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Verstoßen: Thriller (German Edition)

Verstoßen: Thriller (German Edition)

Titel: Verstoßen: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Esther Verhoef , Berry Escober
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mit geröteten Wangen und einer vollen Papiertüte vom China-Imbiss.
    »Wie geht’s deinem Vater?«
    Sie ging durch in die Küche, holte Teller aus dem Schrank und fischte Besteck aus der Schublade. »Nicht gut. Ich glaube kaum, dass er noch mal nach Hause kann.«
    Sie stellte die Teller auf den Tisch und fing an, das Essen auszupacken. »Ehrlich gesagt: Ich glaube, er wird sterben.«
    »Das tun wir alle irgendwann.«
    »Aber er ein bisschen früher als wir. Er liegt im Sterben, Sil.«
    »Und was sagen die im Krankenhaus?«
    »Dass sie nicht so schnell das Handtuch werfen. Aber ich kann schließlich eins und eins zusammenzählen. Das ist einfach der Anfang vom Ende. Er hatte innerhalb weniger Tage mehrere Herzanfälle. Du hast ihn nicht gesehen. Wie er da im Bett liegt, ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Mein Vater ist ein alter, kranker, bemitleidenswerter Mann in einem Krankenhausbett.« Sie schüttelte den Kopf, und ihr Blick wurde glasig. »Es ist einfach nicht zu fassen. Ich glaube, ich habe ihm, wenn auch vielleicht unbewusst, immer die Schuld am Verschwinden meiner Mutter gegeben. Seiner Schroffheit, diesem beharrlichen Schweigen. Und seinen Wutanfällen.« Sie sah Maier unvermittelt ins Gesicht. »Warum wirft es mich dann so aus der Bahn, dass er im Sterben liegt? Warum? Ich begreife es nicht. Jahrelang habe ich ihn nicht sehen wollen, ganz bewusst. Gehasst habe ich ihn. Wollte nicht seine Tochter sein. Und jetzt stirbt er … und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.«
    Das chinesische Essen stand unangerührt auf dem Tisch. Maier sagte kein Wort, hörte lediglich zu. Ihm war klar, dass sie keine Antwort erwartete, auch keinen Ratschlag. Sie wollte einfach laut denken. Gedanken aussprechen, um eine Struktur hineinzubringen. Die Worte fließen lassen und aus diesem Brei von Sätzen einen Kern zu fassen versuchen.
    Er meinte zu wissen, worin dieser Kern bestand. Jahrelang
war sie damit beschäftigt gewesen, vor ihrer Jugend davonzulaufen. Sogar buchstäblich: Mit ihrer Kamera hatte sie die halbe Welt durchstreift. War selten zu Hause gewesen. Vielleicht hatte sie sich instinktiv einen Beruf ausgesucht, bei dem sie dauernd unterwegs war. Aber ob nun bewusst oder unbewusst – es hatte bestimmt damit zu tun, dass sie jeglicher Konfrontation mit ihrem Zuhause aus dem Weg gehen wollte.
    Jetzt, da ihr Vater im Sterben lag, kam sie nicht mehr drumherum. War gezwungen, den Dämonenwald, dem sie vor Jahren entflohen war, erneut zu betreten.
    Und hatte eine Heidenangst davor.
    Susan brauchte keine Ratschläge, keine Antworten oder Lösungen. Sie brauchte eine Umarmung. Jemanden, der ihre Hand hielt und ihr sagte, dass alles gut würde.
    Dieser Jemand sollte er sein.
    »Ich habe mir alle Mühe gegeben, ihn zu lieben«, fuhr sie fort. »Wirklich. Es ist mir schlichtweg nicht gelungen. Nicht einmal jetzt, da er im Sterben liegt, kann ich auch nur ein Fünkchen Liebe für den Mann aufbringen. Bin ich denn so kalt? Eine oberflächliche, egoistische Tussi?«
    »Unsinn«, antwortete er. »Du hast dich verschlossen vor ihm, in Reaktion auf seine Schroffheit und auf das, was du zu Hause mitgemacht hast. Aus Selbstschutz. Ein Abwehrmechanismus. Du kannst nichts dafür.«
    Kurz sah sie aus, als würde sie zu weinen anfangen, doch sie hielt sich zurück und beruhigte sich wieder. Beim Essen sagte er wenig. Ließ Susan das Wort, die über ihren Vater sprach und sich vornahm, es am Abend noch einmal telefonisch bei ihrer Schwester zu versuchen. Sich fragte, ob sie sich wohl um das Begräbnis beziehungsweise die Einäscherung würde kümmern müssen, oder ob er dafür eine Versicherung hatte, und was aus dem Haus würde. Und sie erschrak, weil sie jetzt schon darüber nachdachte, obwohl noch kein Toter zu betrauern war.
    Es ergab sich einfach kein guter Moment, um es ihr zu erzählen.
     
    Gegen elf, Susan hatte sich auf der Couch an ihn gekuschelt und war eingeschlafen, klingelte es an der Tür. Vorsichtig befreite Maier sich von ihr, ging in den Flur und öffnete. Im Halbdunkel stand Sven. Er sah zerzaust aus.
    »Ich habe eine Adresse«, sagte Sven. »Frankreich, Paris.«
    »Woher hast du die?«
    »Valerie hat gehört, wie Walter mit jemandem über eine Firma geredet hat, die …«
    »Wie heißt die Firma?«
    »Weiß ich nicht. Hör zu, Walter ist an einem schwierigen Fall dran, der wahrscheinlich mit Drogen zu tun hat und wohl eine ziemlich große Sache ist. Soweit Valerie es verstanden hat, sitzen deshalb eine

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