Verstrickung des Herzens
Freiheit streben.«
»Sogar die Seminolen halten sich Sklaven.«
»Das stimmt. Aber die meisten Schwarzen, die hierher geflohen sind, führen jetzt ein freies Leben und unterstützen die Indianer auf den Schlachtfeldern ...«
»... und bilden ihre eigenen Banden«, ergänzte Katy. »Oder sie fliehen vor den grausamen Rothäuten. Viele sind in die Forts gekommen, um Schutz zu suchen.«
»Weil sie sonst verhungern würden, so wie die Seminolen.«
»Natürlich, alle leiden unter den ständigen Kämpfen — die Schwarzen, die Roten und die Weißen«, seufzte Katy, setzte sich zu Teela aufs Bett und schenkte den Tee ein. »Und du bist gewiß nicht die einzige, die Mitleid mit den Indianern hat. Einige Soldaten haben sich sogar mit gewissen Kriegern angefreundet. Aber du solltest nicht vergessen, auf welcher Seite du stehst.«
»Nicht auf der Seite von Männern, die Unschuldige ermorden.«
»Gegen die habe ich auch was — vor allem, wenn sie mich umbringen wollen.«
Verwirrt hob Teela die Brauen. »Was meinst du?«
Sie dachte zunächst, Katy würde nur über ihre Locken streichen. Doch dann zog die junge Frau eine Perücke von ihrem Kopf, und Teela hielt entsetzt den Atem an.
»O Gott, Katy, es tut mir so leid — wie konnte ich ahnen ...«
»Schon gut«, erwiderte Katy und setzte die Perücke wieder auf. »Ich dachte, ich würde sterben. Und ich hab's nur mit knapper Not überlebt. Kurz nach dem Dade-Massaker besuchte ich Freunde auf einer schönen Plantage, südwestlich von St. Augustine. Ein paar Mikasukis fielen über uns her. Erst töteten sie meine Gastgeber, dann schossen sie auf mich. Doch die Kugel prallte von meinem Medaillon ab. Sie dachten, ich würde sterben. Niemals werde ich das Gesicht des Mannes vergessen, der mir den Skalp abschnitt. Seine Augen waren kalt wie Eis und pechschwarz. Was vielleicht am traurigsten ist — mein Freund Herb, ein gebildeter Jude, war jahrelang von sogenannten >zivilisierten< Leuten verfolgt worden. Er zog mit seiner Frau Jean nach Florida, um ein neues Leben zu beginnen. Nachdem wir den Indianern soviel weggenommen hatten, fand er, wir wären ihnen was schuldig und müßten sie fortan in Ruhe lassen. Aber als sie die Plantage angriffen, fragten sie nicht nach Herbs Gesinnung.«
»O Katy«, flüsterte Teela erschüttert.
»Nun, ich bin am Leben geblieben, und nur das zählt. Aber was ich durchgemacht habe, wünsche ich niemandem, keinem Weißen, keinem Roten und keinem Schwarzen. Und seither weiß ich auch, auf welcher Seite ich stehe.«
Teela stellte ihre Tasse aufs Tablett, weil ihre Hände zitterten, und sie fürchtete, den Tee zu verschütten.
»Vielleicht verstehst du die Soldaten jetzt etwas besser«, meinte Katy hoffnungsvoll. »Sogar deinen Vater.«
»Meinen Stiefvater ... Ja, ich beginne einiges zu verstehen, den Krieg und die Angst und die Entschlossenheit der Soldaten. Aber Michael Warren? Niemals!«
Milde lächelnd stand Katy auf. »Du bist eine Idealistin, und wenn du schon keine perfekte Welt haben kannst, wünschst du dir wenigstens eine gute.«
»Träumen wir nicht alle davon?«
»Vermutlich schon. Aber nicht jeder will das Gute in anderen Menschen sehen. Freut mich, daß du dazu bereit bist. Das finde ich erfrischend und sehr tapfer. Du sprichst immer aus, was du denkst, würdevoll und unerschrocken.«
»O Katy, du bist viel mutiger. Und ich verhalte mich nicht immer würdevoll. Oft genug stoße ich Männer vor den Kopf, die lange und hart gekämpft haben. Aber wenn ich sehe, was sie den Kindern antun, kann ich nicht anders. Und jetzt, nachdem du mir deine tragische Geschichte erzählt hast, weiß ich nicht, was ich an deiner Stelle empfinden würde. Jedenfalls glaube ich, daß es sehr viele Indianer gibt, die einfach nur in Frieden leben wollen. Auf jedes Monstrum, das Michael Warren herangezüchtet hat, kommen ein paar Dutzend guter, anständiger Soldaten. Die meisten versuchen, ihre Befehle zu befolgen — und gleichzeitig Frauen und Kinder zu schützen.«
»Sicher ist es sehr schwer, beiden Seiten gerecht zu werden.«
»Verdammt schwer«, bestätigte Teela und lächelte wehmütig. »Wo wird das alles enden?«
»Das weiß ich nicht.«
»Nachdem du fast getötet wurdest — warum bleibst du hier im Fort und lieferst dich all den Gefahren aus?«
»Weil ich meinen Mann liebe. Und weil er mein Leben ist. Außerdem hat er mir versichert, das Risiko sei gering. Bei jedem Scharmützel fallen mehr Indianer als Weiße. Wahrscheinlich sind nur
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