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Verstoßen: Thriller (German Edition)

Verstoßen: Thriller (German Edition)

Titel: Verstoßen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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anderer konnte nie dasselbe empfinden, so aufmerksam er auch zuhören und so sehr er sich auch bemühen mochte, sich hineinzuversetzen. Er konnte nie ganz nachempfinden,
was man selbst erlebt hatte. Er konnte zuhören. Aber nicht teilhaben.
    So wie jetzt hatte er Susan nie zuvor gesehen. Sie hatte keine Angstträume mehr und machte sogar Scherze. Zog Grimassen, strahlte und strotzte vor Energie. War entspannt, locker.
    Es war eine Susan zum Leben erwacht, die er nicht gekannt hatte.
    Sie war glücklich.
    Vorgestern hatte sie einen Flug nach Illinois gebucht, weil Jeanny dabei sein wollte, wenn Sabines Baby zur Welt kam.
    Die Flugtickets lagen im Sekretär.
    Drei Stück hatte Susan gekauft, und ohne die Miene zu verziehen, hatte er auf dem einen die Nummer seines eigenen Reisepasses gelesen. Er wusste, dass er nicht mitkommen würde. Er hatte nur noch nicht genug Mut gefasst, es ihr zu sagen.
    Susan ordnete einen Stapel mit Zeitungsausschnitten und schaute kurz in seine Richtung. Ihre Augen wanderten von seinem Gesicht zu seinen Händen. Er hielt immer noch die Schnürsenkel seiner Laufschuhe in der Hand. Kurz sah er den Glanz aus ihren Augen weichen.
    Ein Schatten zog über ihr Gesicht, dann war der Augenblick wieder verflogen. »Gehst du joggen ?«, fragte sie.
    »Ja, kurz.«
    Er zog die Tür hinter sich zu und schlenderte in Richtung Park.
    So würde es bleiben, wurde ihm bewusst. Jedes Mal, wenn er alleine wegginge, würde sie wissen wollen, wohin. Sich im Stillen fragen, ob er die Wahrheit sagte. Ob er zurückkommen würde. Das würde sich nicht mehr ändern.
    Allmählich beschleunigte er seine Schritte, fiel in einen lustlosen, gemächlichen Trab. Die Sonne schien. Ein englischer Reisebus ließ gerade seinen Inhalt auf die Altstadt los: Fröhliche Briten mit Rucksäcken strömten in alle Himmelsrichtungen davon.
Maier ging im Schatten der Bäume auf dem Parkplatz vom Parade-Theater weiter, von wo aus man einen Blick auf die gotische Kathedrale mit ihrem potthässlichen Backsteinturm hatte. Vorbei am Theater und einem Restaurant mit einer weißen, über die Gracht hinausragenden Holzterrasse. Kam an dem mit Patina überzogenen Bronze-Denkmal für den Widerstand vorbei, das Gefangene aus dem Zweiten Weltkrieg darstellte: an den Handgelenken aneinandergekettet, mit grimmigen Gesichtern.
    Es war nur ein kleiner Teil der Stadt, die zehn Monate lang sein Zuhause gewesen war.
    Während er die Altstadt hinter sich ließ und am Stadtwall schneller zu laufen begann, dachte er noch einmal an die letzten zwei Wochen zurück.
    Es war viel passiert.
     
    Letzte Woche war Jeanny mit Susan zu Walter Elias gefahren. Als sie dieses Vorhaben beim Essen angekündigt hatte, hatte er sich beinahe verschluckt und sich dann irgendeine Ausrede überlegt, um nicht mitzumüssen.
    »Ich finde es immer noch komisch«, hatte Jeanny gesagt, »dass Walter mich nicht angerufen hat, um mir Susans Besuch anzukündigen. Das passt nicht zu ihm. Und ich frage mich auch, wie das mit Roger war. Walter wusste doch, wie es zwischen Roger Wendel und mir stand. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ihm einfach so meine Adresse gegeben hat. Aber bevor ich irgendwelche falschen Schlüsse ziehe, möchte ich das lieber von ihm selbst hören.«
    »Du willst ihn anrufen?«, hatte Susan gefragt.
    »Nein«, hatte sie geantwortet. »Ich möchte ihm dabei in die Augen sehen können. Ich fahre hin.«
    Keine zwei Stunden später waren sie wieder nach Hause gekommen, völlig außer Fassung: Der Mann, der Jeannys große Stütze gewesen war, hatte vor einer Woche Selbstmord begangen.
Die Spekulationen über seinen plötzlichen Tod und die Verbindung mit Roger und Walter, ja sogar mit dem Tod Svens, zogen sich tagelang hin.
    »Dass dieser Walter Elias mit Valerie verheiratet war«, hatte Susan ihm eines Nachts im Bett zugeflüstert, »ist das nicht ein sonderbarer Zufall? Das gibt einem doch zu denken, oder? Dieser Selbstmord, Roger, mein Vater … liegt das an mir, bilde ich mir was ein? Da muss es doch einen Zusammenhang geben.«
    Er hatte irgendetwas gemurmelt, unbestimmt geantwortet.
    Susan hatte schon genug zu verarbeiten gehabt. Mittlerweile schlief sie zumindest wieder gut, das war ja schon mal anders gewesen. Und was Jeanny anging, ihr wollte er das Bild von ihrem alten Freund nicht kaputt machen. Die Freundschaft mit Walter Elias zählte zu den wenigen guten Erinnerungen, aus denen Jeanny noch Kraft schöpfte, und sie reichte zurück in eine Zeit, in der sie

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