Versuchung Pur
spritzte Penicillin. Drei Nächte verbrachte Eden in den Ställen, kümmerte sich um das Tier und betete, dass das Pferd wieder gesund werden würde.
Irgendwann schließlich fraß Courage wieder mit Appetit, die Pfützen auf dem Gelände trockneten aus und der Herd funktionierte, wie er sollte. Eden sagte sich, dass das Schlimmste vorbei sei und sich jetzt wieder die normale Routine einstellen konnte.
Seltsamerweise jedoch weckte die zurückgekehrte Ruhe eine Rastlosigkeit in Eden, die sie während der hektischen Krisenzeit hatte ignorieren können. In der Abenddämmerung ging sie wie immer mit einer Tüte halber Äpfel zu den Ställen. Es war ganz natürlich, dass sie Courage ein wenig mehr Aufmerksamkeit zukommen ließ als den anderen Pferden. Außerdem hatte er sich während seiner Krankheit sehr schnell an die besondere Pflege gewöhnt. Eden steckte ihm nicht nur die Apfelhälfte, sondern auch noch eine Möhre zu.
Dennoch … Während Eden von Box zu Box ging, musste sie feststellen, dass die eingespielte Routine sie nicht ausfüllte. Die Notfälle in den letzten beiden Wochen hatten sie zu beschäftigt gehalten, um überhaupt Luft zu holen, geschweige denn, nachzudenken. Jetzt, da wieder Ruhe einkehrte, ließ sich das Nachdenken jedoch nicht vermeiden.
An den Abend mit Chase erinnerte sie sich so deutlich, als wäre es gestern gewesen. Jedes Wort, das gesagt worden war, jede Berührung, jede Geste, jeder Blick hatten sich in ihre Erinnerung eingebrannt. Das stürmische, schwindelerregende Gefühl, sich kopfüber verliebt zu haben, war noch genauso intensiv. Und auch genauso beängstigend.
Sie hatte weder damit gerechnet, noch war sie darauf vorbereitet gewesen. Ihr ganzes Leben war immer sehr genau geplant gewesen – eine Folge von Vorbereitungen und daraus resultierenden Ereignissen. Auch ihre Verlobung war ein durchdachter Schritt auf einem ebenen, vorgezeichneten Pfad gewesen. Seither hatte sie gelernt, mit den Biegungen und Wendungen umzugehen. Doch Chase war wie eine plötzlich aufgetauchte Einbahnstraße, die auf keiner Karte verzeichnet war.
Unwichtig, sagte sie sich in Gedanken, während sie Patience einrieb. Auch damit würde sie umgehen können. Sie würde umdrehen und wieder in die richtige Richtung steuern. Sich an diesem Punkt in ihrem Leben die Möglichkeiten zur Wahl nehmen zu lassen, kam nicht infrage. Das würde sie nicht zulassen. Selbst dann nicht, wenn das Aufgeben der Alternativen einen unglaublichen Reiz beinhaltete und so wunderbar erschien.
»Ich dachte mir, dass ich dich hier finde.« Candy lehnte an der Boxtür und klopfte der Stute auf den Hals. »Wie geht es Courage heute?«
»Gut.« Eden ging zu dem kleinen Waschbecken in der Stallecke. »Ich denke, er hat es überstanden. Um ihn brauchen wir uns keine Sorgen mehr zu machen.«
»Freut mich. Dann kannst du ja auch wieder dein Bett benutzen anstatt auf einem Heuballen zu schlafen.«
Eden legte die Hände an den Rücken und reckte sich. Nicht einmal das hitzigste Tennismatch hatte je solche Schmerzen verursacht. Komischerweise war es aber auch ein gutes Gefühl. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mich einmal auf dieses schmale Feldbett freue.«
»Nun, da du jetzt nicht mehr um den Wallach besorgt bist, kann ich dir ja sagen, dass ich mir um dich Sorgen mache.«
»Um mich?« Das Handtuch in den Händen, drehte Eden sich erstaunt zu Candy um. »Wieso?«
»Du treibst dich zu sehr an.«
»Unsinn. Ich tue doch kaum etwas hier.«
»Das entspricht schon seit der zweiten Woche nicht einmal mehr annährend der Wahrheit.« Jetzt, da sie einmal angefangen hatte, holte Candy tief Luft. »Verdammt, Eden, du bist vollkommen erschöpft.«
»Müde«, korrigierte Eden. »Nichts, was sich mit einer Nacht in dem schmalen Bett nicht kurieren lässt.«
»Hör zu, es ist völlig in Ordnung, dass du das Thema mit jedem anderen vermeidest, sogar mit dir selbst. Aber mach das nicht mit mir!«
Es kam selten vor, dass Candy Eden gegenüber diesen festen, sachlichen Ton anschlug. Eden hob eine Augenbraue und nickte. »Okay. Also, welches Thema meinst du?«
»Chase Elliot.« Candy sah, wie Eden steif wie ein Stock wurde. »Ich habe dir keine Fragen gestellt, seit du von dem Dinner zurückgekommen bist.«
»Und ich schätze das. Wirklich.«
»Nun, das kannst du dir sparen. Denn jetzt frage ich dich.«
»Wir haben gegessen, uns über Literatur und Musik unterhalten, und dann hat er mich zurückgefahren.«
Candy schob die Stalltür zu. »Ich
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