Verstoßen: Thriller (German Edition)
tun, in die Walter verwickelt ist oder verwickelt war. Sie benutzen ihn als Druckmittel. Ich …«
»Walter?«
»Der Neue von Valerie. Dieser alte Sack, der für sie eine Art wandelndes Statussymbol ist. Valerie meint, sie wollten Thomas benutzen, um in irgendeiner Sache Druck auf ihn auszuüben oder so. Und ich darf niemandem was sagen, verdammt. Ich muss die Schnauze halten. Eigentlich sollte ich auch dir das
alles nicht erzählen, aber ich kann kein Auge mehr zutun. Ich war noch nie im Leben derart am Ende. Thomas ist mein Ein und Alles … verdammte Scheiße!« Frustriert schlug Sven mit der Faust auf die Kiefernholzplatte. Die Bierflaschen vibrierten. Dann senkte er das Kinn auf die Brust und fing wie ein Kind zu flennen an. »Die Polizei weiß von nichts. Darf auch nichts erfahren.«
Das überraschte Maier nicht sonderlich. Die Entführer hatten für den gegenteiligen Fall wahrscheinlich mit den schrecklichsten Szenarien gedroht, die man sich ausmalen konnte. Maier hatte zwar selbst keine Kinder, aber was es bedeutete, jemanden zu lieben, wusste er durchaus. Den Rest konnte er sich denken. Dass er Mitleid mit Sven hatte, war noch zu wenig gesagt.
Plötzlich sprang Sven auf, ballte die Hände zu Fäusten, presste sie sich an die Schläfen und fing an, durch den Raum zu tigern. »Ich werde wahnsinnig, komplett wahnsinnig. Sie haben Thomas! Sie haben meinen Sohn in ihrer Gewalt, verdammt noch mal!« Die geballten Fäuste an die Stirn gedrückt, sah er Maier verzweifelt an. »Und ich kann nichts tun, rein gar nichts!« Er schluchzte. »Nur dasitzen wie ein Häuflein Elend und drauf hoffen, dass sie ihn vielleicht irgendwann zurückbringen. «
Schweigend sah Maier ihn an. Einen erwachsenen Mann zu entführen, galt in kriminellen Kreisen als grenzwertig. Eine Frau zu entführen, überschritt die Grenze bereits gehörig. Aber ein Kind zu entführen, das war einfach krank. Feige. Daneben.
Ein Druckmittel .
Dann war der Junge vielleicht noch am Leben.
»Was wollen sie genau?«, fragte er so ruhig wie möglich.
Sven zuckte mit den Schultern. »Walter, dieses Arschloch,
will nicht damit rausrücken. Er weiß es nicht, behauptet er. Tappt angeblich genauso im Dunkeln wie Valerie. Ich glaube
ihm kein Wort. Und Valerie denkt auch, dass er was vor ihr verbirgt.«
»Es gibt Mittel und Wege, Leute zum Reden zu bringen.«
Sven riss den Blick erschrocken von der Tischplatte los. »Meinst du, darauf wäre ich selbst noch nicht gekommen? Heute Nacht bin ich fast die Wände hochgelaufen. Ich war drauf und dran, mich ins Auto zu setzen, hinzufahren, sämtliche Fensterscheiben kaputtzuschießen und ihn aus dem Bett zu zerren, den selbstgefälligen alten Sack. Ich schwör’s dir. Thomas wohlbehalten nach Hause zu bringen, dafür hätte ich zehn Jahre Gefängnis locker übrig. Ach was, mein Leben würde ich dafür hergeben, mein Leben!«
Maier betrachtete Sven schweigend. Sven war schon seit Jahren ein fanatischer Sportschütze. Der örtliche Schützenverein war etwas wie sein zweites Zuhause. In seinem Waffentresor hatte er eine stattliche Ausrüstung, und sein Prunkstück war eine Beretta 92 FS. Mit der konnte er zweifellos ziemlichen Schaden anrichten.
Dieser Walter täte gut daran, sich ein bisschen vorzusehen.
»Ich habe drei Schusswaffen zu Hause, und ich fürchte verdammt ernsthaft, dass ich sie benutzen könnte«, fuhr Sven nun etwas gelassener fort. »Deshalb bin ich lieber zu Hause geblieben. «
»Dieser Walter ist doch Strafrichter, oder? Sind das nicht Leute, die sich mit Mord und anderen schweren Delikten befassen? « Maiers Kenntnis von Gerichten, Richtern und allem, was damit zusammenhing, reichte nicht viel weiter als bis zum Amtsgericht. Strafzettel wegen Falschparkens oder Scherereien mit Mietverträgen, die auf den Namen seiner früheren Softwarefirma liefen – mit derlei Trivialitäten hatte er selbst bisweilen zu tun. Was er über Strafrecht wusste, stammte hingegen aus Zeitungsartikeln und Büchern. Nicht aus Erfahrung.
Was bei seinem Lebenslauf eigentlich erstaunlich war.
Und sich möglichst nicht ändern sollte.
»Ja«, antwortete Sven, »das stimmt.«
Maiers Augen blitzten. »Hat er vielleicht dafür gesorgt, dass die gesamte Führungsriege der europäischen Mafia-Organisationen in Untersuchungshaft kommt? Ein Kind zu entführen, das geht einfach viel zu weit. Ich kann es mir beinahe nicht vorstellen. Es ist nicht mal Walters eigenes Kind.«
Sven zuckte mit den Schultern. »Vielleicht
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