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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nur zu ihrem Schaden wäre, denn er besitzt doch nur zweitausend Pfund und hat nichts weiter zu erwarten; und wenn er in den geistlichen Stand treten würde, woran er eventuell denkt, könnte er lediglich Hilfspfarrer werden, und wie sollten sie davon leben? Er kann den Gedanken nicht ertragen, daß es ihr nicht |295| besser ergehen sollte, und deshalb bat er, wenn sie im mindesten dazu geneigt wäre, der Sache sofort ein Ende zu machen und ihn allein zurechtkommen zu lassen. Ich habe ihn das alles klar und deutlich sagen hören. Und es wäre ganz allein nur um ihretwillen und aus Rücksicht auf sie, daß er vom Weggehen redet, und nicht seinetwegen. Und ich kann schwören, daß er nicht ein Wort darüber fallenließ, daß er sie überhat oder Miss Morton heiraten will oder so was Ähnliches. Aber natürlich wollte Lucy von solchen Reden nichts hören und erklärte ihm sofort (mit einer Menge über Herz und Liebe und das alles – ach, mein Gott, solche Sachen kann man nicht wiederholen, wissen Sie), sie erklärte ihm sofort, sie würde sich um alles in der Welt nicht von ihm trennen wollen, denn sie kann mit ihm zusammen mit sehr wenig auskommen, und wie wenig es auch sein würde, sie wäre sehr froh über alles, wissen Sie, oder so was Ähnliches. Da war er dann mächtig glücklich und sprach noch eine Weile weiter darüber, was sie nun tun sollten, und sie kamen überein, daß er sogleich in den geistlichen Stand treten sollte und sie mit der Heirat warten müßten, bis er eine Pfründe bekommen würde. Und grade dann konnte ich nichts mehr hören, denn meine Cousine rief mich von unten, um mir zu sagen, daß Mrs.   Richardson in ihrer Kutsche gekommen sei und eine von uns nach Kensington Gardens mitnehmen würde; ich mußte also reingehen in das Zimmer und sie unterbrechen, um Lucy zu fragen, ob sie gern mitfahren würde, aber sie wollte nicht von Edward weg; da bin ich also nach oben gelaufen, um mir ein Paar Seidenstrümpfe anzuziehen und bin mit den Richardsons weggefahren.«
    »Ich verstehe nicht, was Sie mit ›Unterbrechen‹ meinen«, sagte Elinor, »sie waren doch alle zusammen in dem gleichen Zimmer, nicht wahr?«
    »Aber nein, das waren wir nicht! Ach, Miss Dashwood, denken Sie denn, Leute machen sich Liebesgeständnisse, wenn jemand anders dabei ist? Oh, schämen Sie sich! Bestimmt wissen Sie das besser!« Sie lachte affektiert. »Nein, nein, die beiden waren allein im Salon, und ich habe das alles nur gehört, weil ich an der Tür gelauscht habe.«
    |296| »Wie«, rief Elinor, »Sie haben mir wiedererzählt, was Sie nur erfuhren, weil Sie an der Tür gelauscht haben? Es tut mir leid, daß ich das nicht vorher gewußt habe, denn bestimmt hätte ich dann nicht zugelassen, daß Sie mir das alles erzählen, was Sie selbst nicht hätten erfahren sollen. Wie konnten Sie ihrer Schwester gegenüber so unredlich handeln?«
    »Ach was, da ist doch nichts dabei. Ich habe nur an der Tür gestanden und gehört, was ich hören konnte. Und ich bin sicher, Lucy hätte das bei mir ganz genauso gemacht; denn vor ein oder zwei Jahren, als Martha Sharpe und ich so viele Geheimnisse miteinander hatten, hat sie nie gezögert, sich in einem Wandschrank oder hinter einem Kaminvorsetzer zu verstecken, damit sie hören konnte, was wir sagten.«
    Elinor versuchte, von etwas anderem zu sprechen, aber Miss Steele konnte nicht mehr als ein paar Minuten von dem abgehalten werden, was sie am meisten beschäftigte.
    »Edward spricht davon, bald nach Oxford zu gehen«, sagte sie, »aber jetzt logiert er in der Pall Mall, Nr   ... . Was ist seine Mutter doch für eine boshafte Frau, nicht wahr? Und Ihr Bruder und Ihre Schwägerin waren auch nicht grade freundlich! Aber zu Ihnen will ich ja nichts gegen sie sagen; immerhin haben sie uns ja in ihrer eigenen Kutsche nach Hause geschickt, und das war mehr, als ich erwartet hatte. Und ich selber hab die ganze Zeit gefürchtet, Ihre Schwägerin würde die Nadelbüchlein zurückhaben wollen, die sie uns ein paar Tage vorher geschenkt hatte; aber es hat keiner was davon gesagt, und ich habe aufgepaßt, daß meins nicht zu sehen war. Edward sagt, er hat einiges in Oxford zu tun, deshalb muß er für eine Weile dort hingehen; und danach wird er, sobald er einen Bischof ausfindig machen kann, zum Priester geweiht werden. Ich möchte wissen, was für ein Amt er bekommt!– Du lieber Himmel!« sagte sie kichernd, »ich wette, ich weiß schon, was meine Verwandten sagen werden, wenn sie das

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