Vertrauen
all dem gequält, was er unterdrücken wollte. Man könnte das Bild sogar ganz konkret aufnehmen: Er versucht, das Verdrängte zu ersticken, indem er in seinen Träumen mit den Zähnen knirscht.
Der Psychotherapeut und Theologe Eugen Drewermann sieht das Hauptanliegen Jesu darin, „dass wir uns in unserer gesamten Lebenseinstellung vor Gott nicht immer wieder auf die Angst zurückziehen, und so beschwört er (Jesus) uns mit Worten, die vor Gott Angst machen sollen, dass wir vor Gott nicht länger mehr Angst haben. Es handelt sich um eineschier verzweifelte Logik, ganz so, wie wenn man gegen einen Steppenbrand ein neues Feuer legt, um ihn zum Verlöschen zu bringen.“ Jesus vertreibt also die Angst, indem er sie in ihren letzten Konsequenzen schildert.
Natürlich bietet das Gleichnis von den anvertrauten Talenten kein Patentrezept gegen die Angst vor Gott an. Wenn die Angst zu sehr unterdrückt ist, bedarf es eines langen Weges, um sie anzuschauen und ihr ihre Macht zu nehmen. Aber das Gleichnis zeigt zumindest die Richtung an, in der es Heilung geben könnte: Damit wir nicht von dieser Dauerangst beherrscht werden, lädt uns Jesus ein, unsere Angst zu verlassen. Er hat, so Drewermann, dieses Gleichnis erzählt, „um die Angst bis zu jenem Höhepunkt zu treiben, an dem der Teufelskreis ihrer Sinnlosigkeit deutlich und überwindbar wird.“
Nur der Weg des Vertrauens führt zu dem Gott, den Jesus verkündet hat.
7
IM HAUS DER SEELE HEIMAT HABEN
Suche die Stille
V or über 150 Jahren hat der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard den Lärm einer immer lauter werdenden Welt als krankmachend beschrieben. Wenn er Arzt wäre, so meinte er, würde er als Heilmittel raten: „Schafft Schweigen!“ Unsere Welt ist nicht stiller und nicht ruhiger geworden. Umso notwendiger brauchen wir dieses Heilmittel. Nur so können wir zu uns selber kommen. Wir kommen nur zu uns selber, wenn wir still werden, wenn wir die störenden Einflüsse von außen nicht auf uns wirken lassen. Wir brauchen die Stille, um wir selbst zu werden, um ganz bei uns zu sein. Nur so wird ein menschenwürdiges Leben möglich.
Aber wir finden diese Stille oft nicht. Dabei liegt es an uns selber, ob wir sie finden. Die Erfahrung von Stille ist nicht etwas, was in unserer Lebenswelt selbstverständlich wäre. Man muss selber etwas dazu tun, um sie zu finden und zu erfahren. Ihre Erfahrung ist an Bedingungen geknüpft. Die erste Bedingung, um still zu werden, ist: stehen zu bleiben. Stille kommt von stellen. Ich stelle mich auf. Ich bleibe unbeweglich. Ich bleibe stehen. Wenn ich stehen bleibe, taucht der Hunger in mir auf. Er weist auf etwas hin, was lebensnotwendig ist. Das hungrige Kind braucht die Mutter, die es stillt. Die Stille ernährt die Seele. Da wir unseren inneren Hunger nicht gerne spüren, bleiben wir so wenig stehen. Wir sind immer auf der Flucht vor uns selbst. Es braucht Mut, stehen zu bleiben, inne zu halten und sich dem eigenen Mangel zu stellen. Aber wenn wir diesen Mut aufbringen, wird er belohnt. Wir werden innerlich still. Wir kommen in Berührung mituns selbst. Wir spüren uns selbst. Und wir spüren in uns den Hunger. Aber es ist kein Hunger, der sofort mit Essen oder Trinken gestillt werden muss. Vielmehr taucht da in uns eine tiefe Sehnsucht auf. Und die Sehnsucht ist nicht nur Hunger. „Die Sehnsucht“, so meint Arthur Schnitzler, „ist es, die unsere Seele nährt, und nicht die Erfüllung.“ Im Schweigen werden wir also genährt und gestillt, aber nicht mit äußeren Dingen, sondern mit der Sehnsucht. Die Sehnsucht ist etwas Heiliges in uns. Sie bringt uns in Berührung mit dem inneren Reichtum unserer Seele.
Stille tut nicht nur der Seele, sondern auch dem Leib gut. In der Stille können wir regenerieren. Die Stille hat aber noch eine andere Wirkung. Sie reinigt und klärt. Immer wieder vermischen sich unsere Emotionen mit den Emotionen der anderen. Und oft genug fühlen wir uns innerlich beschmutzt. Da braucht es das Bad des Schweigens.
In der Stille begegne ich meiner eigenen Wahrheit. Und diese Begegnung ist nicht immer angenehm. Ich kann sie nur aushalten, wenn ich aufhöre, mich selbst zu bewerten. Wenn ich einfach wahrnehme, was in mir ist, kann ich es zulassen und mich damit aussöhnen.
Für mich gehört jedoch noch etwas anderes zur Stille. Ich halte das, was in mir ist, in das Licht der Liebe Gottes. Ich muss es nicht einfach aushalten. Ich schaue es an im Licht Gottes. Und in diesem Licht sieht es
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