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Versprechen eines Sommers

Versprechen eines Sommers

Titel: Versprechen eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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erklärte Olivia. „Woodstock ist nicht so weit entfernt.“
    Ein weiteres skurriles Schild wies auf die Windy Ridge Farm hin, und dann kam auch schon die letzte Kurve, die in einer Schotterstraße endete, die mit dem Hinweis „Privatweg – Unbefugten kein Zutritt“ markiert war. Diese Straße wand sich durch einen Wald, der mit jeder Meile dichter wurde. Endlich erreichten sie den selbstgezimmerten Torbogen, der den Schotterweg überspannte: das Eingangstor zum Camp Kioga. Aus massiven Baumstämmen errichtet, war der Bogen das Wahrzeichen des Camps. Eine Zeichnung von ihm befand sich auf dem Briefpapier, auf dem die Kinder ihre wöchentlichen Briefe nach Hause schrieben. Auf dem Bogen selber war in verschnörkelter Schrift zu lesen: Camp Kioga, gegr. 1932.
    Im Bus war das der Moment, wo die Kinder den Atem anhielten und sich weigerten, Luft zu holen, bis sie unter dem Bogen hindurchgefahren waren. Sobald sie sich auf dem Gelände des Camps befanden, folgte ein kollektives Ausatmen, bevor die ersten aufgeregten Jubelschreie ertönten. Wir sind da!
    „Alles in Ordnung mit dir?“, fragte Freddy.
    „Ja.“ Olivia klang angespannt. Sie verlangsamte das Tempo, als der trockene, scharfkantige Kies unter den Reifen knirschte. Während der Fahrt die alte Straße entlang, die im Schatten der großen Eichen und Ahornbäume lag, hatte sie das Gefühl gehabt, in der Zeit zurückzufahren, zu einem Ort, der für sie nicht sicher war.
    Die Bäume und Büsche entlang der Auffahrt waren so wild gewachsen, dass ihre Äste an dem Wagen kratzten. Olivia stellte den SUV vor dem Haupthaus ab und ließ Barkis hinaus. Der Hund rannte aufgeregt von hier nach da, entschlossen, an jedem Grashalm zu riechen.
    Das Herzstück des vierzig Hektar großen wild bewachsenen Grundstücks bildete der Willow Lake. Es gab einige rustikale Gebäude, ein paar Wiesen und Sportplätze. Hütten und Bungalows säumten den unberührt daliegenden See. Olivia zeigte auf die Bahn fürs Bogenschießen, die Tennis- und Pickleballplätze, das Amphitheater und die Wanderwege, die inzwischen vollkommen überwachsen waren. Bereits jetzt machte sie sich in ihrem Kopf Notizen und überschlug, was benötigt würde, um das Camp wiederherzustellen.
    Im Hauptpavillon befand sich der Speisesaal. Seine Terrasse, auf der die abendlichen Tanzveranstaltungen und anderen Aktivitäten stattfanden, ragte auf den See hinaus. Das Untergeschoss beherbergte die Küche, den Gemeinschaftsraum und die Büros. Über allem lag ein Hauch von Vernachlässigung, von dem mit Unkraut überwachsenen Vorplatz bis zu dem Rosenbusch am Fuße der Fahnenmaste. Erstaunlicherweise hatte die Rose überlebt und wuchs in zügelloser Hülle auf ihren dünnen, dornigen Ästen.
    Freddy ließ seinen Blick über den Hauptpavillon und einige der Hütten gleiten. „Ich hatte keine Ahnung, dass es so etwas noch gibt. Das ist ja wie in Dirty Dancing .“
    „Aber vor allem ist es jetzt eine Geisterstadt“, sagte Olivia, auch wenn in ihren Gedanken Kinder in grauen T-Shirts mit dem Camp-Kioga-Logo darauf den Ort bevölkerten. „Bis in die frühen Sechzigerjahre hatte es hier jeden Abend einen Tanz gegeben. Oft sogar mit Livemusik.“
    „Hier, mitten im Nirgendwo?“
    „Meine Großeltern behaupten, dass die Musiker gar nicht so schlecht waren. Man konnte immer das eine oder andere Talent entdecken, weil die Musiker und Schauspieler aus New York ständig auf der Suche nach einem Sommer-Engagement waren. Nachdem das hier in ein reines Kindercamp verwandelt worden war, gab es hier die gemeinsamen Singabende und Tanzunterricht.“ Bei der Erinnerung daran schüttelte sie sich. Sie war immer als Letzte aufgefordert worden, und meistens auch noch von einem Mädchen, einer ihrer Cousinen oder einem Jungen, der sich dann mit übertrieben angeekeltem Gesichtsausdruck vor seinen Freunden großtat, sobald er Lolly, dem „Trog Schweineschmalz“, wie man sie auch nannte, gegenüberstand.
    „Komm, ich zeig dir den Speisesaal“, sagte Olivia.
    Sie ging zum Pavillon und öffnete die Tür mit dem Schlüssel, den ihre Großmutter ihr gegeben hatte. Die schwere Doppeltür schwang auf. Die Vitrinen im Foyer waren mit Staubtüchern verhangen, und an den Wänden hingen glasäugige Jagdtrophäen – Köpfe von Elchen, Bären, Hirschen und Berglöwen.
    „Das verstört mich“, sagte Freddy.
    Barkis schien ihm zuzustimmen. Er blieb nah bei ihnen und warf den Tieren mit den starr blickenden Augen und gefletschten Zähnen immer

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