Versunkene Inseln
sich seiner Meinung nach der Leiter einer bedeutenden wissenschaftlichen Expedition verhalten mußte. Und tatsächlich: Wenn es irgend etwas Wissenschaftliches gab, das auch nur ganz entfernt mit der Forschungsaufgabe der Ilium zu tun hatte, dann fiel es in den Verantwortungsbereich von Grevilles Autorität, in der er sich so sonnte. Ich konnte mir vorstellen, daß er in hundert Jahren mit der gleichen ernsten Pedan terie einen Tauchgang in die Tiefen von Jupiters Atmosphä re skizzierte und erläuterte – vorausgesetzt, er wandte seine „Wissenschaft“ nicht anderen Untersuchungsobjekten zu. Greville wußte, was wir suchten, aber erfühlte es nicht; der Zauber unseres Unternehmens hatte keinen Platz in seinen Berechnungen.
„Ähem“, begann Greville mit einem Räuspern. „Guten Morgen. Ich freue mich, Sie alle an Bord begrüßen zu dürfen und Sie bereit zu wissen für unsere dritte Reise nach den versunkenen Inseln von Hawaii. Ich glaube, Sie kennen sich alle, auch unsere beiden Gäste auf dieser Fahrt, Paul Ambuhl und Jenny Crane. Äh, ja. Wir hoffen, daß uns diese Reise sowohl weitere Erkenntnisse als auch Unterhaltung beschert. Äh, tja. Hier haben wir eine Karte des nördlichen Pazifik. Wir befinden uns hier, äh, über dem großen Küstenriff; unsere Gäste wissen vielleicht nicht, daß dieses Riff einst den westlichsten Ausläufer des nordamerikanischen Kontinents darstellte. Äh, Kalifornien? Ja. Von hier aus laufen wir die versunkene Inselgruppe von Hawaii an, und auf dieser Forschungsreise beabsichtigen wir, die Ruinen der einst größten Insel dieser Gruppe zu untersuchen, von Hawaii selbst. Die Inselgruppe von Hawaii, einstmals Spielwiese und Erholungsort der Bewohner von Nordamerika, lag in einem beständigen, warmen Windstrom und inmitten eines warmen Meeres. Die Vegetation war so üppig, daß eine industrielle Nahrungsproduktion nie notwendig war. Bewohnt wurden die Inseln von einer freundlichen, braunhäutigen Rasse, die ihre Zeit damit verbrachte, Musik zu spielen und mit Holzbrettern auf den Wellen zu reiten. Wie es der Zufall so will, war dieses Volk der Erfinder des modernen Wasserski-Sports.“
Uneingedenk des Unsinns dieser Ausführungen hielt Greville kurz inne, damit seine Zuhörer diese Bemerkungen verarbeiten konnten. Nachdem er mit überraschtem Lächeln und nickenden Köpfen belohnt worden war, fuhr er fort: „Die Hawaiianer lehnten eine Amerikanisierung ab und blieben bis zur Großen Formung natürlich, ungebildet und glücklich. Sie besaßen eine komplizierte Religion, die auf dem Konsum alkoholischer Getränke basierte, und sie verehrten ihre Gottheiten, indem sie tanzten. Ihre überragende Leistungsfähigkeit auf sexuellem Gebiet war legendär. Äh, ja. Auf diesen Inseln gibt es verschiedene interessante Artefakte, die die während der Großen Formung erfolgte Überschwemmung eines Teils der Gruppe überdauerten. Und diese Ruinen sind es, die wir zur, äh, größeren Erleuchtung der Menschheit erforschen und katalogisieren wollen.“
Ähnliches gab er weitere fünfzehn Minuten lang zum besten. Viel davon war wunderlich, eine ganze Menge einfach falsch, und alles auswendig gelernt und vorgetragen in einem einschläfernden Geleier. Benito hing schlaff in seinem Sessel und starrte finster vor sich hin. Ich teilte seinen Widerwillen, aber aus anderen Gründen.
Für Greville und Harkness und alle anderen war die Ilium nur ein Spielzeug, ein Hobby. Für jeden von ihnen war das Schiff nur eine Zwischenstation unter vielen: Sie waren begeistert an Bord gekommen und hatten eine
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