Vertrau mir! - Thriller
Moment lang sah er Aubrey und seinen Vater mit dem Gesicht nach unten auf dem Autoboden liegen.
Lass den Scheißkerl rankommen, dachte Luke plötzlich in aller Klarheit. Die letzten Tage hatten eine andere Seite in ihm geweckt, eine Bereitschaft zur Aggression, von der er nichts gewusst hatte und die unter seiner intellektuellen Identität verborgen gewesen war. Dass er seinen Vater lebendig vor sich gesehen hatte, änderte alles für ihn. Er würde ihn nicht noch einmal verlieren.
Luke blieb flach am Boden liegen. Der Bewaffnete lief auf ihn zu, und Luke timte das Manöver auf den Sekundenbruchteil genau, wirbelte herum und griff mit einem überraschenden Scherenschlag an. Der Mann stolperte, und Luke verpasste ihm einen wuchtigen Tritt zwischen die Beine. Der Kerl krümmte sich vor Schmerz, und Luke trat ihm ohne zu zögern gegen den Kopf und entriss ihm die Pistole. Er lief auf den Van zu, die Pistole im Anschlag.
Einer der Männer im Auto richtete seine Waffe auf ihn. Da sah er, wie Aubrey aufsprang und den Arm des Mannes herunterriss. Die Tür wurde zugeknallt, und er hörte einen Schuss im Wagen knallen.
Luke feuerte auf die Reifen des Vans, doch er traf nur die Stoßstange. Im nächsten Augenblick schob sich ein ganzer Schwarm von Flüchtenden zwischen ihn und das Auto, und er konnte keinen weiteren Schuss riskieren. Er kämpfte sich durch die Menge und versuchte, nahe genug an den Van heranzukommen, um doch noch einen Reifen zu erwischen.
Aber der Van beschleunigte und brauste durch eine Lücke in der Menge davon. Sie hatten wohl nicht mehr genug Zeit, um ihn zu schnappen, nachdem die französische Polizei bereits auf dem Gelände ausschwärmte. Der Van schoss auf die Avenue Charles Floquet hinaus und verschwand.
Luke steckte die Pistole unter seine Jacke und lief los. Er dachte fieberhaft nach. Mouser. Mouser wusste bestimmt, wohin sie gebracht wurden.
Das Scharfschützenfeuer hatte aufgehört, und das bedeutete, dass Mouser es wohl nicht riskierte, noch länger hierzubleiben. Würde er zu seinem Mercedes rennen? Nachdem er es nicht zu dem Night-Road-Team im Van geschafft hatte, musste er auf eigene Faust fliehen. Aber nachdem die Straßen von flüchtenden Fußgängern, Autos und Bussen verstopft
waren und die Polizei die Gegend abriegeln würde, war die Limousine wahrscheinlich nicht die beste Lösung, um zu entkommen. Kein Scharfschütze wollte in einem gewaltigen Verkehrsstau festsitzen.
Doch die Pariser U-Bahn, die Metro, lag ganz in der Nähe. Er konnte sich natürlich irren, doch für Mouser war Sicherheit wahrscheinlich wichtiger als das Auto. Luke folgte dem Schild, das den Weg zur Metro anzeigte.
49
Luke lief zusammen mit einem Teil der flüchtenden Menge zur Metro-Station Champ de Mars. Er eilte die Stufen hinunter und sah eine lange Schlange anstehen. Kurzentschlossen sprang er über das Drehkreuz und entschuldigte sich bei dem Mann vor ihm. Niemand schien sich darum zu kümmern, dass er keinen Fahrschein hatte - alle wollten nur nach der Schießerei so schnell wie möglich von hier weg. Es war eine große Station, verschiedenfarbige Schilder wiesen den Weg zu den einzelnen Linien. Plötzlich glaubte er für einen Sekundenbruchteil Mousers Bürstenschnitt in der Menge zu sehen. Er folgte ihm und kämpfte sich durch.
Mouser. Kein Zweifel. Er wollte die RER nehmen, die Expressbahn. Die Menschenmassen schoben sich nach vorne, als ein großer Doppeldecker-Zug in die Station einfuhr. Kinder weinten, Leute sprachen aufgeregt durcheinander. Panik lag in der Luft. Niemand achtete auf Luke. Er war der Grund für das alles, und er fühlte sich so klein und anonym wie eine Ameise.
Er verlor Mouser aus den Augen. Er drückte auf den Knopf im Ohr, den Mouser ihm gegeben hatte, doch er hörte nichts. Mouser hatte die Verbindung unterbrochen. Luke warf den Knopf weg. Er wollte nicht, dass Mouser ihn wieder einschaltete und ihn hören konnte.
Luke stellte sich auf die Zehenspitzen und suchte die vielen Gesichter ab, die von ihm wegstrebten. Verdammt. Doch
da sah er ihn, links, zehn Meter entfernt, und er blickte sich ebenfalls suchend um; sein Kopf drehte sich langsam in Lukes Richtung.
Die Sonnenbrille, die Luke zur Tarnung im Flugzeug getragen hatte, gab es nicht mehr. Luke duckte sich und drängte sich gegen eine junge Frau, die ihn mit ein paar saftigen französischen Flüchen bedachte. Ihr schwarz gefärbtes Haar war zu einer spitz zulaufenden Frisur geformt; ihr Freund neben ihr war
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