Vertrauen
Wahrscheinlichkeit, dass wir enttäuscht werden. Es gibt zwar immer wieder Menschen, die uns helfen und uns eine Zeit lang begleiten. Sie können unsere Angst lindern, aber sie vermögen nicht, sie uns ganz zu nehmen. Es ist kein Widerspruch, auf Gott zu trauen und sich an Menschen zu wenden. Wenn ich darauf vertraue, dass Gott sich um mich kümmert, dass ich nicht allein gelassen bin, dann kann ich auch mit größerem Vertrauen auf Menschen zugehen und um ihre Hilfe bitten. Im Vertrauen auf Gott mache ich die Erfahrung, nicht verlassen zu sein, sondern umsorgt und geliebt zu werden. Solches Urvertrauen befähigt mich dann auch zu größerem Vertrauen in die Menschen. Ich fühle mich dann nämlich nicht bei jeder Abgrenzung eines andern gleich zurückgestoßen und verlassen. Und ich werde die Menschen nicht mit der Erwartung überfordern, dass sie mir meine Angst nehmen. Die Menschen können mir helfen, indem sie sich nicht abwenden und zu mir stehen. Aber die Angst wirklich loszuwerden, das ist ein innerer Prozess, den ich selbst vollziehen muss – mit Gottes Hilfe. Denn letztlich ist es er, der mir in der Tiefe meines Herzens die Angstnehmen kann. Und wenn diese tiefe Angst beruhigt ist, kann ich frei auf Menschen zugehen, wenn ich sie brauche. Und ich kann dankbar sein für das, was sie mir geben – auch wenn sie mir nie alles geben können.
Erlösung aus unserer Angst
I m „Benediktus“, dem Lobgesang des Zacharias, beschreibt Lukas das Geheimnis unserer Erlösung durch Jesus Christus als Befreiung von der Angst: „Er hat uns geschenkt, dass wir, aus Feindeshand befreit, ihm furchtlos dienen in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinem Angesicht all unsre Tage.“ (Lk 1,74 f) Im Griechischen wird hier der Begriff „aphobos“ verwendet. Er bedeutet einen Mangel an Furcht, ein Fehlen der Furcht. In Jesus Christus hat uns Gott die Befreiung von der Angst geschenkt. Die Befreiung aus der Angst hängt zusammen mit der Befreiung aus der Hand der Feinde. Es sind letztlich die Feinde unserer Seele, die uns Angst machen. Die Feinde der Seele, das sind unsere kranken Lebensmuster, unsere Komplexe, unsere Schwächen und Fehler. Oder – in der Sprache der Bibel – es sind die Dämonen, die uns nicht zu dem werden lassen, zu dem Gott uns gemacht hat. Die Psychologie benennt diese Feinde der Seele mit anderen Begriffen: Es sind falsche Deutungen der Wirklichkeit, verzerrte Denkmuster, die die Wirklichkeit einseitig wahrnehmen und nur das Beängstigende in ihr sehen.
Wie hat uns nun Jesus von diesen Feinden der Seele, von diesen destruktiven Denkmustern und Deutungsweisen unserer Wirklichkeit befreit? Wie können wir diese Befreiung von unserer Angst verstehen und erfahren?
Für mich kommt in dem eben zitierten Vers aus dem Lobgesang des Zacharias etwas Wesentliches vom Geheimnis der Erlösung, wie Lukas sie versteht, zum Ausdruck. Schon der Grieche Lukas hat die Angst als etwas Quälendeserlebt, als das, was den freien und aufrechten Menschen in seinem Daseinsgefühl beeinträchtigt. Daher besteht für ihn Erlösung nicht so sehr in der Vergebung der Sünden, sondern vielmehr in der Befreiung aus der Angst und in ihrer Überwindung. Der Religionsphilosoph Eugen Biser hat dies verstanden, wenn er das Christentum „die Religion der Angstüberwindung“ nennt. Das Wesen Jesu kommt darin insofern zum Ausdruck, als er den Menschen tatsächlich ihre Angst nimmt. Er vermittelt ihnen: Ihr braucht keine Angst vor der eigenen Schuldhaftigkeit und vor inneren Feinden zu haben, die euch von innen her suggerieren, wie schlecht ihr seid und dass ihr euer Leben nicht schafft. Jesus befreit die Menschen von der Macht der Dämonen. Er richtet die aus Angst in sich gekrümmte Frau auf und zeigt ihr ihre ursprüngliche Schönheit und Würde, so dass sie von nun an aufrecht durchs Leben geht und Gott dafür lobt, dass er sie so wunderbar geschaffen hat (vgl. Lk 13,10-17). Er richtet angstgebeugte Menschen auf und zeigt ihnen den ursprünglichen Glanz, in dem ihre Seele strahlt. Er öffnet ihnen die Augen, damit sie die Wirklichkeit richtig erkennen und frei werden können von der Projektion ihrer Angst auf die Realität dieser Welt. Er macht durch sein Handeln deutlich: Angst entsteht durch falsche Deutung der Welt und wir überwinden sie am besten, indem wir die Welt so sehen, wie sie von Gott geschaffen wurde.
Wirf deine Sorgen auf den Herrn
K ein Leben verläuft nur wunschgemäß oder genau nach den Plänen, die wir uns machen. Und
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