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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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hinzu.
    „Allerdings. Vielleicht hast du vergessen, daß wir dort eine Verabredung hatten.“ Paul sah mich verwirrt an. „Hör mal, weißt du nicht mehr, daß wir morgen tauchen? Ich will eine letzte Trockenübung mit dir durchführen, weil du noch nicht perfekt bist. Ich werde dich erst dann bei Greville als einsatzbereit melden, wenn ich ganz sicher bin, daß du mit der Ausrüstung zurechtkommst. Ich warte noch eine Stunde in der Tauchkammer. Wenn du tauchen willst, dann empfehle ich dir zu kommen.“
    Ich verließ das Zimmer und knallte die Tür hinter mir zu. Zornig brachte ich den Schweber auf Hochtouren, raste um eine Ecke herum und auf den Balkon hinaus, durchquerte den Schacht und stürzte dann durch die Fallröhre in die Tauchkammer. Dort warf ich den Schweber in eine Ecke und ging zu Fuß weiter. Ich zitterte am ganzen Leib, und ich hatte mich gerade wieder unter Kontrolle gebracht, als Paul in die Kammer herabsank.
    „Hol deine Ausrüstung raus“, befahl ich. „Identifiziere jedes einzelne Teil mit Bezeichnung und Funktion, bau sie zusammen und überprüfe sie.“
    Er kam meiner Anordnung schweigend nach, legte die verschiedenen Bestandteile der Ergkapsel in einer Linie auf den Boden, erhob sich dann und wartete darauf, daß ich die Reihenfolge kurz kontrollierte. Ich sah sie mir mit einem raschen Blick an.
    „Mach weiter.“
    Er identifizierte jedes Teil, als er sie der Reihe nach aufhob und überprüfte. Seine Stimme war beherrscht. Ich berichtigte seine Fehler, ließ ihn eine zweite Inspektion durchführen, konstruierte einen hypothetischen Notfall, den er zufriedenstellend meisterte, und sagte ihm dann, er könne seine Ausrüstung wieder verstauen. Ich wollte gehen, noch bevor er damit fertig war, doch er lief hinter mir her, packte mich an der Schulter und drehte mich zu ihm um.
    „Faß mich nicht an!“ schrie ich und schüttelte seine Hand ab. „Laß mich in Ruhe!“
    „Tia, bitte, ich wäre nicht damit einverstanden gewesen, wenn ich gewußt hätte, daß du dich so darüber aufregst …“
    „Das ist mir völlig egal! Wir hatten uns hier für die Übung verabredet, und man sollte erwarten, daß du wenigstens deinen eigenen Zeitplan einhalten kannst.“
    „Es tut mir leid, Tia, wirklich. Aber weißt du, ich liebe doch schließlich nur dich .“
    „Darüber spreche ich nicht. Mir ist es schnurzegal, was du mit deiner Freizeit anfängst, aber wenn wir etwas in Hinsicht auf den bevorstehenden Tauchgang vereinbart haben, dann erwarte ich verdammt noch mal, daß du dich daran hältst und nicht irgendwo … rummachst …“ Und zu meiner Bestürzung spürte ich, wie meine Nase zu tropfen begann und sich rötete und wie sich meine Augen mit Tränen füllten.
    „Tia, bitte, nicht weinen“, flehte Paul. In meinem Elend konnte ich sein Betteln kaum verstehen.
    „Und außerdem steht dir meine Hängematte für so etwas nicht zur Verfügung.“
    „Aber Lonnie hat es noch nie in einer Hängematte getrieben“, sagte er. „Sie war neugierig, das ist alles.“
    „Dann hättest du dir eine eigene besorgen sollen.“
    „Ach, Tia, nun sei nicht so. Du warst doch sonst nicht so eigen mit deinen Sachen.“
    „Jetzt aber – das war damals eine ganze andere Frau, begreifst du denn nicht? Ich bin nicht so wie sie. Sie konnte es sich leisten, großzügig zu sein. Sie lief keine Gefahr, alles zu verlieren.“ Und dann löste sich meine letzte Selbstkontrolle auf. Ich verbarg das Gesicht zwischen den Händen, schluchzte und wehrte Pauls nervöse Tröstungsversuche ab. Es war eine Art gestaltloses Weinen, zum einen hervorgerufen von mehr als nur mildem Selbstmitleid, zum anderen von Zorn auf Paul und Lonnie und noch mehr auf mich selbst – und auch von dem bitteren Bewußtsein des Vertrauensbruchs. Und sobald mir letzteres klargeworden war, fand mein Schluchzen ein Ende. Ich war so dumm gewesen zu glauben, daß in diesem Verhältnis auch etwas so Altmodisches wie Treue existiert hätte, nicht wahr? Als mir bewußt wurde, wie naiv ich gewesen war, kehrte die Rationalität zurück. Ich wischte mir mit dem Ärmel durchs Gesicht, putzte mir die Nase und beruhigte mich ganz allgemein. Paul war grenzenlos erleichtert über meine Rekonvaleszenz.
    „Hör mal, Tia …“
    „Nein, sag kein Wort. Leg die Sachen weg, in Ordnung?“ „Natürlich. Bist du zum Mittagessen in der Messe?“ Ich zuckte mit den Achseln und verließ die Tauchkammer, bevor er weitere Bemerkungen von sich geben konnte.
    Der letzte

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