Vertrau mir! - Thriller
»Nein. Nein. Nein.«
Nach dem zehnten Nein sagte er: »Du bist zu negativ.«
Sie traf es beim zweiundvierzigsten Anlauf. »Dieser Laptop ist hiermit offiziell unser Schoßhund.« Sie drehte den Bildschirm zu ihm. Er zeigte einen ganz normalen Desktop.
»Welches Wort war’s?«
»Versailles, mit Einsen statt l’s. Ich hätte es mir denken können. Wir hatten einen wirklich netten Tag dort. Er hat sich sogar laut gefragt, ob man dort heiraten könnte.«
Einige Augenblicke herrschte betretenes Schweigen, das Luke schließlich brach. »Gott sei Dank ticken Banker so logisch.«
Sie stand auf, und er beugte sich über den Laptop. Er begann die Dateien durchzusehen. Ein paar Textdateien, ein E-Mail-Programm und ein Webbrowser, sonst war nichts
installiert. Luke öffnete eine der Textdateien; sie enthielt eine Auflistung der Konten, die auch auf seiner ausgedruckten Liste angegeben waren. Neben jedem Konto stand die betreffende Regionalbank, ein Passwort und ein Firmenname. Die Namen der Firmen waren sehr vage - Lionhead Consulting, Three Brothers Partners, Jester Inc. -, sie enthielten keine Hinweise darauf, um was für Firmen es sich handelte. Er zählte ein Dutzend davon.
»Luke, sieh nach, ob die fünfzig Millionen auf einem der Konten liegen.« Er hörte das Drängen in ihrer Stimme.
Luke ging zur Webseite der einzelnen Banken und gab Kontonummer und Passwort ein. Er hörte, wie Aubrey neben ihm den Atem anhielt, ihr Mund war nah an seinem Ohr.
Doch jedes der Konten enthielt nur hundert Dollar, wahrscheinlich das Minimum, um es zu betreiben.
»Das müssen Konten sein, die er für die Night Road eingerichtet hat«, meinte sie, und ihr Seufzer kitzelte seine Schulter.
»Er hat das Geld irgendwo anders versteckt. Vielleicht hat er es auf irgendein Konto bei Marolt Gold gelegt, die Passwörter geändert und neue Konten unter falschen Namen eröffnet. Ich habe gelesen, dass er in der IT- und Operationsabteilung angefangen hat. Er kennt sich also mit den Technologien aus. Vielleicht finden wir es nie«, fügte er mit einem Anflug von Verzweiflung hinzu.
Luke suchte online nach Informationen zu den verschiedenen Firmennamen. Sie hatten keine Webseiten. »Das sind alles Scheinfirmen. Wieder eine Sackgasse.«
»Luke, wir müssen dieses Geld finden«, sagte sie mit frustrierter Stimme.
»Schauen wir mal nach, wo er war, als er das letzte Mal online
war.« Luke ging die Verlaufsliste der Webseiten durch, die Eric zuletzt besucht hatte. Abgesehen von den Bankseiten hatte Eric nur eine einzige Website im Internet aufgerufen - eine Seite über Fernsehshows.
»Das ist merkwürdig.« Er klickte die Webseite an. Es erschien die Aufforderung zur Eingabe eines Passworts.
»Warum braucht man dafür ein Passwort?«, fragte Aubrey.
»Ich weiß nicht. War er ein großer Fernsehfan?«
»Vor allem Sport. Die Spiele der Bulls.«
Luke erinnerte sich an den Miniaturbasketball an Erics Schlüsselring, mit dem Logo der Bulls darauf. »Obwohl er gerade damit beschäftigt ist, fünfzig Millionen vor diesen Killern zu verstecken, besucht er eine solche ausländische Fanseite? Es ist ungefähr so, wie wenn man sich auf einem Begräbnis die Haare schneiden lässt; es ist einfach unlogisch.«
»Log dich ein und schau, was passiert«, schlug Aubrey vor.
Er versuchte es mit dem Passwort versailles, doch es war offensichtlich nicht das richtige. Er griff nach der Liste mit den möglichen Passwörtern und begann sie durchzuarbeiten. Es funktionierte mit keinem.
»Wieder eine Sackgasse - das halte ich nicht aus.«
»Wenn es kein Wort ist, das mit dir und ihm zu tun hat … was gibt es sonst noch in seinem Leben?«
»Na ja, sein geheimes Leben.«
»Die Night Road.« Er gab den Begriff einfach so ein. Nichts. Er versuchte es mit möglichen Varianten, nach der gleichen Methode wie zuvor.
Die ersten Anläufe schlugen fehl, dann versuchte er es mit Ni8htRoad. Das Passwort wurde akzeptiert.
Die dunkle Welt öffnete sich ihm.
Er überblickte die Seite und sah eine lange Liste von Postings. Manche der Poster benutzten dieselben Namen wie auf
den Webseiten, auf denen er sie vor einigen Wochen gefunden hatte. Jetzt, innerhalb der Night Road, waren ihre Kommentare ruhiger, weniger von ihrer Wut geleitet. Da gab es Ratschläge, wie man mit billigen Versicherungspolicen Geld weißwaschen konnte, Anfragen zum Umgang mit automatischen Gewehren, Hinweise, wie man durch Granatsplitter die Opferzahl bei einem Anschlag in die Höhe treiben konnte.
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