Vertrau mir
»Natürlich nicht, du Schaf. Du willst doch bloß herausfinden, welche der Grossmanns in deinem Salon war. Hast du erst ihre Telefonnummer und Adresse, ist alles andere deiner Einfallsgabe überlassen. Du hast doch noch nicht verlernt, wie man mit Frauen flirtet?«
»Es ist lange her. Seit damals . . .« Greta unterbrach sich.
Anna nahm Greta in den Arm. »Du weißt, du hast ein Recht auf ein Leben danach«, sagte sie. »Und du hast dir lange damit Zeit gelassen.«
»Ja. Nun ist es einfach passiert.«
»Das ist doch schön. Ich hoffe, du findest sie wieder.« Anna grinste. »Und wenn nicht, sag mir Bescheid. Ich habe seid Neuestem gute Verbindungen zur Kripo. Ich kenne dort jemanden, der mir einen Gefallen schuldet. Das sollte für einen Suchlauf in der Einwohnermeldekartei reichen.«
Greta sah ihre Freundin ungläubig an. »Sag das noch mal.«
»Krieg dich ein. Ich habe nicht gesagt, dass ich für die arbeite.«
»Was machst du dann?«
»So ’ne Art Babysitter. Ja, ich glaube, das trifft es am besten.«
»Erklär dich genauer. Oder ist es ein Geheimnis?«
Anna erzählte Greta von Maike Roloff, ihrem Plan und ihrer Rolle darin.
»Warum hast du nicht einfach Nein gesagt?« Greta sah sie fragend an. »Du sagst doch selbst, dass das Ganze eine Schwachsinnsidee ist.«
Anna seufzte. »Ja, natürlich ist es das. Aber Maike ist besessen von ihrer Idee. Was blieb mir also anderes übrig? Außerdem . . .«, sie zögerte. »Außerdem hat sie mich irgendwie ausgetrickst.«
»Wie bitte? Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, ich weiß nicht, wie sie es anstellte. Ich sagte so was wie es wäre nicht mein Job, ihr zu helfen, sich umzubringen, sie erwiderte, ich wäre nicht immer so bedacht um das Leben anderer Menschen gewesen. Sie provozierte mich.«
»Die Frau hat ganz schön Haare auf den Zähnen, was?«
»Aber hallo. Das kannst du laut sagen.«
»Und nun?«
»Nun bin ich gespannt, wie es weitergeht. Heute Abend macht sie bei einer Tierbefreiungsaktion mit. Sie glaubt tatsächlich, dass sie im Anschluss mit hipp, hipp, hurra von den anderen begrüßt wird. Ich habe versucht ihr klarzumachen, dass das so nicht funktioniert.«
»Mit mäßigem Erfolg, wie ich in deinem Gesicht sehen kann.«
»Mehr als mäßig bis gar keinen«, bestätigte Anna.
»Okay, was soll’s. Die Frau ist erwachsen und muss wissen, was sie tut. Du hast getan, was du konntest, sie zu warnen. Nun ist es nicht mehr deine Sache.«
Genau das hatte Anna sich auch schon mehr als einmal gesagt. Aber leider fühlte sie sich dadurch nicht besser. »Lass uns lieber von was anderem reden«, bat sie. Es brachte ja nichts, sich unnütz Gedanken zu machen.
Greta nickte. »In Ordnung. Sag mir: Was macht deine Tierstation?«
Anna seufzte erneut. »Es geht alles sehr langsam. Ein Sponsor wäre nicht schlecht. Aber wer sollte mich schon sponsern? Also habe ich einen Nebenjob angenommen. Ich komme gerade von meiner ersten Schicht.«
»Du hast einen Job bekommen? Gratuliere. Es gibt doch noch unvoreingenommene Personalleiter.«
»So offiziell war es nicht. Nach Papieren fragte keiner. Hauptsache ich konnte gleich anfangen.«
»Das gibt es noch?«
»Offensichtlich.«
»Es ist doch legal?«
»Ja, was denkst du denn?«
Greta biss nachdenklich auf ihren Lippen herum.
»Glaubst du mir nicht?« fragte Anna beleidigt.
»Doch, doch. Ich denke gerade an das, was du über einen Sponsor sagtest. Warum druckst du nicht einen Flyer? Ich lege ihn in meinem Geschäft aus. Vielleicht findet sich ja jemand, der sich engagieren will.«
»Klar. Ein Vertreter für in Tierversuchen getestete Haarkosmetik. Nein, danke.«
»Wie nett, dass du mich daran erinnerst, dass ich täglich den Tod vieler kleiner, niedlicher Ratten und Mäuse mitzuverantworten habe. Ich fühle mich schuldig. Wirklich. Aber von irgend etwas muss ich ja leben. Und meine Kundinnen lieben es nun mal nicht, die Haare mit fettiger Gallseife gewaschen zu bekommen. Sie bevorzugen unverständlicherweise wohlduftende Produkte, die keine Ausschläge verursachen. Und eine Dauerwelle ist nun mal effektiver als Lockenwickler.«
»Ich wasche mir meine Haare nicht mit Gallseife. Es gibt Produkte, die ohne Tierversuche und ökologisch vertretbar hergestellt werden.«
»Ich weiß. Du wirst es nicht glauben, ich verwende sie ab und zu selbst.«
»Warum bist du dann plötzlich so aggressiv?«
»Habe ich damit angefangen?«
Anna sah Greta verdattert an. Dann dämmerte ihr, was sie meinte.
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