Versuchung des Blutes - Cole, K: Versuchung des Blutes
erstreckte. Der Fluss am Fuße der Schlucht lag in solch großer Tiefe, dass er nur noch wie ein dünnes Fädchen aussah. „Und es war keine Komödie!“ Sie zog sich auf der Stelle ein paar Schritte zurück, prallte prompt gegen Bowe und erstarrte. Noch bevor sie sich wieder von ihm entfernen konnte, hatte er den einen Arm um ihre Schultern und den anderen um ihre Taille geschlungen.
Er wusste, dass er sie vorhin erschreckt hatte; er hatte es gleich gewusst, schon als es passierte. Aber er war so voller Eifersucht gewesen, wie er es noch nie erlebt hatte. Außerdem hatte es ihn verwirrt, dass ihr Geständnis, sie liebe einen anderen, sich anfühlte, als ob ihm jemand einen Tritt in die Eier versetzt hätte.
Bowe brauchte Mariketas Liebe nicht, sagte er sich immer wieder, solange er nur sie hatte.
Warum war er dann bloß so eifersüchtig auf diesen gesichtslosen Dämo n – den todgeweihten Dämon, der wusste, wie es war, von Mariketa geliebt zu werden?
Als sie sich jetzt so an ihn presste, als suche sie bei ihm Halt, drückte er rasch das Gesicht in ihr weiches Haar, um sie aufzumuntern. „Mariketa, du zitterst ja.“
„Ich habe diese scheiß Höhenangst.“
„Das hat Rydstrom mir erzählt. Woher kommt diese Angst? Hast du eine schlechte Erfahrung gemacht?“
„Ja, Erfahrungen habe ich mit null Metern über Meereshöhe. Was bedeutet, dass ich mich nur selten darüber befinde.“
„Na gut.“ Bowe fragte Rydstrom: „Können wir nicht einen anderen Weg hinüber finden?“
Cade war gerade von seiner Erkundungstour zurückgekommen. „Nur wenn wir zwei weitere Tage zur Verfügung hätten.“
Zwei Tag e – das wäre zu spät für ihn und Mariketa. Er warf Rydstrom einen Blick zu.
„Die Brücke ist stabil“, versicherte Rydstrom ihr. „Diese Armeen sind sogar mit Lkws darübergefahren. Und das ist der Weg, den wir einschlagen müssen.“
„Na gut“, sagte Tera, „und wer übernimmt jetzt die obligatorische Sache mit dem Stein?“
„Was für eine Sache?“, fragte Bowe.
„Du weißt schon“, sagte Mariketa, „einer von uns lässt einen Stein fallen, und wir sehen alle schweigend zu, während wir über den tiefen Sturzflug in unseren Tod nachgrübeln?“
Ach, die Sache. „Mariketa, es wird niemand fallen. Diese Brücke ist absolut sicher. Es gibt sogar Seile zum Festhalten an den Seiten. Und wir werden das jetzt durchziehen.“ Sie stieß ein ersticktes Wimmern aus bei seinen Worten. Da er wusste, wie wichtig es ihr war, vor den anderen stark zu erscheine n – was in der Mythenwelt auch durchaus angebracht wa r – , zog Bowe sie zur Seite. „Wie wäre es damit: Ich laufe zuerst allein über die Brücke, um dir zu beweisen, dass es sicher ist, und dann komme ich zurück und trage dich hinüber?“
Sie schüttelte nachdrücklich den Kopf. „S-sie könnte unter jedem deiner Schritte immer schwächer werden.“
Er legte ihr seine Finger unters Kinn. „Mädchen, ich werde nicht zulassen, dass dir irgendein Leid geschieht. Niemals.“
„Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl dabei.“
„Aye, du hast ja auch Höhenangst, da ist es wohl kaum denkbar, dass du dabei ein gutes Gefühl haben könntest. Ich bin gleich wieder zurück.“
„Nein, warte!“, flüsterte sie und packte ihn bei der Hand. „Geh nicht.“
Er winkte den anderen auffordernd zu. „Wir kommen gleich nach.“
„Alles klar bei dir, Mari?“, fragte Tera.
Sie warf ihr ein gequältes Lächeln zu. „Könnte gar nicht besser sein.“
„Lass mich dich hinübertragen“, wiederholte er, sobald sie unter sich waren. „Dann kannst du deine Augen schließen.“
„A-aber wir beide, zusammen? Du wiegst doch bestimmt schon zweihundertfünfzig Pfund.“
„Sieh dir nur die anderen an“, sagte er. Tierney lief über das Seil, das als Geländer dient e – und verspottete sie.
Sie kniff die Augen zusammen. „Sag mal, er hat mich doch wohl gerade nicht feige Nuss genannt?“
„Und ob.“
Sie atmete tief aus, als ob sie sich geschlagen gäbe. „Gruppenzwang war immer schon meine Schwäche.“ Dann blickte sie zu Bowe empor und fragte: „Wenn ich jetzt allein über die Brücke gehe, gehst du dann gleich hinter mir?“
Immer . „Ich werde direkt hinter dir sein.“
„Aber so richtig dicht“, sagte sie, um im selben Atemzug hinzuzufügen: „Aber stell dich ja nicht auf dasselbe Brett wie ich.“
„Aye, hab verstanden. So, und jetzt nicht nach unten sehen. Schau einfach immer nur auf Rydstroms Rücken. Siehst du, er
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