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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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gefällt Ihnen Devonshire, Miss Dashwood? Ich nehme an, Sie haben es sehr bedauert, Sussex zu verlassen.«
    Einigermaßen überrascht über eine so vertrauliche Frage, oder zumindest über die Art und Weise, in der sie vorgebracht wurde, bejahte Elinor dies.
    »Norland ist ein ungemein schönes Anwesen, nicht wahr?« fügte Miss Steele hinzu.
    »Wir haben es Sir John außerordentlich bewundern hören«, sagte Lucy, die eine Entschuldigung für die plumpe Vertraulichkeit ihrer Schwester für nötig hielt.
    »Ich meine, daß jeder es bewundern muß«, sagte Elinor, »der es einmal gesehen hat, obgleich nicht anzunehmen ist, |138| daß andere seine Schönheiten ebenso schätzen können wie wir.«
    »Und hatten Sie sehr viele fesche Kavaliere dort? Ich vermute, in dieser Gegend gibt es nicht so viele; ich finde, daß sie immer eine enorme Bereicherung sind.«
    »Aber wie kommst du denn auf die Idee«, sagte Lucy, die sich für ihre Schwester zu schämen schien, »daß es in Devonshire nicht so viele vornehme junge Männer gibt wie in Sussex?«
    »Aber nein, meine Liebe, ich behaupte das ja auch gar nicht. Auf jeden Fall gibt es mächtig viele fesche Kavaliere in Exeter, aber wie kann ich denn wissen, wie viele fesche Kavaliere es in der Umgebung von Norland gibt? Ich habe nur gefürchtet, die Misses Dashwood würden es in Barton langweilig finden, wenn sie hier nicht so viele hätten wie vorher. Aber euch jungen Damen liegt vielleicht nicht viel an Kavalieren, und ihr könntet ebensogut ohne sie auskommen. Was mich betrifft, so finde ich sie ungemein erfreulich, vorausgesetzt, sie kleiden sich elegant und benehmen sich anständig. Ich kann es nicht ausstehen, wenn sie schmutzig und abstoßend aussehen. Da ist zum Beispiel dieser Mr.   Rose in Exeter, ein mächtig fescher junger Mann, ein richtiger Kavalier, Sekretär bei Mr.   Simpson, wissen Sie, und doch, wenn man ihn am Morgen trifft, dann ist er nicht anzusehen. Ich nehme an, Ihr Bruder war auch ein richtiger Kavalier, bevor er heiratete, wo er doch so reich war?«
    »Auf mein Wort«, erwiderte Elinor, »das kann ich Ihnen nicht sagen, ich verstehe nicht einmal richtig die Bedeutung dieses Wortes. Aber soviel kann ich sagen – wenn er jemals ein Kavalier war, bevor er geheiratet hat, dann ist er es immer noch, denn er hat sich nicht im geringsten geändert.«
    »Ach, du lieber Himmel, niemals würde man einen verheirateten Mann für einen Kavalier halten – die haben was anderes zu tun.«
    »Mein Gott, Anne«, rief ihre Schwester, »du redest von nichts anderem als von Kavalieren; Miss Dashwood wird glauben, du hast nichts anderes im Kopf.« Und um der Unterhaltung |139| eine andere Wendung zu geben, begann sie, das Haus und die Einrichtung zu bewundern.
    Diese Probe der Misses Steele reichte. Die vulgäre Vertraulichkeit und Torheit der älteren empfahl sie keineswegs, und da sich Elinor nicht von der Schönheit oder dem gescheiten Aussehen der jüngeren über deren Mangel an wirklicher Vornehmheit und Aufrichtigkeit hinwegtäuschen ließ, ging sie fort, ohne den Wunsch, die beiden näher kennenzulernen.
    Nicht so die Misses Steele. Sie kamen aus Exeter, gut ausgerüstet mit Bewunderung für den Gebrauch bei Sir John Middleton, seiner Familie und all seinen Verwandten, und es war kein kümmerlicher Anteil, der nun seinen hübschen Cousinen zuteil wurde, die sie für die schönsten, vornehmsten, gebildetsten und liebenswürdigsten Mädchen erklärten, die sie jemals gesehen hätten und die sie daher besonders gern näher kennenlernen würden. Und mit ihnen näher bekannt zu werden war deshalb, wie Elinor bald feststellte, ihr und Mariannes unabwendbares Los; denn da Sir John ganz auf der Seite der Misses Steele stand, waren sie zusammen zu stark, um sich ihnen zu widersetzen, und sie mußten sich einer Art von Vertrautheit fügen, die darin bestand, fast jeden Tag ein paar Stunden in demselben Raum zusammenzusitzen. Sir John konnte wirklich nicht mehr tun, und er glaubte, daß mehr auch nicht erforderlich sei; zusammenzusein war seiner Meinung nach, miteinander vertraut sein, und während seine fortgesetzten Pläne zu diesem Zweck sie ständig zusammenbrachten, hatte er keinen Zweifel daran, daß sie nun gute Freunde waren.
    Gerechterweise muß man sagen, daß er alles in seiner Macht Liegende tat, um ihre Freimütigkeit zu fördern, indem er die Misses Steele in den delikatesten Einzelheiten mit allem bekannt machte, was er über die Umstände seiner Cousinen

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