Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
umschlossen hielt. Er lockerte den Griff ein wenig, damit Cassian freier sprechen konnte. »War sie in Ordnung? Hat es so ausgesehen, als ob er sie irgendwie verletzt hätte?«
»Immer noch das gleiche lockere Mundwerk, und an ihrem eingebildeten Auftreten hat sich auch nichts geändert, wenn du das meinst.«
»Du hast mit ihr geredet?« Nathan war verwirrt, ein Gefühl, das sein Innerstes in Aufruhr versetzte. Es gefiel ihm gar nicht. Er war kühle Logik gewöhnt, ruhige Schlussfolgerungen. Mit nichts von dem, was Cassian berichtete, hatte er gerechnet, und obwohl er klug war und für gewöhnlich schnell umschalten konnte, fiel es ihm schwer zu begreifen, was er hier zu hören bekam. »Was hat sie zu dir gesagt? Hast du auch mit Bowman gesprochen?«
Rafe kam wieder aus dem Keller hoch und schüttelte den Kopf. »Keine Spur von Rune da unten.«
»Nein«, sagte Cassian fast beiläufig. Er klang wenig beeindruckt. »Rune hat sich den Abend freigenommen.«
»Wo steckt er?«, fragte Nathan.
Cassian lachte leise, und das schwarze Piercing in seiner Zungenspitze schimmerte, als er weiterredete. »Such die Tagwandler. Ich nehme mal an, da findest du Rune.«
Nathan war völlig perplex, doch Rafe fasste sich als Erster. »Verdammt, was soll das heißen?«, fragte er. »Meinst du Aric Chase?«
»Nein«, erwiderte Cassian. »Die andere. Das Mädchen. Die scharfe Braut, die sich seit ein paar Wochen in meinem Club unters gemeine Volk mischt. Wenn du sie findest, dann kann ich dir garantieren, dass Rune auch in der Nähe ist.«
Am Nachmittag hatten sie die lange Fahrt zum alten Dunklen Hafen seines Großvaters im Norden des Bundesstaats Maine zurückgelegt.
Auf halber Strecke hatte Mira schlimme Kopfschmerzen bekommen. Sie hatte Kellan versichert, dass sie in Ordnung sei, doch durch ihre Verbindung hatte er die dröhnenden Schmerzen in ihrem Kopf spüren können. Er spürte sie noch immer, obwohl Mira sich inzwischen im großen Schlafzimmer des Dunklen Hafens schlafen gelegt hatte. Im Schlaf waren ihre Beschwerden weniger stark, aber dass sie überhaupt Schmerzen hatte, beunruhigte Kellan mehr, als er sich eingestehen wollte. Er wusste nicht, wie lange Mira keine Vision mehr gehabt hatte, bevor sie sich heute selbst in die Augen geblickt hatte, aber er vermutete, dass es einen Zusammenhang gab.
Wenigstens hatte sie seit ihrer Ankunft in Maine ein bisschen Ruhe finden können. Sie war schon vor mehr als zwei Stunden vor Erschöpfung eingeschlafen, und als Kellan vor ein paar Minuten nach ihr geschaut hatte, hatte sie sich nicht einmal geregt, als er sich auf das Bett neben sie gesetzt hatte.
Sein Team hatte sich schnell in der neuen Umgebung eingewöhnt. Als Candice gut untergebracht und ihre Wunde versorgt war, hatten Doc und Nina damit angefangen, das gesamte Haus auf Vordermann zu bringen. Sie staubten die alten Möbel und Haushaltsgeräte ab, die seit Jahren niemand mehr benutzt hatte, und sie verstauten die Vorräte und die Waffen, die sie aus dem geheimen Versteck im Bunker bei New Bedford mitgebracht hatten.
Der Dunkle Hafen war nicht zu vergleichen mit der eher primitiven Ausstattung ihres vorherigen Lagers. Hier gab es eine Küche mit hochmodernen, voll funktionierenden Elektrogeräten wie Kühlschrank und Herd, es gab etliche Zimmer mit komfortablen Möbeln und insgesamt fast tausend Quadratmeter Wohnraum. Doch sie konnten nur vorübergehend hierbleiben. Der Zufluchtsort war nur für eine kurze Zeit sicher für sie, bis Kellan sich dem Sturm würde stellen können, der sich von allen Seiten um ihn herum zusammenzog.
Was das Versteck betraf, konnte er nur hoffen, dass ihn sein Instinkt nicht trog.
Er betete, dass sie hier eine Weile sicher waren. Wenn nicht, dann riskierte er mit dem, was er heute noch tun musste, ihrer aller Leben.
Von den Glastüren aus konnte man in die dichten Wälder sehen, die das große Haus umgaben. Kellan was so in den Anblick versunken, dass er Nina erst hörte, als sie sich direkt hinter ihm leise räusperte. Er drehte sich um und blickte irritiert auf das kleine weiße Fläschchen, das sie ihm entgegenhielt.
»Gegen Migräne«, sagte sie und schüttelte den Behälter. »Ich habe nur noch ein paar Tabletten übrig, aber wenn du denkst, sie könnten helfen, dann kannst du sie gerne haben für … deine Freundin.«
Er nickte, nahm ihr das Fläschchen aus der Hand und steckte es in seine Hosentasche. »Danke.«
Nina, Candice und Doc hatten sich alle in dem großen Wohnraum mit
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