Verstohlene Blicke - Erotischer Roman
immer noch Lindas verstörtes blasses Gesicht vor sich. Der Mord hatte sie wirklich schlimm mitgenommen. Da hatten auch Katrins Versuche, durch ein paar Scherze bezüglich des Kommissars die Stimmung aufzulockern, nicht helfen können. Es war wie auf einer Beerdigung gewesen.
»Ich beneide Sie und Ihre Freundin, dass Sie jetzt Lindas Vertraute sind. Linda ist ein ganz außergewöhnlicher Mensch, ich habe sie immer sehr gemocht.«
Fast tat Evelyn Cordula leid; sie schien sehr einsam zu sein, ihre ganze Körperhaltung drückte Resignation aus. Was war ihr in den vielen Jahren geschehen, seit sie nicht mehr in Lindas Einflussbereich gestanden hatte? Ein Blick auf die Uhr signalisierte Cordula, dass es höchste Zeit war, in ihr Büro zurückzukehren. Die Schüssler wartete sicher schon ungeduldig darauf, mit ihr zusammen einen Schlachtplan gegen ihren Mann zu entwerfen.
Mit bedauerndem Tonfall verabschiedete sich Cordula von Evelyn, nicht ohne einen Schein für beide Getränke auf den Tisch zu legen. Evelyn schien es auch finanziell nicht annähernd so weit gebracht zu haben wie sie; die Klamotten, die sie trug, hatte Cordula ausnahmslos alle an Linda gesehen. Hoffentlich komme ich nie in eine solche Lage, dass ich auf Almosen von Freunden oder gar Fremden angewiesen bin!
Als sie auf die Straße trat, kündigte der Summton ihres Handys eine SMS an. Sie öffnete die Nachricht von Linda und erstarrte. Liebe Katrin, bitte erzähle Cordula nichts von dem, was ich dir gesagt habe. Sie muss nicht alles wissen.
Er lässt nicht locker. Droht mir. Erpresst mich. Will Geld, viel Geld. Von Linda. Er weiß zu viel. Warum habe ich damals, als das mit Leon passiert ist, ausgerechnet ihn um Hilfe gefragt? Andererseits, Linda hat eine kleine Bestrafung verdient, ich war ihr immer eine gute Freundin. Hab sie in allem unterstützt. Hab für sie gelogen, und ohne mich hätte sie nie ihr Abi geschafft. Hab mir immer und immer wieder ihre tränenreichen Geschichten über diesen Junkie angehört, hab sie getröstet, wenn er sie wieder mal rausgeschmissen oder beschimpft hat. Hab ihr geholfen, als aus den Beschimpfungen Schläge wurden. Ihr habe ich helfen können und mir auch. Jeder bekommt, was er verdient. Irgendwann werde ich ihr sagen, wie sehr ich ihr geholfen habe. Wie sehr sie mir zu Dankbarkeit verpflichtet ist. Und die Sache mit ihm werde ich auch klären. Kommt Zeit, kommt Rat.
Katrin
Bernd schnarchte neben ihr, und Katrin grübelte. Heute hatte sie schon die zweite SMS erhalten, die ihr Bauchschmerzen verursachte. Die erste war vor einer Woche gekommen, kurz nachdem das mit Tom passiert war. Sie musste versehentlich von Linda an sie gegangen sein, obwohl Cordula der Adressat gewesen war. Sie hatte Geheimnisse vor ihr. Dinge, über die sie mit Cordula sprach, aber nicht mit ihr. Womit hatte sie das verdient? War sie nicht immer loyal Linda gegenüber gewesen? Intrigierte Cordula hinter ihrem Rücken?
Am Vorabend, als Linda überraschend verkündet hatte, sie wolle ihre Wunschmonate weiterführen und auch mit ihnen das geplante Wellnesswochenende antreten, war ihr trotz genauester Beobachtung nichts am Verhalten der beiden aufgefallen, was zu Sorge Anlass gab. Konnten sie sich so gut verstellen? War sie einfach naiv und gutgläubig und interpretierte alles falsch?
Als Evelyn kurz ins Zimmer gekommen war und alle begrüßt hatte, war da nicht eine rätselhafte Vertrautheit zwischen Cordula und Evelyn gewesen oder hatte sie sich das nur eingebildet? Sollte sie vielleicht durch die alte Jugendfreundin abgelöst werden? War sie zu langweilig mit ihren Eheproblemen und Erzählungen über die Pubertätssorgen ihrer Kinder? Immerhin konnten die anderen da ja nicht mitreden. Vermutlich interessierte es sie auch keinen Deut, und nur die Höflichkeit hatte sie so etwas wie Interesse äußern lassen. Sie würde in Zukunft jegliche Themen ihre Familie betreffend außen vor lassen.
Eigentlich hatte sie ja den beiden von ihrer Beobachtung bezüglich Evelyn erzählen wollen. Die Begebenheit war ihr in dem Moment erst wieder eingefallen, als Evelyn das Zimmer betreten hatte. Doch dann hatte sie sich entschlossen, zu schweigen. Was wusste sie denn über das Verhältnis der drei? Womöglich hatten sich schon längst andere Allianzen gebildet! Du leidest unter Paranoia! Mach dich nicht verrückt!
Schlaflos warf sie sich von einer Seite des Bettes auf die andere. Bernd war auch wieder zu seinem normalen Verhalten zurückgekehrt. Vorbei die
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