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Versunkene Gräber - Roman

Versunkene Gräber - Roman

Titel: Versunkene Gräber - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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schnell an die Information der Festnahme gelangt sind?«
    Sinter wandte sich von der Pförtnerloge ab und stellte seinen Aktenkoffer neben einer kleinen Sitzgruppe in der Ecke ab. Auf dem Tisch lagen Flugblätter der Polizei.
    »Sagen wir mal, die Drähte zwischen Berlin und Grünberg sind nicht so lang.«
    »Ich denke, Sie kommen aus Krakau?«
    »Nein, nein, aus Berlin. Krakau ist unser zweites Standbein. Polen und Deutschland verbindet eine tiefe Freundschaft. Ab und zu kommt es selbst bei den besten Freunden zu Meinungsverschiedenheiten. Dann sind wir da. Bitte sehr.«
    Er reichte ihr eine Visitenkarte. Sie warf keinen Blick darauf, steckte sie aber sorgfältig in die Hosentasche.
    »Danke.«
    Die Familie Zieliński war ihr ein Buch mit sieben Siegeln. Schon bei Jacek hatte sie sich gewundert, dass er so viele Anwälte kannte. Und Marek, dieser kleine Mann in seinem ausgewaschenen Overall, Marek, der Einmachgläser, Drahtrollen, Autoreifen und Dachpappe hortete und sich wahrscheinlich seit Jahren keine neuen Strümpfe mehr leisten konnte – Marek ließ also angeblich einen Anwalt aus Berlin antanzen, der mit Sicherheit ganz andere Mandanten betreute und ganz offensichtlich keine Ahnung vom polnischen Rechtssystem hatte. Eigentlich war sie nur hier, weil die Überführung auf die Polizeidienststelle von Zielona Góra eine gute Gelegenheit war, Ali vom Kindergarten abzuholen. Außerdem hatte sie Mitgefühl mit dem alten Zieliński gehabt. Er hatte so verloren gewirkt. So gebrechlich. Bis er ihr gezeigt hatte, wie er einen Mann erschlagen hatte …
    Wahrscheinlich würde er gar nicht in Untersuchungshaft kommen. Sie hatte sofort darauf bestanden, ihn in eine Klinik einzuweisen. Sobczak war dagegen gewesen. Bis auch er Zeuge geworden war, welche Geschichten Marek erzählte. Unheimliche, schreckliche Geschichten … Marek Zieliński war nur auf den ersten Blick harmlos. Auf den zweiten offenbarte sich eine zutiefst gespaltene, geschundene Seele. Man musste vorsichtig mit ihm umgehen. Sehr vorsichtig. Ob Sinter das konnte? Was wollte ein Anwalt, der zehn Meilen gegen den Wind nach Geld stank, von einem alten, kleinen Mann?
    Das Telefon des Pförtners klingelte. Er hob ab und murmelte ein paar Worte. Im selben Moment öffnete sich weiter hinten eine Glastür, und ein funkcjonariusz policji eilte auf sie zu.
    »Jesteś adwokatem Marka Zielińskiego?« , fragte er Sinter.
    Zuzanna entging nicht, dass auch dieser Beamte sich wie selbstverständlich an den weltgewandt wirkenden Mann und nicht an die windzerzauste Frau wandte.
    »Er will wissen, ob Sie der Anwalt von Marek Zieliński sind«, übersetzte sie.
    Sinter bejahte und zeigte einen Ausweis der polnischen Anwaltskammer. Sie fragte sich, wie er, der keine drei Worte Polnisch sprach, an dieses Ding gekommen war.
    »Das ist meine Übersetzerin. Frau …«
    Zuzanna schluckte. Dann streckte sie dem Beamten die Hand entgegen. Sie hatte den Gefangenen bis zum Eingang begleitet, ab da hatte ein Arzt den alten Mann in seine Obhut genommen, und Sobczak war zurückgekehrt in sein Büro. Niemand kannte sie hier. Sie beschloss, Sinter in seinem Irrtum zu belassen und sich diesem Besuch anzuschließen, unter welchem Vorwand auch immer.
    »Makowska. Zuzanna Makowska.«
    »Folgen Sie mir bitte.«
    Der Beamte begleitete Zuzanna und Sinter durch die Glastür und dann über das Treppenhaus in den ersten Stock. Dort gab es mehrere Großraumbüros, die hell und freundlich wirkten und Zeugnis ablegten von der Liebe des Behördenmitarbeiters zur Grünpflanze. Vor einer Tür blieb ihr Begleiter stehen und klopfte an. Ihnen öffnete ein Mann in Offiziersuniform, der einen halben Kopf kleiner als Zuzanna war, rastlose, helle Augen und runde Wangen hatte und den sie sofort als zu jung für diese Aufgabe einstufte.
    Er stellte sich als Karol Krajewski vor, podkomisarz und leitender Ermittler. Die Unterlagen aus Poznań hatte er teils im Computer eingesehen, teils als Fax bekommen. Er war, nicht zuletzt weil Schwerdtfegers Fall eigentlich in seinen Zuständigkeitsbereich gehört hätte, bestens informiert. Auf dem Weg in den Verhörraum erklärte er, was er von der Sache hielt. Oder was er glaubte, dem Anwalt des Inhaftierten mitteilen zu können.
    »Ein verwirrter, alter Mann. Geständig. Aber was will man machen, in diesem Alter und dieser Verfassung? Wir warten eigentlich nur noch auf den Krankenwagen. Der Arzt verbietet die Vernehmung. Das Wichtigste hat er bereits Herrn Staatsanwalt

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