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Versunkene Staedte

Versunkene Staedte

Titel: Versunkene Staedte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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machten. Mouses Familie hatte auf einer Farm weit draußen in den verfallenen Vorstädten Sojabohnen angebaut. Er war mit dem Leben mitten im Nirgendwo vertraut. Aber Mahlia hatte das alles erst noch lernen müssen.
    Â» Amaya? « , rief Mahlia.
    Amaya tauchte hinter dem Ziegenstall auf. Einer ihrer Läusefresser hing an ihrem Rücken– ein winziges Geschöpf mit einer Rotznase. Oben an der Leiter erschien ein weiteres Kind, mit braunen Augen und brauner Haut, die fast so dunkel war wie Mahlias. Ernst sah es zu ihr herunter.
    Beim Anblick von Mahlias blutverschmierten Kleidern und des Neugeborenen in ihrem Arm weiteten sich Amayas Augen. Sie machte eine Geste zur Abwehr des Bösen. Mahlia gab vor, es nicht zu bemerken.
    Sie hielt das Bündel hoch. » Das ist Tanis Kind. «
    Â» Wie geht es ihr? « , fragte Amaya.
    Â» Sie ist tot. Der Arzt möchte, dass du das Kind stillst. Solange, bis Mr. Salvatore sich darum kümmern kann. «
    Amaya rührte sich nicht. » Ich habe Tani ja gesagt, dass sie sich nicht mit diesen Soldaten einlassen soll. «
    Mahlia hielt ihr immer noch das Kind hin. » Der Arzt hat gemeint, du wirst es stillen. «
    Â» Ach, hat er das, ja? « , erwiderte Amaya spöttisch.
    Mahlia wünschte sich, Dr. Mahfouz wäre hier. Ihm wäre es leichtgefallen, Amaya zu überzeugen. Amaya wollte das Kind nicht, und Mahlia konnte es ihr nicht verübeln. Sie würde es auch nicht haben wollen.
    Â» Bei uns bist du an der falschen Adresse « , sagte Amaya bestimmt. » Noch einen Esser mehr können wir nicht gebrauchen. «
    Mahlia wartete. Darauf verstand sie sich sehr gut. Es hatte keinen Zweck, als Verstoßene mit den Leuten zu diskutieren. Aber wenn man einfach nur wartete, wurde es ihnen manchmal unangenehm, und sie bekamen das Gefühl, irgendetwas unternehmen zu müssen.
    Amaya redete gar nicht von den Essern in ihrer Familie, sondern von Waisenkindern im Allgemeinen. Und damit meinte sie Kriegsmaden. Waisenkinder wie Mahlia, die mit einem blutenden Armstumpf, dem Tode nah in Banyan Town angekommen war. Kriegsmaden konnte niemand gebrauchen. Wenn das verstoßene Kind eines Friedenswächters im Dorf auftauchte, musste eine Entscheidung getroffen werden. Für die meisten Leute im Dorf war die Sache klar gewesen. Doktor Mahfouz hatte sich jedoch anders entschieden.
    Mahlia sagte: » Um den zusätzlichen Esser brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Salvatore wird das Kind zurückholen, sobald es feste Nahrung zu sich nehmen kann. Und der Arzt wird dir etwas Essen als Entschädigung zukommen lassen. «
    Â» Was sieht dieser Mann bloß in dir? « , fragte Amaya. » Eine einarmige Krankenschwester. Ist Tani deshalb gestorben? Weil du nur eine Hand hast? «
    Â» War nicht meine Schuld, dass sie schwanger geworden ist. «
    Â» Das nicht. Aber sie hätte Besseres verdient gehabt als so eine nutzlose, verkrüppelte Chinesin als Geburtshelferin. «
    Â» Ich bin keine Chinesin « , erwiderte Mahlia wütend.
    Amaya schaute sie bloß schweigend an.
    Â» Bin ich nicht « , wiederholte Mahlia.
    Â» Man sieht’s dir doch schon am Gesicht an. Eine verstoßene Chinesin bist du, durch und durch. « Sie wollte sich abwenden, hielt jedoch inne. » Ich frage mich, was mit dir wohl nicht stimmt. Warum die Friedenswächter dich nicht haben wollten. Wenn die dich schon nicht mit nach China nehmen wollten, was, im Namen der Parzen, sollen wir dann mit dir anfangen? «
    Mahlia kämpfte gegen den Zorn an, der in ihr hochzukochen drohte. » Tja, aber dieser kleine Junge hier ist kein Chinese und auch kein Verstoßener. Er ist in Banyan Town geboren worden. Willst du ihn mir nun abnehmen? Oder soll ich dem Arzt sagen, dass du dich geweigert hast? «
    Amaya musterte Mahlia mit einem Blick, als wollte Mahlia ihr die Eingeweide einer Ziege andrehen, aber schließlich nahm sie das Neugeborene doch in Empfang.
    Als Amaya das Kind in den Armen hielt, trat Mahlia dicht an sie heran. Mahlia war selbst überrascht, dass sie schon fast groß genug war, um der erwachsenen Frau direkt in die Augen blicken zu können. Amaya wich zur Leiter der Hütte zurück und drückte das Neugeborene an sich.
    Â» Du nennst mich eine Verstoßene « , sagte Mahlia, » ein Chinesenbalg oder was auch immer. « Amaya wollte den Blick abwenden, aber Mahlia hatte sie in die Enge gedrängt. » Mein Vater

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