Vertraue mir (German Edition)
hätte behauptet, ich wolle mit Mr. Bennett unter vier Augen reden, weil er bei keiner Gerichtsverhandlung persönlich dabei war. Ich wäre sehr ruhig, fast kaltblütig gewesen. Daher hätte sie mir das Versprechen abgenommen, bis zum nächsten Tag zu warten und noch mal darüber zu schlafen. Sie hatte ein ungutes Gefühl. Aber ich habe mich trotzdem aus dem Staub gemacht, ohne dass sie es bemerkt hat.“
„Aber was bei Ihnen den plötzlichen Wunsch nach einem derartigen Gespräch geweckt hat, weiß sie auch nicht?“
„Nein.“
Der Spezialist schwieg einige Minuten und Maura ertappte sich bei dem Wunsch, auf dem Sessel herumzurutschen, so nervös war sie. Als Dr. Wenders zu sprechen begann, zuckte sie vor Überdrehtheit fast zusammen.
„Irgendetwas stimmt da nicht! Es muss meiner Meinung nach einen Grund dafür geben, dass Sie Ihre Vorgehensweise so drastisch geändert haben. Das müssen Sie unbedingt herausfinden. Ich nehme an, dass Sie in dem Moment, als Sie niedergeschossen wurden, gemerkt haben, was Sie da im Begriff waren zu tun. Und das zu glauben, fiel Ihnen zu schwer. Sie konnten es nicht einordnen oder verarbeiten, weil es eben nicht zu Ihnen passt. Ihr Geist hat sich gewehrt und Sie alles, was damit zusammenhängt, vergessen lassen. Das ist schon ein guter Ansatz für den Beginn der Behandlung und reicht mir für den Moment. Ich rufe kurz im Café an und gebe Bescheid, dass Ihre Schwiegereltern dran sind. Wir sehen uns später noch.“
Maura ging aufatmend hinaus. Auf dem Gang begegnete sie Kathleen und Richard, die sie nur kurz aufmunternd anlächelten, ohne sie mit Fragen zu löchern. Richard zwinkerte ihr zu und sagte: „Der Cappuccino ist gut, Schatz!“
Sie grinste und bestellte sich folgsam einen Cappuccino. Dann rührte sie gedankenvoll in der Tasse um, bis die Crema darauf verschwunden war.
Sie sehnte sich so sehr nach Gabe, das ließ sich nicht leugnen. Langsam nahm sie ihr Handy aus der Tasche und wählte seine Büronummer.
„Hallo, Mrs. Zelensky, hier ist Maura Callahan. Ist Gabe zu sprechen?“
„Oh, hallo, Mrs. Callahan.“, nach einer kurzen Pause überwand sich die Sekretärin und fragte vorsichtig: „Wie geht es Ihnen? Ja, er ist da und ich glaube, die Besprechung ist auch gerade zu Ende. Einen Moment, bitte.“ Maura wurde auf Leitung gelegt.
Marion klopfte an der Tür zu Gabes Büro.
„Mr. Bennett? Entschuldigen Sie, ich habe ein Gespräch für Sie in der Leitung, privat.“
Zwei Männer hatten sich ihr zugewandt.
Gabes Miene war angespannt, „privat“ war ihre vereinbarte Formulierung, falls Maura sich melden würde.
Sein Onkel, Everett Bennett, schmunzelte amüsiert.
„Gabe, du alter Geheimniskrämer! Hast du eine neue Flamme? Wurde ja auch mal Zeit. Wer ist sie? Hoffentlich keine zweite Elizabeth Kostner.“
Gabe wurde fast rot. Sein Onkel spielte auf eine kurze Affäre mit einer Journalistin an, die Gabe den letzten Nerv geraubt hatte. Nach drei qualvollen Monaten hatte Gabe es dann geschafft, diese Frau wieder loszuwerden.
„Everett, entschuldige mich bitte. Aber ich warte schon einige Zeit auf diesen Anruf. Wenn es spruchreif ist, erfährst du alles, ja? Danke, bis morgen dann. Marion, stellen Sie bitte durch.“
Seine Sekretärin verband Maura hinüber auf Gabes Apparat und seufzte. Sie wusste, dass sie nicht so einfach davon kommen würde, denn Gabes Onkel hatte keinerlei Skrupel sie auszufragen.
Da stand er auch schon vor ihr. Von den Gesichtszügen her schien Everett fast wie eine ältere Kopie von Gabe, wären nicht die Falten um den Mund gewesen, die ihm einen leicht grimmigen Touch gaben. Er war etwas größer als sein Neffe und leicht fülliger Natur.
„Nun, Marion, wer ist die Dame? Kommen Sie schon und rücken Sie damit raus! Ich sage Gabe auch nichts davon, o.k.?“
Marion grinste innerlich. Und ob er etwas sagen würde, wenn er wüsste, dass es sich um Maura Callahan handelte. Falls er nicht auf der Stelle einen Schlaganfall bekäme.
„Tut mir leid, Mr. Bennett. Aber Ihr Neffe hat ausdrücklich um Diskretion gebeten.“
„Ist sie verheiratet oder was?“
„Mr. Bennett, bitte!“
Er sah sie einschüchternd an. Als sie nicht reagierte, grinste er.
„O.k., aber ich vergehe vor Neugierde. Bis morgen, Marion.“
Bevor er die Tür schloss, steckte er den Kopf nochmals ins Zimmer.
„Marion, falls sie schlecht für Gabe ist, das meine ich jetzt ernst, dann sollten Sie aber schon damit rausrücken. Der Junge hat ein Händchen für die
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