sie keine emotionale Bedeutung. Nana und Granddad waren überzeugt, dass Camp Kioga Shangrila war, und etwas anderes zu behaupten hätte sie verletzt.
    Olivia stellte den Seesack beiseite und schaute sich in dem vollgestellten, aber ordentlichen Kellerraum um. In jeder Ecke lauerten Schatten und alte Erinnerungen. Es gab gerahmte Fotos von Olivia und ihrem Vater und ledergebundene Alben mit der Prägung „Bellamy“. Sie zog die alte, schwere Truhe hervor, die ihr Vater ihr vor all den Jahren hinterlassen hatte. Sobald sie den Deckel öffnete, stieg ihr ein leicht muffiger Geruch in die Nase, den sie sofort einordnen konnte: Camp. Es war eine unvergessliche Kombination aus Schimmel, Holzrauch und draußen, eine Essenz, die jeder Wäsche und Lüftung widerstand.
    Sie ging die Sachen in der Truhe durch und nahm sich eine Laterne, ein Buch über das Überleben in der Wildnis und das Sweatshirt mit der eingestickten Aufschrift „Camp-Betreuer“ auf dem Rücken. In der Bellamy-Familie reichte es nicht, ein Camper zu sein. Sobald man das richtige Alter erreicht hatte, war es Teil des Rituals auf dem Weg zum Erwachsenwerden, mindestens einen Sommer lang als Betreuer zu arbeiten. Olivias Vater, alle ihre Tanten und Onkel hatten ihre College-Sommer dort verbracht, tagsüber die Campaktivitäten geleitet und nachts mit den anderen Angestellten gefeiert. Olivia und die nächste Generation an Cousins und Cousinen hatte das Gleiche getan, bis das Camp vor neun Jahren geschlossen worden war. Es war ein Sommer, der mit großen Versprechen begonnen und in einem Desaster geendet hatte. Sie war überrascht, wie lebhaft sie sich an die Geräusche und Gerüche erinnern konnte, an die Art des Lichts und die Unbeweglichkeit des Sees, die schwindelig machende Freude und die Übelkeit erregende Enttäuschung, die sie in dem Sommer erlebt hatte. Ich bin verrückt, dorthin zurückzukehren, dachte sie.
    Sie stopfte ein paar Erinnerungsstücke in die Matchbeutel: die gestreifte Hudsons’s-Bay-Decke, das Sweatshirt, einen alten Tennisschläger, der neu bespannt werden musste. Es gab Holznadeln, in die Namen von Campern eingebrannt waren, Kanupaddel, die mit erstaunlichem Kunstverstand bemalt worden waren und auf deren Blättern sich die anderen Camper mit ihren Unterschriften verewigt hatten. Gesangbücher, Freundschaftsarmbänder, selbstgezogene Kerzen und Selbstgeschnitztes – es war eine wahre Schatztruhe.
    Der Schlüssel im Aufhübschen einer Immobilie lag in den Details. Je authentischer sie waren, desto besser. Sachen wie diese würden das Camp wieder aufleben lassen, und sie zählte auf ihre Onkel und Tanten, weitere Fundstücke zur Kollektion beizutragen. Auf dem Boden der Truhe fand sie einen zerbeulten und ganz matt gewordenen Tennispokal. Er hatte einen marmornen Fuß, einen gewölbten Deckel und zwei Handgriffe. Er würde sich gut in der Glasvitrine im Speisesaal des Camps machen – vorausgesetzt, sie existierte noch.
    Als Olivia den Pokal in die Hände nahm, rollte darin etwas herum. Sie hob den Deckel, und etwas fiel heraus. Ein Knopf? Ein Manschettenknopf. Sein Silber war auch ganz dunkel angelaufen, und er hatte die Form eines Fischs – vielleicht ein Sternzeichen? Sie schaute sich nach dem passenden Gegenstück um, aber es schien nur diesen einen hier zu geben. Sie schob ihn in ihre Hosentasche und rieb dann über den Pokal, um die eingravierte Schrift wieder lesbar zu machen: Betreuer Classics. Erster Platz. Philip Bellamy. 1977. Offensichtlich hatte ihr Vater den Pokal beim jährlichen Mitarbeiterturnier in Camp Kioga gewonnen. Er musste da

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