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Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
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be­stimm­te Auf­ga­be über­nom­men; und wenn sie es satt hat­ten, wür­den sie wie­der ge­hen und viel­leicht ein neu­es Mi­na­rett hin­ter­las­sen oder einen Bal­kon oder ei­ne neue Ska­la auf der Brücke, ir­gend­ein Ge­krit­zel in dem ar­chai­schen Log­buch, das je­mand an­ders zu­rück­ge­las­sen hat­te. Für Be­ni­to aber war das Schiff Zu­hau­se und Pa­ra­dies zu­gleich, und es schmerz­te ihn, die Ili­um in den Hän­den je­ner zu se­hen, die sie nicht ver­stan­den. Und ich? Für mich war die Ili­um ei­ne Mög­lich­keit, ins Frucht­was­ser des Mee­res hin­ein­zuglei­ten, in der Zeit zu­rück­zu­rei­sen, fünf Jahr­hun­der­te und mehr, dort­hin, wo­hin ich ge­hör­te. Und mir be­rei­te­te es zu­sätz­li­chen Kum­mer, Un­sinn zu hö­ren über die Epo­che, die ich für mei­ne ei­gent­li­che Hei­mat hielt.
    Schließ­lich er­teil­te Gre­ville dem Ka­pi­tän das Wort. Har­kness zeig­te uns auf der Kar­te die Rei­se­rou­te, und sei­ne pseu­do­mi­li­tä­ri­sche Knapp­heit war ei­ne Er­leich­te­rung nach Gre­vil­les auf­ge­bläh­ter Re­de. Er gab die ge­schätz­te Rei­se­dau­er mit ei­ner Wo­che an, mar­kier­te die Re­gi­on, in der die Ili­um auf Tauch­sta­ti­on ge­hen wür­de, und schloß dann die Ver­samm­lung. Paul stand so­fort auf und kam auf mich zu. Doch Gre­ville eil­te mir un­wis­sent­lich zu Hil­fe, trat zwi­schen uns und lud die bei­den No­vi­zen zu ei­nem Be­such im Mu­se­um ein. Be­ni­to er­hob sich und schlurf­te aus dem Raum. Ich zö­ger­te einen Au­gen­blick, be­merk­te To­bi­as’ wis­sen­den Blick, der noch haß­er­füll­ter war als sonst, und folg­te Be­ni­tos buck­li­gem und häß­li­chem Rücken hin­ab zum Ge­ne­ra­to­ren­raum.
     

20
     
    Buck­li­ger, häß­li­cher Be­ni­to.
    Hat ei­ne Nar­be, wo sie die Ha­sen­schar­te ent­fernt ha­ben.
    We­gen ei­ner Wet­te ge­zeugt, we­gen ei­ner Wet­te aus­ge­tra­gen, we­gen ei­ner Wet­te ge­bo­ren.
    Wur­de von sei­ner lie­ben Ma­mi im Stich ge­las­sen, nach­dem sie ihn win­selnd zwi­schen ih­ren Bei­nen her­vor­ge­preßt hat­te, mit dem Hin­ter­teil zu­erst: männ­lich, ro­sa­far­ben, laut, kräf­tig, buck­lig, mit Ha­sen­schar­te – das Er­geb­nis ei­ner Emp­fäng­nis, die auf ei­nem Spiel mit dem Ri­si­ko be­ruh­te, von neun Mo­na­ten, in de­nen kein Arzt Un­ter­su­chun­gen durch­ge­führt, Pro­ben des Frucht­was­sers ana­ly­siert und ge­ra­ten hat­te: „Las­sen Sie es ab­trei­ben, mei­ne Lie­be.“
    Wur­de von ei­nem Kran­ken­pfle­ger des Hos­pi­tals auf­ge­zo­gen, ei­nem Mann, der gern Kin­der ge­habt hät­te, aber ganz und gar un­fä­hig war, nä­he­re Be­zie­hun­gen zu ir­gend­ei­nem an­de­ren Men­schen auf­zu­neh­men. Der es ab­lehn­te, Be­ni­tos Rücken in Ord­nung brin­gen zu las­sen, als noch Zeit da­zu war. Der die De­for­ma­ti­on sei­ner See­le im miß­ge­bil­de­ten Rück­grat sei­nes Ad­op­tivsoh­nes wie­der­er­kann­te.
    Buck­li­ger, häß­li­cher Be­ni­to Prin­ci­pe, auf­ge­wach­sen in Ein­sam­keit. Er ent­deck­te sei­ne An­ders­ar­tig­keit im Al­ter von acht­zehn Jah­ren, als ihn sein Ad­op­tiv­va­ter aus dem ab­ge­le­ge­nen Haus warf, in dem er sein bis­he­ri­ges Le­ben ver­bracht hat­te. Er be­kam ei­ne Fahr­kar­te zum Be­hand­lungs­zen­trum und den Rat, nie wie­der zu­rück­zu­kom­men – denn er hat­te Ein­gang ge­fun­den in die ver­bo­te­ne Sphä­re der Rei­fe und da­mit das Kö­nig­reich der Zu­nei­gung sei­nes Va­ters ver­las­sen. Be­ni­to war mit Nach­druck da­zu er­zo­gen wor­den, an­de­ren Men­schen nicht zu trau­en. Nun er­hielt er ei­ne hand­fes­te Lek­ti­on dar­über, wie­viel Wahr­heit ihm die­se Er­zie­hung ver­mit­telt hat­te. Be­ni­to ver­steck­te sich nicht in Aus­tra­li­en. Er ver­steck­te sich in Ma­schi­nen.
    Er hock­te stun­den­lang im Ge­ne­ra­to­ren­raum, über­prüf­te La­ger, Sen­so­ren und Steu­e­r­ele­men­te, kon­trol­lier­te, re­pa­rier­te, po­lier­te und lieb­te die Un­ge­tü­me in den Ein­ge­wei­den der Ili­um. Er kam nur hoch, wenn es nö­tig war, und er ver­schwand so rasch wie mög­lich wie­der nach un­ten.
    Be­ni­to fand mich ab­sto­ßend, und ich

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