Versteckt
– doch dieser Trab würde sich schnell in eine wirbelnde Masse aus tödlichen Zähnen und Klauen und Muskeln verwandeln.
Guter Hund. Blutiger Schaum tropfte aus seinem Mund. Braves Hündchen.
Wir mussten angreifen, bevor er es tat. Das war unsere einzige Chance.
»Auf ihn«, sagte ich mit krächzender Stimme.
Steven brauchte eine Weile, bis er antworten konnte. Er war einverstanden – und so kampfbereit, wie er angesichts der Umstände nur sein konnte.
Ich beobachtete, wie die Augen des Hundes langsam von Steven zu mir wanderten. Sobald sie zu Steven zurückkehrten, würde ich es versuchen. Direkt ins Herz. Die Augen oder die weiche, empfindliche Schnauze bildeten zwar bessere, aber auf diese Entfernung viel zu kleine Ziele. Und ich wusste, wie schnell er diese Körperteile bewegen würde.
Ich warf einen letzten Blick auf den massigen, knochigen Brustkorb, dann sah ich ihm direkt in die Augen. Ich stellte mir vor, wo ich die Zinken in seinem Körper versenken würde, und spannte die Muskeln an.
In der Höhle hallte sein Knurren so laut wie eine Kreissäge.
Die Zähne schnappten aufeinander. Aus Ungeduld. Aus Imponiergehabe.
Und weil er genau wusste, was wir vorhatten.
Dessen bin ich mir jetzt gewiss.
Er hielt meinem Blick stand. In den trüben weißen Linsen schimmerte so etwas wie ein Wiedererkennen. Ja, ich bin’s. Wir sind uns schon einmal begegnet. Du kennst mich.
Die Augen rollten überheblich.
Ich stürzte mich auf ihn. Meine Arme und Beine bewegten sich wie eine gut geölte Maschine. Kein Stolpern. Kein Zögern. Ich holte mit der Mistgabel aus und stieß mit aller Kraft und Genauigkeit zu. Dabei überraschte ich mich selbst. Ich war gut. Ich war sehr gut.
Aber nicht annähernd gut genug.
Ich legte mein gesamtes Körpergewicht in den Stoß – alle fünfundachtzig Kilo –, bereit, Knochen und Muskeln zu durchbohren. So ein Vieh war nicht einfach zu töten, und es musste beim ersten Mal klappen. Eine zweite Chance würden wir nicht bekommen. Ich gab alles. Und spürte ein ekelerregendes Kratzen, als die Zinken über sein Rückgrat schabten, dann einen kurzen Widerstand, als sie sich in das Hüftgelenk des rechten Hinterbeins bohrten, dann nur noch Luft.
Ich fiel so heftig vornüber, dass mir die Taschenlampe aus der Hand geschleudert wurde. Sie zerbrach an einer Steinsäule neben Casey und erlosch. Immerhin hatte ich noch die Mistgabel. Ich drehte mich im Fallen, prallte mit der Schulter auf den Boden, rollte weiter, bis ich wieder auf dem Rücken lag, und zog die Mistgabel nahe an mich heran, weil ich erwartete, ihn im nächsten Augenblick über mir zu sehen. Er würde als Erstes nach meinem Hals schnappen.
Aber der Hund kam nicht.
Er war bereits hinter Steven her.
Der Strahl seiner Taschenlampe zuckte hektisch über die Decke. Ich sah auf, hörte das schwere Dong des Axtgriffs und bekam gerade noch mit, wie er vom Kopf des Tieres zurückprallte, als wäre er aus Plastik.
Steven heulte auf. Der Kopf schoss auf ihn zu. Steven versuchte, ihn ein zweites Mal zu treffen, doch der Hund war so schnell, dass er sein Ziel verfehlte. Die Kiefer schlossen sich direkt oberhalb des Handgelenks um seinen Arm. Der Schrei wurde schriller, gellender und mischte sich mit dem grässlichen Knacken von Knochen, als die Kiefer zuklappten, seinen Arm durchtrennten und sich die Hand langsam, ganz langsam von seinem Körper löste wie der Ast eines Baums unter einer Kettensäge.
Ich sprang auf.
Der Lichtstrahl zuckte wild umher, während Steven mit der Taschenlampe auf den Hund einschlug. Mit seiner verletzten Hand, dachte ich idiotischerweise. Ich konnte den Blutstrom, der aus seinem anderen Handgelenk spritzte, und die lange Wunde auf dem Rücken des Tieres deutlich erkennen.
Ich rannte auf sie zu – diesmal unsicher und taumelnd – und erreichte sie in dem Augenblick, als die Taschenlampe in hohem Bogen aus Stevens verletzter Hand flog und das Tier erneut angriff. Die Lampe prallte klirrend gegen den Stein, das Licht ging aus und dann wieder an und beschien den Boden zu meiner Rechten. Meinen zweiten Stoß hatte ich im Dunkeln ausgeführt und nur harten Fels getroffen.
Als das Licht wieder aufleuchtete, hörte ich ein gurgelndes Geräusch.
Steven war mir zugewandt. Er saß mit dem Rücken zur Felswand neben dem Eingang. Die Augen waren nach oben gerollt, sodass nur noch das Weiße zu sehen war. Dann fiel sein Kopf zur Seite. Der Mund stand offen, und etwas Dunkles lief sein Kinn hinunter.
Der Hund
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