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Vertrauen

Titel: Vertrauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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zu. Ja, es könnte sein, dass ich mein Leben nicht mehr bewältigen kann. Aber was würde das bedeuten? Es bedeutet: Ich werde auch im Scheitern in Gottes Hand sein. Die Angst verweist mich auf eine ganz neue Möglichkeit: Gerade dort, wo ich nichts in der Hand habe, erahne ich, was es heißt, aus Gottes Gnade zu leben. Ich muss in meinem Leben gar nicht perfekt sein. Ich tue das, was in meiner Kraft liegt. Aber ich bin auch mit meiner Schwäche in Gottes Hand. Gott wird mich nicht fallen lassen.
Lass los
    M anchmal erlebe ich Menschen, die sich an sich selbst festhalten. Sie meinen, alles loslassen zu können. Aber sie sind innerlich gefangen. Oft braucht es lange, bis sie wirklich loslassen können. Loslassen ist eine befreiende Kunst. Denn das Festhalten bindet und blockiert uns. „Ich muss loslassen, woran ich mich geklammert hatte. Solange ich diese Tatsache als Verlust für mich auffasste, war ich unglücklich. Aber sobald ich sie unter dem Aspekt betrachtete, dass Leben im Loslassen und im Tod befreit wird, kam ein tiefer Friede über meinen Geist.“ Rabindranath Tagore, der diese Einsicht formuliert hat, weiß: Wenn wir uns zu sehr an etwas klammern, werden wir handlungsunfähig. Wenn wir zu gierig etwas haben wollen, sind wir gefangen. Uns sind die Hände gebunden. Loslassen hingegen ist ein Akt der inneren Befreiung.
    Loslassen kann schwierig sein, und Gelassenheit ist eine Kunst, die keinem in den Schoß fällt. Eine Kunst muss man erlernen. Das ist oft nicht ganz einfach. Es klingt eigenartig, dass man für die Gelassenheit etwas tun sollte. Es ist doch kein Tun, sondern ein Lassen. Aber gerade das Lassen im Tun zu üben, ist die eigentliche Kunst. Ich wünsche gerade den Menschen, die viel zu tun haben, diese Kunst. Sie besteht darin, etwas einfach geschehen zu lassen. Was wir verbissen tun, wird keinen Segen bringen. Was in Gelassenheit geschieht, das lässt der, für den es geschieht, auch lieber in sich ein. Er wird sich dann daran nicht verbeißen, sondern das Gelassene auf seiner Zunge zergehen lassen. Und sich daran erfreuen.
Die Falle
    W ir machen uns Sorgen um uns selbst: um unsere Gesundheit, unser Ansehen bei anderen Menschen, unsere Zukunft in schwierigen Zeiten. Und wir machen uns Sorgen auch um die Menschen um uns herum. Es ist verständlich, dass sich Eltern um ihre Kinder sorgen, wenn sie nicht die Wege gehen, die sie sich vorgestellt haben. Aber es gibt auch Menschen, die überall, wo sie sind, sich sofort um die andern sorgen. Manchmal schaut das nach Nächstenliebe aus. Doch es kann auch eine Falle sein. Teresa von Avila wusste um diese Falle. Von ihr stammt dieses ungewöhnliche Gebet: „Erlöse mich von der großen Leidenschaft, die Angelegenheiten anderer ordnen zu wollen.“ Teresa hatte offensichtlich die Tendenz, das Leben anderer in Ordnung zu bringen. Jesus verweist sie auf sich selbst. Sie soll vertrauen, dass Gott auch für die andern sorgt. Sie muss nicht alles selber erledigen. Vor allem weiß sie gar nicht, ob die andern das überhaupt wollen oder ob sie über ihre Köpfe hinweg für sie Verantwortung übernimmt. Jeder muss für sich selber sorgen. Wir können Menschen begleiten. Aber ihr Leben müssen sie schon selbst in Ordnung bringen. Teresas Haltung ermuntert uns bei aller Anteilnahme am Schicksal anderer zur Gelassenheit. Auch in dieser Hinsicht können Heilige Vorbild für unseren Alltag heute sein.
Sei ohne Sorge
    I ngeborg Bachmann fragt in einem Gedicht („Reklame“, 1956):

    „wohin aber gehen wir
    ohne sorge sei ohne sorge
    wenn es dunkel und wenn es kalt wird
    sei ohne sorge
    aber
    mit musik
    was sollen wir tun“

    Sie zitiert in diesen Versen mehrere Male das Wort Jesu „Sei ohne Sorge“ Aber sie hält dieses Wort Jesu in die Dunkelheit und Kälte unseres Lebens. Trägt das Wort Jesu, wenn alles in uns dunkel wird und wenn die Kälte nach unserem Herzen greift? Ingeborg Bachmann verweist auf die Musik. Sie ist für sie der Ort, an dem wir mitten in der Dunkelheit und Kälte unseres Lebens etwas von der Sorglosigkeit erahnen, von der Jesus spricht. Mozart hat in seiner Musik diese Sorglosigkeit zum Ausdruck gebracht. Aber er hat uns keine heile Welt vorgegaukelt. Er lässt die Sorglosigkeit mitten in den Ängsten und Abgründen der menschlichen Seele erklingen. Diese Sorglosigkeit ist der Ort, an den wir in der finsteren Kälte gehen können, an dem uns Heimat und Geborgenheit, Wärme und Licht entgegenströmen.

5
LIEBE IST EIN FESTER GRUND
Liebe ist

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