Vertraute Gefahr
Aber deine Argumente waren auch nicht schlecht. Wahrscheinlich hättest du mich damit überzeugen können.« Autumn unterdrückte ein Lachen, als sie erkannte, dass der stets so selbstsichere Shane anscheinend geprobt hatte, was er sagen würde, wenn sie ablehnte. Das war irgendwie … süß.
Janet war nicht ganz so beherrscht, sie prustete laut los. »Also, Romeo, weiß Scott nun Bescheid oder nicht?«
Eine verlegene Röte kroch in Shanes Wangen. Er räusperte sich. »Ja. Können wir jetzt fahren?« Abrupt drehte er sich um und marschierte zum Auto.
»Sind wir aber empfindlich.« Janet kicherte.
»Das war nicht nett von uns.« Nach kurzem Zögern überwand Autumn mit zwei schnellen Schritten die Distanz zwischen ihnen. »Du bist doch nicht böse auf uns, oder?«
Shane warf ihr einen schnellen Seitenblick zu und seufzte. »Nein. Ich kann schönen Frauen nie lange böse sein.«
Auf der Rückfahrt zu den Hütten lauschte Autumn den Stimmen von Shane und Janet, die Geschichten über den Park erzählten. Zufrieden lehnte sie ihren Kopf an das Polster. Niemand wusste, dass sie hier war. Sie war in Sicherheit und fühlte sich heute Abend zum ersten Mal seit langer Zeit völlig entspannt. Vielleicht lag es am Essen oder an der beruhigenden Wirkung des Feuers. Sie hatte allerdings den Verdacht, dass es eher am Umgang mit den freundlichen Menschen lag, die sich um sie bemühten und mit ihr scherzten. Ob es hier möglich sein könnte, dass sie noch einmal neu anfing? Das wünschte sie sich mehr als alles andere. Ruhe und Geborgenheit, ohne ständig in Furcht leben zu müssen, entdeckt zu werden.
»Du kannst ruhig schlafen, wenn du müde bist.« Shanes Stimme schreckte sie aus ihren Gedanken auf. Er beobachtete sie im Rückspiegel.
Autumn lächelte verträumt. »Ich bin nicht müde. Ich habe nur nachgedacht.«
»Wie wäre es, wenn du auf die Straße achtest, Shane?« Janets Stimme erklang vom Beifahrersitz.
Wortlos richtete Shane seine Augen wieder auf die Straße, aber Autumn konnte sehen, wie sich seine Ohrspitzen röteten.
Als sie Janets Hütte erreichten, gähnte Janet herzhaft und schwang sich aus dem Jeep. »Jetzt wird es aber auch langsam Zeit, ins Bett zu gehen. Danke fürs Mitnehmen. Gute Nacht!« Sie winkte noch einmal kurz und wankte dann auf die Haustür zu.
»Möchtest du nach vorne kommen?«
»Es macht mir nichts aus, hinten zu sitzen. Es sind ja nur noch ein paar Hundert Meter.«
Shane zuckte mit den Schultern. »Wie du willst.«
Langsam rollte der Wagen wenig später vor den Hütten aus. Shane stieg aus und hielt ihr die Tür auf.
Als Autumn neben ihm stand, musterte sie ihn mit zur Seite geneigtem Kopf. »Wo hast du das eigentlich gelernt?«
Offensichtlich verwirrt blickte Shane sie an. »Was?«
Autumn versuchte, nicht darauf zu achten, wie gut es sich anfühlte, so behandelt zu werden. »Dieses Türenaufhalten, Frauenherumtragen und so weiter.«
»Bei meiner Mutter. Sie ist der Meinung, dass ein Mann auch ein Gentleman sein sollte.« Er zuckte die Schultern.
Nein, wie ein Gentleman sah Shane nicht aus, mit den zerzausten schwarzen Haaren und den im Mondlicht glitzernden dunklen Augen. Aber das würde sie ihm lieber nicht sagen. Schließlich benahm er sich die meiste Zeit tatsächlich einwandfrei. »Das ist ihr gelungen. Gibt es noch mehr von deiner Sorte?«
»Ja. Zwei Brüder und drei Schwestern.« Autumns Mund stand staunend offen. Sie musste sich verhört haben! Sanft legte er einen Finger unter ihr Kinn und schloss ihn. »Na, sprachlos?«
Zögernd setzte sie sich wieder in Bewegung. »Meine Güte.« Die Worte kamen gehaucht. Dann überzog ein Leuchten ihr Gesicht, als sie sich vorstellte, wie schön es sein musste, so viele Geschwister zu haben. »Das muss ja toll sein!«
Shane lächelte. »Stimmt, es ist nicht schlecht. Allerdings hat man selten seine Ruhe. Hin und wieder wäre ich schon gerne mal allein gewesen.«
»Das kann aber auch nur jemand sagen, der die Wahl hat, allein oder in Gesellschaft zu sein. Als Einzelkind war ich immer allein.« Sie wünschte, sie hätte jemanden gehabt, mit dem sie hätte reden können und der ihr geholfen hätte, sich rechtzeitig von Robert zu lösen. Aber sie war allein gewesen, hatte alles mit sich selbst abmachen müssen. Autumn schüttelte den Gedanken ab. Es brachte nichts, sich etwas zu wünschen, das nie eintreten konnte.
Shane hatte sich mit dem Rücken an den Jeep gelehnt und seine Beine an den Knöcheln überkreuzt. Er sah aus, als
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