Vertrau mir! - Thriller
mit einer billigen Sonnenbrille tarnen.« Sie murmelte etwas auf Französisch, öffnete den Reißverschluss an dem Rucksack ihres Freundes und zog eine Strickmütze hervor. »Setz die hier auf.«
»Das finde ich jetzt nicht gerade hygienisch«, protestierte ihr Freund auf Französisch.
»Dein Kopf ist sauber.« Sie zog Luke die Mütze über den Kopf, dann holte sie noch einen dazu passenden Schal hervor, der wie die Mütze pink und grün gefärbt war. »Ich hab’s für ihn gestrickt, aber er trägt sie nie.«
»Und auch er wird sie nicht tragen«, meinte der Junge.
»Doch, wird er«, erwiderte Luke. Er drückte ihr weiteres Geld in die Hand, überwältigt von ihrer Freundlichkeit.
Die Finger des Mädchens blieben noch einen Augenblick an seiner Handfläche, doch dann legte sie die Hand, mit der sie Luke berührt hatte, fest auf die Wange ihres Freundes. »Und du, mein Schatz, bekommst eine neue Mütze.«
»Ich hätt gern einen Cowboyhut«, sagte er, und das Mädchen lachte.
»Wo ist die nächste Haltestelle?«, fragte Luke und rieb sich die Arme. Er konnte einfach nicht stillstehen.
»Pont de l’Alma«, sagte der Junge. »Danach kommt Invalides, da kann man auf andere Linien umsteigen.«
Die Leute im Zug sprachen hauptsächlich Französisch und Englisch, und es ging nur um die Schüsse beim Eiffelturm. Das Mädchen musterte Luke aufmerksam, und er hatte das Gefühl, dass sie die Lüge hinter seinem Lächeln erkannte.
»Du musst dieses Mädchen sehr lieben, wenn du ihr verzeihst«, sagte sie.
»Sie lieb ich schon«, antwortete Luke. »Aber ihn nicht.« Der Junge lachte.
Der Zug wurde langsamer, als er sich der Haltestelle näherte. Leute schoben sich an ihnen vorbei, sie hatten es eilig, die paar Stufen hinunter und ins Freie zu kommen.
»Steigt ihr hier aus?«, fragte er die beiden.
Sie sahen einander kurz an und schüttelten dann die Köpfe.
Luke stieg ein paar Stufen hinab, um einen Blick in die untere Waggonhälfte zu werfen. Er hatte sie eigentlich bitten wollen, nachzusehen, ob Mouser ausstieg, doch es waren einfach zu viele Leute hier drin. Er konnte nicht riskieren, dass sie Mouser übersahen. Er entdeckte schließlich Mousers Hinterkopf in der Menge. Er schien eine SMS auf seinem Handy zu schreiben. Aber er blieb sitzen.
Der Zug stand, und die Türen glitten mit einem Zischen auf. Viele Leute stiegen aus, wenige stiegen ein.
Mouser blieb auf seinem Platz, mit dem Rücken zu Luke. Die Pistole an seiner Seite unter der Jacke drückte ihn wie ein Bleigewicht. Der Zug fuhr von Pont de l’Alma ab. Mouser stand auf und schob sich an den anderen Fahrgästen vorbei. Er lächelte.
Luke stieg rasch die Stufen hinauf. »Er nimmt die nächste Haltestelle. Danke für eure Hilfe.«
»Gern geschehen, danke für das Geld.« Der Junge schüttelte ihm die Hand, und dann sah Luke, dass das Mädchen seine Pistole bemerkt hatte. Ihr Mund zog sich zusammen, und ihre Augen weiteten sich. Sie wussten, dass beim Eiffelturm geschossen worden war, und dann kam einer, der eine Sonnenbrille und eine Mütze haben wollte, um sich zu verkleiden, mit einer Pistole im Hosenbund, unter der Jacke verborgen.
Die Angst in ihren Augen gab ihm einen Stich ins Herz. Sie konnte schreien. Sie konnte an der nächsten Haltestelle zu einem Polizisten gehen.
»Bitte«, sagte er, »ich hab nicht geschossen, das war nicht ich.« Ihm fiel kein anderer Satz ein.
Sie schien nicht recht zu wissen, was sie machen sollte, und ihr Freund sah sie an und bekam die Spannung mit, die plötzlich zwischen ihr und Luke herrschte. Er interpretierte sie jedoch anders. Die Situation gefiel ihm nun überhaupt nicht mehr. Er zog seine Freundin von Luke weg, die Treppe hinunter und weiter zur Tür. Sie blickte entsetzt zu Luke zurück; ihr Mund zitterte.
»Ich hab nicht geschossen«, flüsterte er erneut.
Invalides. Der Zug blieb stehen. Hier stieg ein großer Teil der Fahrgäste aus, doch Luke wartete bis zum letzten Augenblick, um zu sehen, ob auch Mouser ausstieg. Und diesmal tat er es; nur wenige Meter von Luke entfernt eilte er hinaus. Luke verließ den Wagen als Letzter, sechs, sieben Meter hinter Mouser. Das Mädchen und ihr Freund waren zwischen ihnen.
Luke überlegte, ob er sich hinter einer der grell orangen Säulen verstecken sollte, doch er beschloss, dass er das Risiko eingehen musste, Mouser auf den Fersen zu bleiben. Er folgte weiter den beiden jungen Leuten. Das Mädchen zog ein Handy aus der Handtasche und begann zu
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