Verteidigung
Beschlüsse und Aussagen unter Eid« durch, fand aber keinen Hinweis auf eine Anzeige wegen Körperverletzung von einem gewissen Aaron Deentz. Am Samstag hatte »Der letzte Geschworene« in seinem Blog über den Ausgang des Klopeck-Verfahrens berichtet, aber nicht erwähnt, dass er in der Herrentoilette im zweiundzwanzigsten Stock des Dirksen Federal Building niedergeschlagen worden war.
Oscar hatte einen Freund, der in der zuständigen Abteilung arbeitete und sich bereit erklärt hatte, nach einer Anzeige von Deentz Ausschau zu halten.
»Sie haben den wirklich geschlagen?«, hatte Oscar voller Bewunderung gefragt.
»Ja, ziemlich blöd von mir.«
»Keine Sorge. Das ist einfache Körperverletzung. Ich kenne da die richtigen Leute.«
Als Sandronis Bericht eintraf, studierte David ihn sorgfältig und war mehr als zufrieden. »Der Bleianteil in der zur Beschichtung des Artikels ›Nasty Teeth‹ verwendeten Farbe überschreitet die Grenze zur Toxizität. Bei Kindern und Erwachsenen, die dieses Produkt bestimmungsgemäß verwenden, nämlich in den Mund einsetzen, besteht die Gefahr einer massiven Bleiaufnahme.«
Damit ließ Dr. Sandroni es nicht bewenden. »Ich teste seit dreißig Jahren Produkte, die Vergiftungen, insbesondere Blei-Vergiftungen, verursachen können, aber mir ist noch nie ein Produkt untergekommen, bei dessen Entwicklung und Herstellung derartig grob fahrlässig vorgegangen wurde.«
David kopierte das sechsseitige Gutachten und legte es in einem Ordner ab, der Farbfotos der Vampirzähne enthielt, die Thuya getragen hatte, sowie Fotos der Muster, die David eine Woche zuvor erstanden hatte. Er fügte eine Kopie der Klageschrift und einen Bericht von Thuyas Ärzten bei. In einem höflichen, aber unmissverständlichen Schreiben an Dylan Kott, den Leiter der Rechtsabteilung von Sonesta Games, erklärte sich David bereit, mit dem Unternehmen Gespräche zu fuhren, bevor er Klage einreichte. Allerdings sei dieses Angebot nur vierzehn Tage lang gültig. Die Familie habe großes Leid erdulden müssen und leide weiterhin, sie habe daher Anspruch auf schnelle Hilfe.
Auf dem Weg zum Mittagessen schickte er den Ordner per FedEx an Sonesta Games. In der Kanzlei war niemand informiert. Als Kontaktdaten hatte er seine Adresse zu Hause und seine Handynummer angegeben.
Als David zurückkam, ging Oscar gerade, abgeholt wurde er von einer winzigen, zierlichen Frau, deren Nationalität nicht leicht zu erraten war. Zuerst hielt David sie für eine Thailänderin, dann tendierte er zu Lateinamerikanerin. Auf jeden Fall wechselte er vor der Kanzlei ein paar nette Worte mit ihr. Sie war mindestens zwanzig Jahre jünger als Oscar, und während des kurzen Gesprächs hatte David den Eindruck, dass sich beide schon länger kannten. Oscar, der nach einem ruhigen Vormittag im Büro doch recht angegriffen wirkte, quetschte sich auf den Beifahrersitz ihres kleinen Honda, und weg waren sie.
»Wer ist das?«, fragte David Rochelle, als er die Tür hinter sich zumachte.
»Ich habe sie auch gerade erst kennengelernt. Irgendein komischer Name, den ich nicht verstanden habe. Sie sagt, sie kennt Mr. Finley seit drei Jahren.«
»Dass Wally eine Schwäche für Frauen hat, wusste ich ja. Aber bei Oscar bin ich doch überrascht. Sie nicht?«
Rochelle lächelte. »David, wenn es um Liebe und Sex geht, überrascht mich gar nichts mehr.« Sie hielt einen rosafarbenen Notizzettel in die Höhe. »Wo wir gerade beim Thema sind – am besten rufen Sie diesen Menschen an.«
»Wer ist das?«
»Goodloe Stamm. Paula Finleys Scheidungsanwalt.«
»Ich verstehe nicht das Geringste von Scheidungsrecht, Rochelle.«
Rochelle sah sich in der Kanzlei um und tat überrascht. »Sonst ist keiner da. Sie werden’s schon lernen.«
»Tut mir ja leid, dass der Prozess so ausgegangen ist«, begann Stamm mit geheucheltem Mitgefühl, »aber es hat mich nicht überrascht.«
»Mich auch nicht«, erwiderte David kurz angebunden. »Was kann ich für Sie tun?«
»Zunächst einmal wüsste ich gern, wie es Mr. Finley geht.«
»Mr. Finley geht es gut. Sein Herzinfarkt ist jetzt zwei Wochen her. Tatsächlich war er heute ein paar Stunden in der Kanzlei und macht stetige Fortschritte. Ich nehme an, Sie wollen wissen, wie es mit den Krayoxx-Verfahren läuft, und hoffen, dass wir noch ein paar Honorare einstecken, die in Ihre Taschen wandern könnten. Unglücklicherweise für uns, unsere Mandanten und Mrs. Finley ist an diesen Klagen kein Cent zu verdienen.
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