Vertraute der Sehnsucht (German Edition)
Schweigen. Der Mensch war nicht auf den Kopf gefallen, sondern setzte seinen Arsch sofort wieder auf den Stuhl und widmete sich ganz dem Studium seiner Fingernägel.
Nathan gab dem Aufzug in der Lobby einen mentalen Befehl, und die Kabine setzte sich in Bewegung und kam nach unten. »Du bleibst hier«, befahl er Rafe, als sich die Aufzugtüren öffneten. »Wenn Carys oder Rune abhauen wollen, während ich oben bin, dann hältst du sie fest. Ruf mich.«
Rafe senkte den blonden Kopf und nickte. In den Augen des jungen Kriegers stand eine grimmige Entschlossenheit. Nathan trat in den Aufzug und sprengte mit seinen mentalen Kräften die Sperrung am Knopf zum Penthouse.
Wenige Sekunden später öffnete sich die Tür des Aufzugs wieder, und Nathan starrte durch ein schmiedeeisernes Gitter. Durch die kunstvolle Absperrung blickte er in das prachtvoll ausgestattete Apartment von Jordana Gates. Der Raum war mindestens vier Meter hoch, der Boden aus weiß schimmerndem Marmor, und alles war in ein weiches goldenes Licht getaucht, das warm und einladend auf die Wände schien, die in feinen Schattierungen von Beige, Weiß und zartem Hellblau gestrichen waren.
Während er noch hinter dem schwarzen Eisengitter stand, hörte er eine helle weibliche Stimme, die vermutlich Carys’ Freundin gehörte. »Seamus, das darf nicht wahr sein. Habe ich schon wieder meinen Schirm in der Lobby vergessen?«
Eine ätherische Blondine kam um eine breite Säule herum in den Vorraum gelaufen. Sie war groß und schlank und trug einen eng anliegenden elfenbeinfarbenen Rock, der ihr bis zu den Knien ging, dazu eine Bluse aus Seide in einem Farbton, der Nathan an poliertes Zinn erinnerte. Die Bluse war verführerisch weit aufgeknöpft bis zu einer Stelle tief zwischen ihren Brüsten, die er mit mehr Interesse beäugte, als ihm lieb war. Als sie ihn sah, blieb sie abrupt in ihren zierlichen, hochhackigen Sandalen stehen. Die platinblonden Haare fielen ihr in dichten Locken über den Po bis zu den Schenkeln und legten sich weich auf ihre Schultern, als sie aus der Bewegung heraus stillstand und ihn anstarrte. Sie war einfach … atemberaubend.
»Oh«, sagte sie. Offenbar wurde ihr jetzt erst klar, dass sie nicht mit dem Wachmann von unten redete. Der Funken sprühende Blauton ihrer großen, ausdrucksvollen Augen war fast unwirklich intensiv, als sie seinen ernsten Blick durch das verschnörkelte Gitter hindurch erwiderte.
»Carys Chase«, sagte Nathan mit fester Stimme.
»Wie bitte?« Sie runzelte die Stirn und räusperte sich, bevor sie weitersprach. »Nein, ich bin Jor–«
»Ich weiß, wer Sie sind. Ich suche Carys Chase. Ich möchte gerne mit ihr sprechen. Und zwar sofort.«
Die markanten Gesichtszüge von Jordana Gates nahmen einen ängstlichen Ausdruck an. »Ist … ist etwas passiert? Warum denken Sie, dass Carys hier –«
Mit seinen mentalen Kräften öffnete Nathan das verschlossene Eisengitter. »Ich weiß, dass sie hier ist.«
Jordana machte einen Schritt zurück, als er uneingeladen das Apartment betrat. Sie warf einen besorgten Blick über ihre Schulter und sprach dann so laut, dass ihre Stimme sicher überall in der weitläufigen Wohnung zu hören war. »Sie ist nicht hier. Und ich schätze es gar nicht, wenn der Orden unangekündigt in meine Wohnung platzt.«
Nathan spürte, wie seine Mundwinkel zuckten. Er war weniger amüsiert als genervt, dass dieses in einem Dunklen Hafen aufgewachsene Mädchen der feinen Gesellschaft sich einbildete, sie könne ihn von seiner Mission abhalten. Er trat noch einen Schritt weiter in den Vorraum. Doch dieses Mal wich die Stammesgefährtin nicht zurück, sondern stellte sich ihm in den Weg.
»Nein«, sagte sie und platzierte ihre spitzen Absätze direkt vor ihm. »Nein. Sie können nicht einfach durch meine privaten Räume marschieren, als wäre das hier Ihre Wohnung.«
Er neigte den Kopf. Es verwunderte und verärgerte ihn zugleich, dass sie so gar keine Angst zeigte und sich ihm immer noch entgegenstellte. »Carys Chase!«, brüllte er, und seine Stimme dröhnte laut im hohen Kuppeldach des Vorraums.
Jordana trat noch näher zu ihm. »Wie ich schon sagte, Sie sind hier nicht willkommen. Ich möchte, dass Sie sofort verschwinden. Das ist mein Ernst.«
Sein Ärger verwandelte sich in blankes Erstaunen. Er konnte nicht glauben, dass sie sich ihm direkt widersetzte und sich überhaupt nicht einschüchtern ließ. »Ich lasse nicht zu, dass Sie auch noch einen Schritt weiter in mein Apartment
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