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Versteckt wie Anne Frank

Versteckt wie Anne Frank

Titel: Versteckt wie Anne Frank Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Prins , Peter Henk Steenhuis
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jüdisch aussah, konnte ich draußen herumlaufen und spielen. Das Haus lag an einem Kanal. Im Wasser lagen lauter Boote, in denen man großartig schaukeln konnte. Gleich am ersten Tag probierte ich das aus und fiel ins Wasser; kopfüber landete ich in der Entengrütze. So musste ich nach Hause gehen. Das Einzige, was ich zu meiner Gastmutter sagen konnte, war: »Ich bin untergetaucht, im wahrsten Sinne des Wortes.« Sie musste lachen und meinte nur, ich hätte eben vorsichtiger sein sollen. Sie behandelte mich wie ihr eigenes Kind. Jede Woche bekam ich von ihr 25 Cent für meine Spardose und zehn Cent für Süßigkeiten.
    Als ich ein halbes Jahr bei der Familie war, bekam ich plötzlich überall Geschwüre, eklige Flecken. Ich fühlte mich schrecklich, aber ich konnte natürlich nicht zum Arzt. Keiner verstand, woher die Geschwüre kamen. Es wurde ein wenig an mir herumgedoktert. Erst musste ich Hefe essen, die kauften sie beim Bäcker. Das half nicht. Schließlich kam die Schwester meiner Untertauchmutter – die Einzige, die wusste, dass ich Jude war – auf eine Idee: »Der Junge hat nie zuvor Schweinefleisch gegessen, vielleicht ist er allergisch dagegen.« Ich aß kein Schweinefleisch mehr, und die Geschwüre gingen weg.
    Die Familie van Engelenburg nahm mich immer mit: zu Verwandtenbesuchen, aber auch sonntags in die Kirche. Ich ging auch zu einer christlichen Schule, wo ich jede Woche einen Psalm auswendig lernen musste. In der Kirche hatte man das Psalmenbüchlein dabei. Und zwei Pfefferminz. Dort hörte ich zum ersten Mal Geschichten aus dem Neuen Testament.
    Die Familie war gewohnt, vor dem Essen zu beten: »Herr segne diese Speisen, Amen.« Ich war gewohnt, beim Beten eine Kippa zu tragen. Darum legte ich die Hände hinten auf den Kopf, damit er doch bedeckt war. Das war so drin in mir. Sie bemerkten es nicht, denn sie hielten beim Beten die Augen geschlossen. Mit Unbekannten am Tisch hätte ich mich das aber nicht getraut.
    Meine Schwestern, die ganz in der Nähe untergetaucht waren, gingen in dieselbe Schule wie ich. Ich sah sie jeden Tag auf dem Schulhof. Aber ich durfte nicht mit ihnen reden, denn niemand durfte wissen, dass sie meine Schwestern waren. Wenn sich die Gelegenheit ergab, steckte ich ihnen die Bildchen zu, die ich vom Lehrer bekam, wenn ich meinen wöchentlichen Psalm fehlerfrei aufgesagt hatte. Was sollte ich damit? Ich dachte, dass die Bildchen ihnen vielleicht gefallen würden, sie waren ein gutes Stück jünger als ich.
    Jeden Tag lief ich mit Gert zur Schule. Einmal begegneten wir meinen Schwestern auf der Straße. Wir kamen von der einen Seite, sie von der anderen. Ich freute mich sie zu sehen und konnte mich nicht beherrschen. »Das sind meine Schwestern«, sagte ich zu dem kleinen Gert. Der schaute drein, als hätte er einen Frosch verschluckt. Er hat nie vergessen, was ich da gesagt hatte, aber er hat nie darüber gesprochen. Das war das einzige Mal, dass ich mich verplappert habe.
    Wir waren oft auf der Straße. Und als Junge von zwölf zwinkerte ich meinen Schwestern dann ab und an mal zu. Dann war doch ein wenig Kontakt da. Eines Tages rief einer der Jungen: »Ha, ha, Johan van de Berg knutscht mit Lenie Visserman!« – Ich konnte natürlich unmöglich sagen, dass Lenie meine Schwester war.
    Den größten Teil des Krieges blieb ich bei der Familie van Engelenburg, bis Anfang August 1944. Es waren Ferien und wie immer waren wir auf dem Feld bei der Arbeit. Plötzlich kam Bauer Ot auf uns zu. Er schimpfte und behauptete, wir seien über sein Land gelaufen und hätten seinen Hühnerstall aufgemacht – wir hatten nichts getan. Zu anderen im Dorf sagte er: »Ich werde diesen Jungen, der da bei van Engelenburg ist, mal ganz woanders hinbringen lassen, denn das ist kein normaler Junge.« Mit anderen Worten: Das ist ein Judenjunge.
    Die Schwester meiner Gastmutter, die über mich Bescheid wusste, informierte beim Mittagessen meine Gasteltern. Um niemanden in Gefahr zu bringen, wurden sofort Maßnahmen getroffen. Nach dem Essen setzte der Onkel mich auf seinen Gepäckträger und brachte mich wieder zur Familie van Schuppen. Von dort aus suchten sie nach einem anderen Unterschlupf.
    Am selben Abend wurde ich zu einem kinderlosen Ehepaar gebracht, wo ich für vier, fünf Wochen unsichtbar war. Ich musste drinnen bleiben, verbrachte ganze Tage mit Lesen. Aber sie konnten nicht zu viele Jungenbücher aus der Bibliothek ausleihen, weil das aufgefallen wäre. Bei ihnen habe ich

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