Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Versunkene Inseln

Versunkene Inseln

Titel: Versunkene Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marta Randall
Vom Netzwerk:
das Zim­mer und den Mond aus mei­nen Ge­dan­ken ver­bann­te und dem Durch­ein­an­der und Tu­mult ih­rer Un­ter­hal­tun­gen lausch­te, dann konn­te ich mir vor­stel­len, daß ich einen Sprung in die Ver­gan­gen­heit ge­macht hat­te. In ei­ne Zeit, in der Ide­en noch neu wa­ren und Kon­zep­tio­nen be­geis­tern konn­ten, in der ge­wis­se Din­ge noch wich­tig wa­ren – in der die Zeit noch ei­ne Rol­le spiel­te. Je­mand ließ noch mehr Do­pe her­um­ge­hen, ein an­de­rer sprach über hy­dro­po­ni­sche An­la­gen. Die­se Leu­te, dach­te ich plötz­lich, un­ter­schie­den sich so sehr vom Main­stream der Im­mor­ta­li­täts­kul­tur wie die ver­zwei­fel­ten Miß­ge­bur­ten in Aus­tra­li­en. Doch als ich ver­such­te, die­sen Ge­dan­ken wei­ter­zu­ver­fol­gen, ent­glitt er mir. Ich gähn­te.
    Als wir schließ­lich gin­gen, als sich lang­sam der dif­fu­se Schim­mer der pro­gram­mier­ten Däm­me­rung in den Nacht­him­mel am Kup­pel­dach stahl, war ich noch im­mer so sto­ned und mü­de, daß ich mit der ge­rin­gen Gra­vi­ta­ti­on nicht klar­kam. Greg leg­te den Arm um mich, da­mit ich nicht vom Gleit­band schwank­te.
    „Wir ha­ben dich ein biß­chen über­for­dert, hm?“ sag­te er, als wir sei­ne Woh­nung be­tra­ten.
    „Ja“, gab ich zu. „Viel­leicht war ich zu high, um das zu be­mer­ken. – Greg? Bist du je­mals in Aus­tra­li­en ge­we­sen?“
    Er hielt mei­ne Schul­tern und lä­chel­te zu mir her­un­ter. „Wie kommst du denn dar­auf, ko­mi­scher klei­ner Spatz?“
    „Ich weiß nicht.“ Ich er­wi­der­te sein Lä­cheln. „Ich kann vor Mü­dig­keit kei­nen kla­ren Ge­dan­ken mehr fas­sen. Wo soll ich mich hin­le­gen?“
    „Zu mir viel­leicht? Ich wür­de gern mit dir schla­fen, klei­ner Spatz. Wenn du es auch möch­test.“
    Ich dach­te kurz an mei­ne leich­te Un­si­cher­heit ihm ge­gen­über, an sei­ne Grö­ße, an sei­nen Ver­stand. Ich dach­te kurz an Paul und die Mond­bi­blio­thek. Und ich nick­te und schmieg­te mich an ihn.
    Es war herr­lich.
     

22
     
    Die Ili­um glitt sanft durch das stil­le und un­be­weg­te Meer, ein­ge­taucht in das Licht von auf- und un­ter­ge­hen­den Son­nen, durch phos­pho­res­zie­ren­de Was­ser, auf de­nen glü­hen­de Licht­schim­mer schwam­men. Die ver­schwom­me­ne Li­nie des Fest­lands hin­ter uns lös­te sich auf, das Kräch­zen der Mö­wen, die über den Mi­na­ret­ten se­gel­ten, wur­den sel­te­ner, und wir ver­trau­ten uns der feuch­ten und glit­zern­den Um­ar­mung des Ozeans an, wie schon so vie­le vor uns. Wir rit­ten auf sei­ner gisch­ten­den Haut, nach Wes­ten und dann nach Sü­den.
    Gre­ville plan­te und skiz­zier­te die Tauch­gän­ge, gab im­mer wie­der neue Hin­wei­se und Er­läu­te­run­gen und un­ter­nahm die größ­ten An­stren­gun­gen, zu­min­dest ein­mal am Tag mit je­dem von uns zu plau­dern und ihm mit di­ver­sen Er­klä­run­gen auf den We­cker zu fal­len. Har­kness ver­brach­te wie ge­wöhn­lich die meis­te Zeit auf der Brücke, schmück­te sei­nen Kör­per mit dem mi­li­tä­ri­schen Zie­rat, den er für sei­ne Po­si­ti­on als an­ge­mes­sen emp­fand, oder spiel­te Kom­plex­schach mit der hüb­schen, zar­ten Hart. Li schuf in der Kü­che ge­wag­te ku­li­na­ri­sche Kom­po­si­tio­nen und ver­speis­te sie selbst – wenn er nicht mit Lon­nie schlief oder Dienst auf der Brücke hat­te. Lon­nie, der Lis kor­pu­len­te Mas­se nichts aus­zu­ma­chen schi­en, die nachts über ihr ar­bei­te­te, be­schäf­tig­te sich mit ih­rem Tri­kre­ie­rer und form­te neue Mi­na­ret­te, in­dem sie leicht die Fin­ger­spit­zen be­weg­te oder die dün­nen Au­gen­brau­en ein we­nig hob. To­bi­as ver­brach­te sei­ne Zeit ent­we­der im Ma­schi­nen­raum oder in der Tauch­kam­mer, und Jen­ny war im­mer in sei­ner Nä­he. Be­ni­to blieb in dem sum­men­den und brum­men­den Klos­ter sei­ner Ge­ne­ra­to­ren. Paul hat­te um die Zu­wei­sung ei­ner an­de­ren Un­ter­kunft ge­be­ten, und zehn Mi­nu­ten, nach­dem er aus Jen­nys Ka­bi­ne aus­ge­zo­gen war, zog To­bi­as ein. Ein- oder zwei­mal nahm ich Paul mit in den Ge­ne­ra­to­ren­raum, doch der fins­te­re Blick und die Häß­lich­keit von Be­ni­to schreck­ten ihn

Weitere Kostenlose Bücher