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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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ha­ben, so­lan­ge wir uns an die Spiel­re­geln hal­ten.“
    Ich starr­te hin­aus auf die rau­he Öde und spür­te, wie große Auf­re­gung em­por­keim­te. Hart­feld be­merk­te mei­ne tie­fe Er­grif­fen­heit und schwieg. Ei­ne ste­ri­le Ewig­keit, di­rekt in Reich­wei­te mei­ner Fin­ger­spit­zen, un­be­fleckt von der großen grü­nen Ku­gel der Er­de. Kei­ne Land­schaft des To­des, nicht mehr als ei­ne Land­schaft des Le­bens. Sie war mehr als das, sie reich­te über Sterb­lich­keit und Un­s­terb­lich­keit hin­aus. In die­ser völ­li­gen Stil­le, die durch das Fens­ter si­cker­te und bis zur Grund­fes­te mei­nes Ichs hin­ab­tropf­te, wa­ren mei­ne Pro­ble­me völ­lig be­deu­tungs­los und hör­ten ein­fach auf zu exis­tie­ren. Ich ver­gaß zu at­men und be­rühr­te mit den Fin­ger­spit­zen ehr­fürch­tig und de­mü­tig das Fens­ter. In den Aus­sichts­kam­mern von Lu­na mit ih­ren eti­ket­tier­ten Per­spek­ti­ven und be­eng­tem Kom­fort hat­te ich nichts ge­se­hen, das auch nur an­nä­hernd so be­ein­dru­ckend war.
    „Die­se Lee­re da drau­ßen ist wie ei­ne He­xe“, sag­te Hart­feld schließ­lich.
    „Aber wun­der­schön“, ent­geg­ne­te ich.
    „Mei­nen Sie?“ frag­te er, und sei­ne Stim­me klang über­aus in­ter­es­siert. Der Bann des Mon­des brach. „Nun, das wer­den wir mor­gen se­hen, nicht wahr? Sie sind si­cher hung­rig. Neh­men Sie ein Bad und wech­seln Sie die Klei­dung – sind Sie im­mer an­ge­zo­gen? Ach was, ist ja auch egal. Wir ge­hen weg, es­sen ei­ne grö­ße­re Klei­nig­keit und tref­fen noch ein paar ver­schro­be­ne Ty­pen, die ge­nau­so sind wie ich. Wir set­zen uns al­le zu­sam­men; viel­leicht mö­gen Sie sie, viel­leicht auch nicht. Da drü­ben ist das Bad. Mö­gen Sie ei­ne Du­sche mit Was­ser? In Ord­nung, Sie ha­ben vier hei­ße Gal­lo­nen und zehn kal­te – aber das wis­sen Sie ja längst, ich bin wirk­lich blöd. Tas­ten Sie Ih­re Ken­num­mer ein; der Ser­vo wird sich ein­schäl­ten, wenn Ih­nen Was­ser zu­ge­teilt ist. Wir ha­ben hier oben ei­ne ziem­lich schar­fe Kon­trol­le, nicht so wie auf der gu­ten al­ten Er­de, was? Al­les klar? Bes­tens!“
    Der Abend stand ganz im Zei­chen von Greg Hart­felds ge­die­ge­ner, über­schweng­li­cher Art; er war ver­wir­rend und bot pau­sen­los et­was Neu­es. Wir speis­ten in ei­nem klei­nen, von in­ten­si­ven Wohl­ge­rü­chen durch­zo­ge­nem Re­stau­rant, in dem an ei­nem Eck­tisch vier Leu­te auf uns war­te­ten. „An­de­re ko­mi­sche Ty­pen“, nann­te Greg sie, aber kei­ner von ih­nen war so her­aus­ra­gend und über­wäl­ti­gend wie er. Die Ge­sprä­che wa­ren wie glän­zen­de Ju­we­le in ei­nem Kas­ten vol­ler Koh­len: Sie be­stan­den nicht aus den für die Un­s­terb­li­chen sonst ty­pi­schen lang­wei­li­gen Scher­zen und ge­lie­he­nen Mei­nun­gen, son­dern aus Ar­gu­men­ten und Ge­gen­ar­gu­men­ten, aus fun­dier­ten Be­mer­kun­gen und Ana­ly­sen. Für die­se Leu­te schi­en das Le­ben ein La­by­rinth aus un­end­li­cher Fas­zi­na­ti­on zu sein. Und sie steck­ten mich an mit die­ser Fas­zi­na­ti­on: Mir schwin­del­te, und ich schwamm wie ver­zau­bert in ih­rem Sog. Nach dem Es­sen gin­gen wir, oh­ne die Dis­kus­si­on zu un­ter­bre­chen, zu ir­gend je­man­dem in die Woh­nung, die eben­falls am Ran­de der Bla­se lag. Mit der rau­hen und öden Mond­land­schaft als Hin­ter­grund sprach die dun­kel­häu­ti­ge Na­j­la über Astro­phy­sik und die Ge­schich­te des mi­no­i­schen Rei­ches. Nur ein paar Au­gen­bli­cke, nach­dem er mit Kai-Yu Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­ni­ken er­ör­tert hat­te, dis­ku­tier­te Greg mit der klei­nen Su­san über Le­bens­er­hal­tungs­sys­te­me. Jai­me sang mit wei­cher Stim­me und kom­men­tier­te lei­se Na­jlas Theo­ri­en. Als wir ein­mal über Kunst spra­chen, warf ich schüch­tern ein Zi­tat ein, auf das ich wäh­rend mei­ner Zeit in der Bi­blio­thek ge­sto­ßen war, und Greg deck­te mich mit sei­nen rie­si­gen Ar­men zu und drück­te mich fest an sich. Glei­cher­ma­ßen ver­le­gen und er­freut zog ich mich in mein Schwei­gen zu­rück. Mein Gott, wie in­ten­siv die­se Leu­te leb­ten! Wenn ich die Au­gen schloß,

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