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Verstand und Gefühl

Titel: Verstand und Gefühl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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allgemeiner Aufklärung gewesen zu sein, denn gerade dieser Morgen hat es uns offenbart. Mr.   Willoughby ist unergründlich! Wo haben Sie es denn gehört?«
    »Im Schreibwarenladen in der Pall Mall, wo ich zu tun hatte. Zwei Damen warteten dort auf ihre Kutsche, und eine der beiden berichtete der anderen von der beabsichtigten Heirat, und das mit einer Stimme, die so wenig versuchte, etwas zu verbergen, daß es unmöglich für mich war, nicht alles mit anzuhören. Da der Name Willoughby, John Willoughby, häufig wiederholt wurde, erregte ihr Gespräch sogleich meine Aufmerksamkeit, und was dann folgte, war eine eindeutige Erklärung, daß hinsichtlich seiner Heirat mit Miss Grey nun alles endgültig feststehe – es sei nun kein Geheimnis mehr – sie würde sogar innerhalb weniger Wochen stattfinden, mit vielen Einzelheiten der Vorbereitung und anderer Dinge. An eine Sache erinnere ich mich besonders, da sie dazu diente, noch eindeutiger zu erkennen, daß Willoughby gemeint war – sobald die Trauung vorüber sei, würden sie nach Combe Magna, seinem Landsitz in Somersetshire, gehen. Stellen Sie sich mein Erstaunen vor! Es wäre unmöglich zu beschreiben, was ich empfand. Die gesprächige Dame war, wie ich auf meine Frage erfuhr – denn ich blieb in dem Laden, bis sie fort waren – Mrs.   Ellison, und das ist, wie man mir sagte, der Name von Miss Greys Vormund.«
    »Das ist richtig. Aber haben Sie auch gehört, daß Miss Grey fünfzigtausend Pfund besitzt? Allein darin können wir, wenn überhaupt, eine Erklärung finden.«
    »Das mag sein, aber Willoughby ist imstande – zumindest glaube ich   ...« Er hielt einen Augenblick inne; dann fügte er, als traue er seiner eigenen Stimme nicht, hinzu: »Und Ihre Schwester – wie hat sie   ...«
    »Sie leidet schrecklich. Ich kann nur hoffen, daß dies nur |217| eine verhältnismäßig kurze Zeit andauert. Es war, ja es ist ein äußerst grausames Mißgeschick. Ich glaube, noch bis gestern hatte sie nie an seiner Zuneigung gezweifelt; und selbst jetzt, vielleicht   ..., aber ich bin beinahe überzeugt, daß er sie niemals wirklich geliebt hat. Er ist außerordentlich falsch gewesen, und in einigen Dingen scheint er geradezu hartherzig zu sein.«
    »Ah, ja«, sagte Colonel Brandon, »so ist es in der Tat! Doch Ihre Schwester – ich glaube, Sie sagten es – sieht es nicht ganz so wie Sie?«
    »Sie kennen ihre Veranlagung und können sich vorstellen, wie leidenschaftlich sie ihn noch immer rechtfertigen würde, wenn sie es könnte.«
    Er sagte nichts darauf; und bald danach wurde das Thema durch das Fortbringen des Teegeschirrs und die Vorbereitungen für die Kartenspiele notgedrungen fallengelassen. Mrs.   Jennings, die die beiden mit Vergnügen beobachtet hatte, während sie sich unterhielten, und die hoffte, Colonel Brandons Stimmung würde sich bei Miss Dashwoods Mitteilung augenblicklich aufheitern, wie es einem Mann in der Blüte der Jugend, der Hoffnungen und des Glücks anstehen mochte, sah voller Verwunderung, daß er den ganzen Abend noch ernster und nachdenklicher war als gewöhnlich.

|218| Kapitel 31
    Nach einer Nacht mit mehr Schlaf, als sie erwartet hatte, erwachte Marianne am nächsten Morgen mit dem gleichen Bewußtsein ihres Elends, mit dem sie eingeschlafen war.
    Elinor ermunterte sie, soviel wie möglich über das zu sprechen, was sie empfand; und bevor das Frühstück fertig war, hatten sie alles wieder und wieder durchgesprochen, mit der gleichen beharrlichen Überzeugung und dem liebevollem Rat auf Elinors Seite und, wie zuvor, den gleichen heftigen Gefühlsausbrüchen und wechselnden Meinungen auf Mariannes. Manchmal konnte sie Willoughby für ebenso unglücklich und unschuldig halten wie sich selbst, und ein andermal konnte sie keinerlei Trost finden, da es doch unmöglich war, ihn freizusprechen. In einem Augenblick war sie vollkommen gleichgültig dagegen, daß alle Welt davon erfuhr, in einem anderen wollte sie sich für immer vor der Welt zurückziehen, und in einem dritten konnte sie ihr energisch die Stirn bieten. In einem Punkt, wann immer sie darauf zu sprechen kamen, änderte sie jedoch ihre Meinung nicht – und zwar die Gegenwart von Mrs.   Jennings, wo immer es möglich war, zu meiden, und in einem entschlossenen Schweigen zu verharren, wenn sie genötigt war, sie zu ertragen. Ihr Herz war verhärtet gegen die Möglichkeit, daß Mrs.   Jennings sich mit wirklichem Mitleid ihrer Sorgen annahm.
    »Nein, nein, nein, das kann

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