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Vertraute Gefahr

Vertraute Gefahr

Titel: Vertraute Gefahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Raven
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Blick klärte sich langsam. Sie schaute ihn ernst an, kein Lächeln erhellte ihr Gesicht. Leicht entmutigt dachte Shane bereits an Rückzug, überlegte es sich dann allerdings noch einmal. Irgendwie musste er dahinterkommen, was Autumn bedrückte. Seit er sie das erste Mal gesehen hatte, fühlte er dieses fast zwanghafte Bedürfnis, ihr zu helfen. Er wollte ihr näherkommen, sie kennenlernen, sie berühren …
    Er räusperte sich erneut, und es gelang ihm ein schiefes Lächeln. »Darf ich mich zu dir setzen?« Als er sah, dass sie ablehnen wollte, fügte er hinzu: »Alle anderen Tische sind bereits besetzt, und da ich in einer halben Stunde wieder zum Dienst muss, kann ich nicht warten, bis einer frei wird.«
    Widerwillig deutete Autumn auf den freien Platz ihr gegenüber. »Bitte.« Ihr Kopf senkte sich wieder. Sie nahm Gabel und Messer wieder auf und widmete sich ihrem Essen.
    »Warst du in Europa?« Bei seiner Frage hob sie erneut den Kopf. Fragend schaute sie ihn an. Er hatte inzwischen Platz genommen und sein Tablett auf dem Tisch abgestellt. Mit der Gabel deutete er auf ihre Hände. »Die Art, wie du das Messer hältst, kam mir irgendwie spanisch vor.« Autumn behielt das Messer die ganze Zeit in der Hand und schnitt jeden Bissen einzeln ab, während die Kollegen an den anderen Tischen zuerst das Fleisch zerteilten, um dann die Gabel in die rechte Hand zu nehmen.
    Nun lächelte sie doch und blickte auf ihre rechte Hand mit dem Messer. Sie zuckte die Schultern. »Nicht spanisch, eher deutsch. Als ich klein war, lebten wir ein paar Jahre in Deutschland. Wir haben dort wohl einige Gewohnheiten angenommen.«
    Shane nickte. »Wer ist ›wir‹? Oder ist das eine zu persönliche Frage?« Er sah, wie Autumn sich wieder ein wenig zurückzog. Trauer überschattete ihren Blick.
    »Meine Eltern und ich. Mein Vater hatte einen Lehrauftrag für amerikanische Geschichte an der Universität in Hannover. Wir waren drei Jahre dort.« Sie blickte auf ihr Essen.
    »Wie alt warst du damals?«
    »Wir kamen hin, als ich sieben war. Es war eine schöne Zeit.«
    Shane wollte sie nicht drängen, mehr zu erzählen. Er merkte, dass die Erinnerung daran sie traurig stimmte. Verzweifelt suchte er nach einem unverfänglichen Thema. Zuerst musste er sich aber seinem Essen widmen, schließlich hatte er tatsächlich nicht ewig Zeit.
    Einige Minuten aßen sie so schweigend weiter, bis Shane seine Gabel auf den leeren Teller legte und einen großen Schluck Cola trank. Autumns Teller dagegen war immer noch fast so voll wie vorher. »Schmeckt es dir nicht?«
    Erstaunt blickte Autumn ihn an. »Doch schon, aber ich habe einfach keinen Hunger mehr.«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen besah er sich ihren Teller. Soweit er es erkennen konnte, hatte sie kaum etwas gegessen. »Bist du sicher? Hast du überhaupt einen Magen?«
    Ihren Bauch betrachtend, nickte sie. »Doch, definitiv. Aber ich kriege nichts mehr rein.« Dabei wirkte sie unsicher, fast so, als müsste sie sich dafür entschuldigen.
    Um die Stimmung etwas aufzulockern, ließ Shane seinen Blick ebenfalls zu ihrem Magen gleiten. »Nun, wenn du nicht mehr willst, kann ich dir dann dein Essen abschwatzen? Ich könnte noch eine Kleinigkeit gebrauchen.« Er tätschelte seinen flachen Bauch und lächelte.
    »Aber sicher.« Erleichtert schob sie ihren Teller über den verkratzten Holztisch. »Wo lässt du das bloß alles?« So etwas wie Panik huschte über ihr Gesicht.
    Shane merkte durchaus, dass sie sich für diese spontane Bemerkung verfluchte, ließ sich die Gelegenheit aber trotzdem nicht entgehen. »Keine Ahnung. Ich konnte eigentlich schon immer essen, was ich wollte, ohne dadurch zuzunehmen. Außerdem treibe ich auch ein bisschen Sport.« Er blickte sie durchdringend an. »Und was tust du so in deiner Freizeit?«
    Diese in leichtem Ton gestellte Frage war Autumn bereits wieder zu persönlich. Sie wollte sich nicht auf Shane einlassen. Nein, sie durfte es nicht! Früher hätte sie sich durchaus für ihn interessiert, aber nach ihrem Erlebnis mit Robert hatte sie keinerlei Bedarf mehr an einer Beziehung zu einem Mann. Vor allem wagte sie nicht mehr, jemandem zu vertrauen, auch wenn er – wie Shane – noch so verlässlich schien. So war es anfangs bei Robert auch gewesen, und dann hatte er sich zu einem Albtraum entwickelt. Nein, sie durfte Shane nicht mögen, auch wenn ihr Herz jedes Mal kurz aussetzte, wenn sie ihn unerwartet sah. Am besten hielt sie sich so weit von ihm fern wie

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