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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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einen Finger und versuchte, das Maul der Katze zu öffnen. Der Kiefer gab nach und hing schlaff nach unten. Ich ließ die kühle Nässe auf die Zunge tropfen. Die Katze rührte sich nicht. Ich versuchte es erneut.
    „Bitte, meine Dame, die Katze ist tot“, sagte der Kellner mit schmerzlicher Miene.
    Ich bemühte mich weiterhin, mit dem Finger etwas Wasser ins Maul der Katze tropfen zu lassen. Es rann über meinen Fingernagel, benetzte die rote Höhlung und floß am Kiefer entlang auf den Tisch. Das Tier bewegte sich nicht.
    „Meine Dame, bitte, die Katze ist tot“, wiederholte der Kellner und nahm das Glas auf. Ich sah zu ihm hoch, dann wieder auf den Tisch.
    Die Katze rührte sich nicht.
    „War das vielleicht Ihre Katze?“
    „Nein, meine nicht. Nein. Tot?“
    „Ich fürchte, ja. Soll ich sie fortschaffen?“
    „Tot?“
    „Es war nur ein Tier. Tiere sterben, wissen Sie.“
    „Nur ein Tier.“
    „Genau.“ Er reichte mir ein neues Glas Wasser, und ich nippte daran und starrte dabei auf die tote Katze. Von einem Augenblick zum anderen hatte ich den Eindruck, als hätte sie zu verwesen begonnen, als nähme ich den Gestank ihrer Zersetzung wahr, und ich wandte mich von dem Kadaver ab.
    „Ja, bringen Sie sie weg.“ Der Kellner winkte zwei Kollegen herbei. Gemeinsam plazierten sie vorsichtig einen Schweber unter dem Tisch und schoben ihn dann samt der Katze am Cafe entlang fort.
    „Möchten Sie etwas bestellen?“ fragte der Kellner, als er zurückkehrte. Er stellte einen neuen Tisch vor mir auf, faltete den Schweber fein säuberlich zusammen und verstaute ihn in der Hosentasche.
    „Nein, äh, im Augenblick nicht. Was machen Sie mit der Katze?“
    „Sie wird natürlich ins Verwertungssystem eingegeben.“
    „Natürlich.“
    „Es war nur ein Tier. Hätte früher oder später ohnehin sterben müssen.“
    „Und was ist mit mir?“ fragte ich scharf. Er wirkte verblüfft und angespannt.
    „Mit Ihnen, meine Dame?“ Ganz höflich. Vorgetäuschte Unwissenheit, während er mich anstarrte.
    „Ja, mit mir, Tia Eintagsfliege. Bin ich ein Tier?“
    „Nein, meine Dame, selbstverständlich nicht.“
    „Falsch. Wir alle sind Tiere. Wir verdrängen es nur, wann immer wir dazu in der Lage sind. Das ist alles.“ In seinen grünen Augen zeigte sich so wenig Verstehen, als hätte ich irgendein Kauderwelsch von mir gegeben.
    „Rufen Sie mir bitte einen Hüpf er. Jetzt, sofort.“
    „Ja, meine Dame“, sagte er erleichtert, und kurz darauf hielt einer vor dem Cafe an, mit offener Einstiegsluke. Ich erhob mich, schritt zwischen den schweigenden Gästen hindurch und stieg in den Hüpf er, dessen Luke sich hinter mir fest schloß.
    Ich drückte die Taste für die Röhrenstation und lehnte mich müde zurück. Der Hüpfer summte, beschleunigte und sauste fort von dem Platz.
     

29
     
    Der liebliche Paul liegt mit müßig herabbaumelnden Beinen in meiner Hängematte und zieht an einem Joint.
    „Verschwinde“, sage ich ihm. „Ich möchte die Decke waschen. Raus mit dir.“
    Und er ist zornig. Er will nicht, daß ich die Decke wegnehme; er will nicht aufstehen; er will nicht in seine Kabine zurückkehren; er will nicht auf den harten Kordeln der Hängematte liegen; er will nichts anderes, als in seiner seligen Muße ruhen. Ich wiederhole meine Forderung, er widersetzt sich, und innerhalb von ein paar Minuten haben wir den schönsten Streit. In der Hitze des Gefechts schließlich verläßt er die Hängematte, um näher an meinen Schützengräben Stellung zu beziehen. Und ich nehme die Decke einfach herunter, werfe sie in den Vibrawascher und drücke den Knopf. Paul schlägt mich. Ich schlage zurück.
    Zehn Minuten später ist er ganz zerknirscht, schuldbewußt, reumütig und will sich wieder lieb Kind machen. Ich bin verärgert, wütend, unhöflich und schimpfe – aber ich lasse ihn trotzdem wieder hineinklettern. Ich weiß selbst nicht warum.
     
    „Nein“, sagt Harkness mit sarkastischer Geduld. „Wenn wir dort runtergehen, wo Sie es möchten, dann sind wir ein ganzes Stück südlich von Hilo und müssen unter Wasser manövrieren. Hilo liegt hier.“ Und er sticht mit einem Finger auf die Karte.
    „Da bin ich mir aber gar nicht so sicher“, gibt Greville hochfahrend zurück. „Wenn wir an der Stelle auf Tauchstation gehen, die ich angegeben habe, bietet sich uns ein besserer Überblick auf das, was wir zu finden hoffen.“
    „Unsinn. Die Sichtverhältnisse unter Wasser sind lausig.“ Und Harkness schiebt sich

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