Vertraue mir (German Edition)
Sie zufällig schon mal da sind.“, fügte er mit gespielt überraschter Miene hinzu. Maura drohte ihrem Schwiegervater grinsend mit dem Zeigefinger. Inzwischen war ihr durchaus klar geworden, warum sie beide ein solch gutes Verhältnis zueinander gehabt hatten. Richard war ein Vater, ein Kumpel, ein prima Kerl. Sie hoffte, es würde sich mit Gabes Auftauchen und Bleiben nichts daran ändern.
Gabe winkte dem Ober und bezahlte. Dann fuhren sie gemeinsam mit dem Aufzug hinauf.
Mauras Herz schlug wie wild. Gabe musste es wohl gespürt haben, denn er nahm ihre Hand ganz fest in seine. Maura spürte die Schwielen an der dennoch weichen Hand. Sie wunderte sich darüber, weil er doch seine Zeit vor allem im Büro verbrachte und nahm sich vor, ihn später danach zu fragen.
Als sie den Behandlungsraum betraten, wandte sich Kathleen ihnen zu und hob fragend eine Augenbraue, als sie Gabe sah. Der Arzt sah von seinen Notizen auf, als er sich der kurzen Stille bewusst wurde.
„Mr. Bennett, nehme ich an? Hervorragend. Dann kann ich meine Befragung ja gleich abschließen. Wollen Sie mich bitte kurz nach nebenan begleiten, damit ich die Familie Callahan nicht wieder ins Café schicken muss? Im Gegensatz zu dem, was meine Patienten oft annehmen, bekomme ich wirklich keine Provision dafür!“, scherzte er und schloss die Tür hinter sich und Gabe.
Maura wartete ein wenig bang, ob Richard und Kathleen sie wegen Gabes Anwesenheit kritisieren würden. Aber Kathleen strich ihr nur leicht über den Arm und meinte: „Er fehlt dir sehr, nicht wahr?“
Maura nickte kurz und schwieg. Nach ungefähr zehnminütigem Schweigen, in welchem jeder der Drei seinen eigenen Gedanken nachhing, brummte Richard:
„Jetzt bin ich ja mal gespannt, was dieser Arzt für eine Diagnose stellt! Er hat nur gefragt und ist allen Fragen unsererseits geschickt ausgewichen. Hat er dir schon was gesagt, Kleines?“
Maura wollte gerade antworten, da kamen die beiden Männer schon wieder zurück.
„Nun gut, dann wollen wir mal. Mr. Bennett habe ich nur zu einigen Details befragen müssen, deswegen ging es etwas flotter. Soll Mr. Bennett bei unserer Besprechung dabei bleiben, Mrs. Callahan?“ wandte er sich an Maura.
Sie nickte entschlossen und auch die anderen beiden Callahans erhoben keine Einwände.
„Gut, dann nehmen Sie bitte ebenfalls Platz, Mr. Bennett!“
Dr. Wenders schwieg einen Moment und sah gedankenvoll auf seine Unterlagen, ohne etwas wahrzunehmen. Dann räuspert er sich gewichtig. Maura verkniff sich ein Grinsen über die Dramatik, obwohl sie so nervös war.
„Also, ich habe vor, mich noch mit einem Kollegen darüber zu beraten, aber grundsätzlich ist es so, dass in etwa 90% der Amnesiefälle die Erinnerung wieder zurückkommt.“
Maura schloss die Augen. Sollte sie über diese Aussage nun froh sein oder nicht. Sie vermochte es nicht zu sagen. Sie spürte einen leichten Druck an ihrer Hand und blickte in Gabes besorgtes Gesicht. Sie lächelte ihn etwas mühsam an.
„Wann das allerdings sein wird, darüber kann man nur schwer eine Aussage treffen! Meist, mit etwa 60%iger Wahrscheinlichkeit passiert es langsam, nach und nach. Ein kurzes Aufblitzen von Szenen oder Gesichtern, und die Geschichten dazu bauen sich rundherum auf. So etwas kann sehr langwierig sein und man kann nicht sicher sein, ob die Erinnerungen irgendwann tatsächlich wieder vollkommen komplett sind. Die andere, nicht so häufige Variante ist, dass ein Geschehnis oder auch ein Schock alles schlagartig zurück bringt. Bei Ihnen, Mrs. Callahan, nehme ich an, dass Sie durch das plötzliche Begreifen der Tragweite Ihres Tuns gewissermaßen mit Ihrem Gewissen nicht mehr fertig geworden sind und es ruhigstellen wollten. Ihr Charakter, wie er von den hier Anwesenden geschildert wurde – dass Sie ein offener, ehrlicher Mensch sind, fröhlich, aber auch etwas starrköpfig und sehr entschlossen, wenn Sie sich etwas vorgenommen haben – würde in das Gesamtbild durchaus passen.“
„Na vielen Dank auch!“ sagte Maura trocken und sah ihre Schwiegereltern an, die nun ihrerseits etwas verlegen wirkten.
„Nun ja, das sind doch keine nachteiligen Charakterzüge, Mrs. Callahan! Denn ich nehme an, dass genau eine gewisse Entschlossenheit in Ihrem Inneren Sie im Endeffekt dazu bringen wird, die Wahrheit über Ihre Vergangenheit zu akzeptieren. Und sobald das geschieht, wird alles wieder da sein. Aber, wie gesagt, ich bespreche mich nochmals mit einem Kollegen, der eine Kapazität
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