Vertrauen
immer wieder erfahren wir: Wir haben nicht alles in der Hand, so sehr wir uns auch anstrengen mögen. Es gibt Phasen im Leben, in der uns die Probleme geradezu zu erdrücken scheinen und trotz all unserer Bemühungen Lösungen nicht in Sicht sind. Zu allen Zeiten hat es das gegeben. So ist unser Leben nun einmal. Auch die Bibel erzählt davon – und sie gibt auch einen Rat, wie damit umzugehen ist. „Wirf deine Sorge auf den Herrn, er hält dich aufrecht!“, so heißt es in Psalm 55,23. Der Psalmist rechnet damit, dass wir voller Sorgen sind. Aber er verzweifelt nicht über dieser Realität. Seine Empfehlung: Wir sollen nicht um die Sorgen kreisen. Wir sollen sie auf den Herrn werfen. Es ist ein schönes Bild. Wir sollen die Sorgen nicht einfach abtun oder wegwerfen, sondern sie gezielt auf Gott werfen. Wir sollen Gott mir unseren Sorgen buchstäblich bewerfen. Im Werfen steckt beides: Aggression, aber zugleich Befreiung. Wenn ich einen Stein voller Kraft wegwerfe, fühle ich mich freier. So – das sagt der Psalmist – soll ich meine Sorgen anschauen und dann auf Gott werfen. Der Lohn solchen Werfens ist, dass ich aufrechter stehen kann. Gott selbst hält mich aufrecht. Ich bekomme neues Stehvermögen. Wer sich sorgt, der kann nicht ruhig stehen bleiben. Er ist immer unruhig unterwegs. Und wenn er zum Stehen kommt, dann tippelt er herum. Das Loslassen der Sorgen ist eine Bedingung, um aufrecht zu stehen, um zu sich zu stehen und um etwas durchzustehen.
Was hilft uns unser Weh und Ach?
I m Jahre 1657 hat Georg Neumark ein berühmt gewordenes Lied gedichtet und vertont. Es wird noch heute gerne gesungen, weil Menschen sich über die Zeiten hinweg in Text und Melodie wiederfinden: „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Die zweite Strophe dieses Liedes beginnt mit den Worten: „Was helfen uns die schweren Sorgen, was hilft uns unser Weh und Ach? Was hilft es, dass wir alle Morgen beseufzen unser Ungemach?“ Als Heilmittel gegen die kummervollen Sorgen rät uns der Dichter: „Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu!“ Statt mich mit Sorgen zu quälen, soll ich einfach das tun, was heute von mir gefordert wird. Und ich soll jeden Tag mein Gebet verrichten und Gott im Singen preisen. Dann werden die Sorgen nicht überhand nehmen. Das ist der Rat Georg Neumarks, dessen Lied wohl auch deswegen so populär geworden ist, weil sich viele mit ihrer Lebenserfahrung darin wiederfinden. Man könnte eine noch viel ältere christliche Lebensregel anführen, die Ähnliches rät: das benediktinische Motto „Bete und arbeite“. Auch dies ist ein Heilmittel gegen die schweren Sorgen. Ruhige und tatkräftige Aktivität und gelassenes Sich-Anvertrauen sind, wenn sie zusammenkommen, eine gute Methode, um besser, sorgenfreier, durchs Leben zu kommen.
Lass die Spatzen pfeifen
V iele junge Menschen leiden heute an Perspektivelosigkeit. Das hat auch seelische Konsequenzen. Depressionen nehmen gerade bei Jugendlichen immer mehr zu. Johannes Bosco war ein charismatischer Seelsorger, ein Freund gerade „schwieriger“ Jugendlichen im Turin des 19. Jahrhunderts. Sein soziales Gewissen, seine Einfühlungskraft in andere, vor allem auch seine optimistische Lebenseinstellung hat die jungen Menschen angezogen. Dieser Seelsorger setzte als Erzieher auch schwieriger junger Menschen nicht auf Zwangsmittel. Er setzte auf Liebe und Vertrauen. Er hat das Wort Jesu von der Sorglosigkeit verstanden. Jesus verweist auf das Vertrauen der Vögel. Sie singen einfach und vertrauen darauf, dass Gott sie nährt. Daraus formuliert Don Bosco seinen Rat: „Machs wie der Vogel, der nicht aufhört zu singen, auch wenn der Ast bricht. Denn er weiß, dass er Flügel hat.“ Realismus und Bodenhaftung sind wichtig. Aber manchmal bräuchten wir auch etwas von der Leichtigkeit des Vogels. Er singt, auch wenn der Ast, auf dem er sitzt, bricht. Wie der Vogel so hat auch unsere Seele Flügel. Sie kann uns über die alltäglichen Probleme hinweghelfen. Sie beflügelt uns, und hilft so, alles von einer anderen Warte aus zu betrachten. Dann relativieren sich unsere Sorgen. Mitten in unserer Angst, dass uns der Boden, auf dem wir stehen, schwankt, erheben wir uns mit unserer Seele zum Himmel. Dort kann uns die Angst nicht mehr erreichen. Don Boscos Rat: „Fröhlich sein und die Spatzen pfeifen lassen!“
Kein Gott der Angst
E in Mann, der auf Reisen geht, ruft seine Diener und vertraut ihnen sein Vermögen an. Dem einen gibt er fünf,
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