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Verstrickung des Herzens

Titel: Verstrickung des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Graham
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schwanden. Und manchmal, wenn er nachts den Mond betrachtete und die Wölfe heulen hörte, befiel ihn die schicksalhafte Ahnung, seine Zeit wäre begrenzt.
    Seltsam, wie oft er neuerdings an die Vergangenheit dachte ... Osceola, der Sohn eines Engländers, hatte als Creek in der Upper Creek-Stadt Tallahassee das Licht der Welt erblickt und den Namen Billy Powell erhalten.
    Doch die Weißen zweifelten an seiner Herkunft. War Powell tatsächlich sein Vater oder nur mit seiner Mutter verheiratet gewesen? Egal. Während der Creek-Kriege war Powell nämlich nach Alabama zurückgekehrt und Osceola mit dem Clan der Mutter nach Florida gezogen. Dort hatten ihn die männlichen Verwandten zum Krieger ausgebildet. Dann nahm er an seinem ersten Seminolenkrieg teil. Aber auch friedliche Zeiten hatte er erlebt, an die er sich gut erinnerte.
    Im Morgensonnenschein war er durchs Dorf gewandert und hatte dem flüsternden Wind gelauscht. Er ging mit Pfeil und Bogen zur Jagd saß oft bei den Gästen aus der Stadt, die der mico empfing, und hörte den Männern zu, wenn sie Kriegsrat hielten. Bevor neue Kämpfe mit den Weißen oder feindlichen Creeks begannen, rief der holibonaya, der Kriegssprecher, die Truppen zusammen. Die Krieger sehnten die Schlacht herbei, die jungen Burschen erfüllten triviale Aufgaben — Brennholz, Wurzeln und Beeren sammeln oder Schweine hüten. Ehe sie den Status der Krieger erreichten, mußten sie auf der Jagd oder in kleineren Scharmützeln ihren Mut beweisen.
    Jeden Mai fand eine große Versammlung aller Clans statt und dann wieder im Sommer, beim Tanz des Grünen Maises. Dabei wurden viele Angelegenheiten geregelt, Ehen geschlossen, Ansprüche geklärt, und die jungen Leute verliebten sich.
    Manchmal war das Leben hart und beschwerlich gewesen, manchmal angenehm. Doch es hatte stets einer bestimmten Ordnung gehorcht. Jetzt schien sich alles im
    Chaos aufzulösen, unvorhersehbare Ereignisse bestimmten den Alltag.
    Er hatte mit Wildcat und den anderen gesprochen, und alle erkannten den Ernst der Lage. Würden sie noch ein weiteres Kriegsjahr überstehen? Osceola wußte es nicht. Er war bereit, wieder mit dem Militär zu verhandeln, unter einer der weißen Flaggen, die Jesup den Indianern geschenkt hatte.
    Auch der General, des endlosen Krieges müde, strebte den Frieden an. Wenn es sich nicht vermeiden ließ, würde Osceola weiterkämpfen. Aber vorher wollte er reden.
    Plötzlich hörte er leise Schritte im weichen Erdreich und drehte sich um. Otter trat ans Feuer, das Gesicht so reglos wie aus Stein gemeißelt. In den schwarzen Augen lag ein kalter Glanz. »Ich bin gekommen, um Osceola mitzuteilen, daß meine Männer und ich im Morgengrauen zu unserem Dorf reiten werden.«
    »Gewiß. Unsere Stärke liegt in der Fähigkeit, zu kämpfen und uns dann zurückzuziehen, in die Tiefe des Laubwalds und der Sümpfe, wo uns die Soldaten nicht finden.«
    »O nein!« Wütend schlug sich Otter auf die nackte Brust. »Ich ziehe mich nicht zurück.« Wie alle Seminolenkrieger, die einen Kampf ausfechten würden, trug er nur einen Lendenschurz. Sie wußten aus Erfahrung, daß Schußwunden zu eitern begannen, wenn die Kugeln die Fasern der Kleidung ins Fleisch preßten. Auf seiner dunklen Haut und im geflochtenen rabenschwarzen Haar schimmerte Bärenfett. Er war bereit für die nächste Schlacht, und es gab keinen kühneren Häuptling. Kein anderer empfand so heißen Zorn, so wilde Rachsucht. Bei einem Überfall auf sein Dorf waren seine Frau, sein kleiner Sohn und seine Töchter verbrannt. Er selbst fürchtete den Tod nicht. Eher das Leben, dachte Osceola.
    »Keiner von uns hat den Kampf aufgegeben.«
    Angewidert knirschte Otter mit den Zähnen. »Osceola sieht nur, was er sehen will. Aber ich kenne einige, die nur zu gern kapitulieren würden.«
    »Viele sind müde.«
    »Hast du so lange gekämpft und getötet, um letzten Endes klein beizugeben?«
    »Auch ich bin müde.«
    »Du!«
    »Nicht müde genug, um den Kampf aufzugeben«, betonte Osceola. »Jetzt wissen die Soldaten nicht, wo wir sind. Ich jage, fertige neue Waffen an und sammle Kräfte. Und ich warte den nächsten Schritt des weißen Mannes ab.«
    Otter schüttelte den Kopf. »Natürlich werde ich wieder an deiner Seite kämpfen, Osceola. Doch ich bin der Kriegerhäuptling meines eigenen Clans, und ich ziehe in meine eigenen Schlachten.«
    »So muß es auch sein«, stimmte Osceola zu. Er bemitleidete Otter. Aber dessen Ungestüm mißfiel ihm. Disziplin zählte zu

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