Vertraute Gefahr
anscheinend hat er es nicht verstanden.«
»Hast du ihm auch deine Gründe dafür genannt oder einfach nur die Tatsache erwähnt?«
Autumn wurde blass. »Ich kann ihm nichts davon erzählen. Niemandem.« Sie begann zu zittern, als sie sich daran erinnerte, was Robert mit ihr getan hatte. Die Vorstellung, das jemandem erzählen zu müssen – erst recht einem Mann, der sie interessierte –, ließ Übelkeit in ihr aufsteigen.
Janet strich ihr beruhigend über den Arm. »Ich hätte nichts sagen sollen, tut mir leid.« Besorgt blickte sie Autumn an.
Autumn holte tief Atem und zwang sich, ihre Erinnerungen tief in sich zu verschließen. »Glaubst du wirklich, er meint es ernst?«
»Ich habe noch nie gesehen, dass er sich derart um eine Frau bemüht hat. Schon viele hatten es auf ihn abgesehen, aber er hat nie reagiert. Du bist die Erste.«
Ein trauriges Lächeln überzog Autumns Gesicht. »Und wahrscheinlich auch die Erste, die versucht, sich nicht von seinem netten Lächeln, seinem guten Aussehen und seiner angenehmen Stimme einfangen zu lassen. Wenn ich ihn vor ein paar Jahren getroffen hätte, wäre ich ihm innerhalb von ein paar Minuten verfallen. Aber jetzt … ich brauche einfach noch Zeit.« Sie wandte Janet ihr Gesicht zu. »Aber ich bin wirklich froh, dass ich schon ein paar Freunde gewonnen habe. Ich hatte angenommen, dass ich nicht in der Lage sein würde, wieder jemandem zu vertrauen. Ich habe mich getäuscht.«
»Das freut mich. Übrigens, auch Shane kann man bedingungslos vertrauen. Er ist der zuverlässigste Mann, den ich kenne.«
»Ich habe so etwas befürchtet.« Autumn gab sich einen Ruck. »Na gut. Ich werde mich für seine Fiery-Furnace-Tour morgen Nachmittag einteilen lassen.« Sowie die Worte aus ihrem Mund waren, kamen die ersten Zweifel auf, ob das eine so gute Idee war, doch sie unterdrückte sie. Janet hatte recht, es war nicht fair von ihr, Shane so zappeln zu lassen. Einerseits traute sie sich nicht, eine neue Beziehung einzugehen, aber andererseits gab sie Shane unabsichtlich immer wieder Zeichen, dass sie an ihm interessiert war.
Zweifelnd blickte Janet sie an. »Hält dein Knie das aus?«
»Es muss. Ich kann nicht ewig im Visitor Center herumhängen. Ein bisschen Bewegung wird mir guttun.« Autumn lächelte. »Außerdem weiß ich ja, dass Shane mich im Notfall auch tragen kann.«
Janet lachte. »Hoffen wir, dass es nicht nötig wird. Obwohl er das vermutlich ganz gerne tun würde.«
»Wir werden sehen.« Ein Gähnen überraschte Autumn. »Ich glaube, es wird Zeit, ins Bett zu gehen.«
Janet erhob sich. »Wir sehen uns dann morgen irgendwann. Du musst mir unbedingt berichten, wie die Tour war.«
»Werde ich. Bis dann.« Sie winkte Janet kurz zu und stapelte dann das Geschirr auf ein Tablett, um es in die Hütte zu tragen.
Die Nacht um sie herum war totenstill. Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen fühlte sie sich unbehaglich. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Aufmerksam versuchte sie die Dunkelheit mit den Augen zu durchdringen. Es war nichts zu erkennen, dennoch fühlte sie sich beobachtet. Ihr Blick wanderte zu Shanes Hütte. Sie konnte ihn in seinem beleuchteten Küchenbereich hantieren sehen. Sein Rücken war ihr zugewandt. Er beachtete sie nicht, wusste wahrscheinlich nicht einmal, dass sie noch draußen war. Eigentlich hätte sie darüber erleichtert sein müssen, doch immer noch fühlte sie die Anwesenheit einer anderen Person.
Da sie niemanden ausmachen konnte, griff sie schnell das beladene Tablett und lief in die Hütte. Dort verriegelte sie die Tür und schloss die Fensterläden. Zitternd lehnte sie sich gegen die Wand. Sie versuchte sich einzureden, dass es lediglich Einbildung gewesen war, doch es gelang ihr nicht ganz. Die Erlebnisse des letzten Jahres hatten sie für Gefahren sensibilisiert. Sie war sich fast sicher, dass sie wirklich beobachtet wurde. Reiß dich zusammen, Autumn . Alle Eingänge waren verschlossen, und sollte jemand versuchen, bei ihr einzubrechen, würde Shane bestimmt darauf aufmerksam werden und ihr helfen. Etwas ruhiger atmete sie tief durch. Sie sollte sich unbedingt ein Handy anschaffen. Nur für den Notfall.
Nach einer ausgedehnten Dusche fühlte sie sich angenehm entspannt. Wankend vor Müdigkeit zog sie sich aus und schlüpfte unter die Laken. Kaum hatte ihr Kopf das Kissen berührt, schlief sie ein.
Dunkelheit umgibt sie, die sie nicht mit den Augen zu durchdringen vermag, sosehr sie es auch versucht. Auch wenn sie
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