Vertrauen
Heimat
„D aheim“ sein kann man nur, wo das Geheimnis wohnt. Das deutsche Wort Heimat hängt ja mit Heim und Geheimnis zusammen. Das deutsche Wort „Heim“ kommt ursprünglich von „liegen“ und meint den Ort, an dem man sich niederlässt, an dem man sich hinlegt, um auszuruhen, an dem man gerne ist und sich geschützt weiß. Geheimnis ist das, was zum Heim gehört. Aber Geheimnis hat in der Theologie eine andere und tiefere Bedeutung bekommen. Geheimnis verweist letztlich auf Gott. Gott ist das absolute Geheimnis. Geheimnis ist das, was unser normales Denken übersteigt, was wir letztlich nicht erfassen können. Und die Gegenwart des Geheimnisses, die Gegenwart einer Wirklichkeit, die unsere übersteigt, letztlich die Gegenwart Gottes ist die Voraussetzung, dass Heimat entstehen kann.
Daheim bin ich dort, wo ich geliebt werde, wo ich keine Rolle spielen muss, wo ich sein darf, wie ich bin, weil ich mich bedingungslos geliebt weiß. Auch diese Erfahrung hat mit einer Liebe zu tun, die größer ist als die persönliche Sympathie. Ich muss mir diese Liebe nicht erarbeiten. Sie wird mir geschenkt. Sie ist einfach da. Ich bin von dieser Liebe getragen. Die Gewissheit, dass ich frei bin von dem Druck, mich beweisen oder rechtfertigen zu müssen, gibt mir Selbstvertrauen. Ich darf einfach sein, wie ich bin. Ich muss mich nicht ständig unter Druck setzen, bei den andern gut abzuschneiden. Jeder Mensch braucht diese Erfahrung des bedingungslos Geliebtseins, um Vertrauen in das Leben und um Vertrauen zu sich selbst zu entfalten.
Lieben heißt Vertrauen
V ertrauen ist Beziehung. Es braucht vertrauensvolle Beziehungen, es braucht Erfahrungen von Geborgensein und Getragensein, um mit unserer Angst besser zurecht zu kommen. Letztlich geht es um die Erfahrung der Liebe, die es mir ermöglicht, auf die Bedrohungen von außen nicht mit Angst zu reagieren, sondern mit Vertrauen. Erst das Vertrauen begründet die Hoffnung, dass ich die Herausforderungen des Lebens bestehen werde. Der Philosoph Ulrich Hommes nennt die Liebe das eigentliche Bollwerk gegen die Angst: „Was hilft gegen die Angst, wenn nichts anderes mehr hilft, ist Liebe. Liebe, die mir entgegengebracht wird, und Liebe, die ich selbst gebe. Angst kann man ja auch beschreiben als Antwort auf das Gefühl, dass irgend etwas oder irgend jemand es nicht gut mit mir meint.“
Dies ist auch die Perspektive der Bibel. Schon der 1. Johannesbrief hat diese Erfahrung der Angstüberwindung durch die Liebe in die Worte gefasst: „Furcht gibt es in der Liebe nicht, sondern die vollkommene Liebe vertreibt die Furcht. Denn die Furcht rechnet mit Strafe, und wer sich fürchtet, dessen Liebe ist nicht vollendet.“ (1 Joh 4,18) Johannes spricht hier weder von der Liebe zu Gott noch von der Liebe zum Nächsten, vielmehr von der Liebe, die von Gott stammt, aber im Menschen eine eigene Kraft ist, die sein Leben verwandeln kann. Die Liebe ist wie ein Feuer, das uns wärmt, und wie eine Quelle, die uns durchströmt. Wer diese Liebe in sich spürt, der ist frei von Angst. Die Liebe ist ein Wohlwollen allem gegenüber, sie ist Bejahung dessen, was ist. Und in derLiebe weiß ich mich ganz und gar von Gott angenommen. Wenn die Liebe in mir strömt, dann gibt es in mir nichts, was ich selbst nicht akzeptieren könnte. Denn die Liebe berührt alles in mir. Die eigentliche Überwindung der Angst besteht für Johannes daher in der Erfahrung der Liebe. Der Weg, diese Liebe in sich zu erfahren, ist im Johannesevangelium die Meditation Jesu Christi. In ihm ist Gottes Liebe sichtbar erschienen. Sie ist am Kreuz vollendet worden. Dort hat sie alles Gegensätzliche im Menschen durchdrungen. Die vollkommene Liebe, die am Kreuz aufgeleuchtet ist, vertreibt alle Furcht. Es gibt nichts mehr, wovor wir uns fürchten müssten. Denn alle Gegensätze in uns sind von der Liebe erfüllt. Der Blick auf die am Kreuz sichtbar gewordene Liebe, die alles miteinander versöhnt, kann auch die Angst vor den abgespaltenen Teilen in uns auflösen und das Auseinanderfallen des Selbst verhindern. Es gibt keine Abgründe mehr in uns, in denen nicht die Liebe wohnt.
Weil Gott uns im Kreuz Jesu Christi seine bedingungslose Liebe gezeigt hat, hat er uns befreit von der Angst, wir könnten Gott nicht genügen. Wir müssen uns nicht selbst gerecht machen. Wir müssen Gott und uns selbst nicht beweisen, dass wir richtig sind. Gott selbst hat uns in Jesus Christus gerecht gemacht. Für Martin Luther ist der Blick auf die
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