Vertraute Gefahr
ausgedehnten Arbeitsurlaub gemacht. Im Yellowstone National Park war ich zwei Jahre. Die Geysire und anderen Sehenswürdigkeiten hatten es mir einfach angetan. Auch die farbigen heißen Quellen waren beeindruckend.« Er deutete auf ein Foto, das einen riesigen Pool von oben zeigte. Die äußeren Bereiche waren orange gefärbt, hinter einem schmalen gelben Ring folgte erst grünliches, in der Mitte dann tiefblaues Wasser. Dampfschwaden stiegen auf. Ein schmaler Holzplankenweg führte an einer Seite daran vorbei. »Das ist die Grand Prismatic Spring. Wenn man unten steht, sieht man nur einen glatten Spiegel mit ein paar orangefarbenen Ausläufern. Ich musste auf einen nahen Hügel steigen, um dieses Bild zu machen. Nirgends ist ein Weg ausgeschildert, die meisten Besucher wissen überhaupt nicht, was sie verpassen. Sie kaufen das Bild dann als Postkarte und fragen sich, warum sie das nirgends gesehen haben.« Seine Augen leuchteten. Es war offensichtlich, wie sehr er das liebte, was er tat. Autumn spürte, wie etwas in ihr nachgab. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass jemand, der etwas mit solcher Leidenschaft tat und darüber sprach, ein schlechter Mensch war. Wahrscheinlich war das furchtbar naiv von ihr, aber wie sollte sie weiterhin mit anderen Menschen zusammenleben, wenn sie niemandem mehr vertrauen konnte?
Mit Mühe kehrte sie zum Gespräch zurück. »Warum bist du dort weggegangen?«
»Na ja, irgendwann hatte ich fast alles gesehen und fotografiert, also musste ich weiterziehen. Aber ich fahre immer noch ein- bis zweimal im Jahr dorthin.«
Es war seltsam, wie leicht es ihr fiel, sich mit Shane zu unterhalten. Aber es interessierte sie wirklich, was er zu sagen hatte. »Und was hat dich hierher verschlagen?«
»Ich finde es interessant, bewegungslose Steine zu fotografieren und sie dadurch lebendig zu machen. Es dauert einige Zeit, bis man die richtigen Stellen und vor allem die richtige Tageszeit für ein Foto herausgefunden hat. Ich bin immer auf der Suche nach neuen Motiven.«
»Und im Fiery Furnace hast du auch was gefunden?«, fragte Autumn, die sich an ihr erstes Zusammentreffen erinnerte.
Shane lächelte. »Ja, ich glaube schon.« Sein Blick ruhte auf ihr und ließ Wärme in ihr aufsteigen. »Ich habe die Fotos im Schlafzimmer, ich kann sie holen, wenn du sie sehen möchtest.«
»Ja, das wäre schön.« Etwas entspannter lehnte Autumn sich im Schaukelstuhl zurück, als Shane den Raum verließ. Aufmerksam betrachtete sie die an den Wänden hängenden Fotos. Wer solche Kunstwerke und liebevollen Familienfotos zu schaffen vermochte, konnte eigentlich nur ein sensibler und aufmerksamer Mensch sein. Vielleicht konnte sie doch mit Shane befreundet sein, ohne befürchten zu müssen, dass sich die Ereignisse wiederholten …
Ein kratzendes Geräusch ertönte. Erschrocken sprang Autumn auf und blickte sich unruhig um. Bewegte sich dort in der Ecke nicht etwas? Sie unterdrückte mühsam einen Aufschrei. Nach einiger Zeit löste sich eine kleine Gestalt aus der Dunkelheit. Autumn ließ sich erleichtert in den Stuhl zurücksinken. Eine Katze! Sie schlug die Hände vor das Gesicht und bemühte sich, ihre Fassung wiederzuerlangen. Die kleine grauschwarz getigerte Katze kam zögernd auf sie zu und schnupperte an ihrem Hosenbein. Anscheinend gefiel ihr, was sie roch, denn gleich darauf rieb sie sich genießerisch an Autumns Beinen. Ein dumpfes Schnurren kam aus ihrer Kehle, und sie bestieg mit einem eleganten Sprung Autumns Schoß, wo sie es sich gemütlich machte und Autumn mit ihrer rosenholzfarbenen Nase auffordernd anstupste. Gehorsam kraulte Autumn der Katze die Kehle und Ohren. Das Schnurren wurde lauter. Die Pfoten legte sie um Autumns Bein, die Krallen bohrten sich in ihren Oberschenkel. Unwillkürlich stiegen Autumn Tränen in die Augen. Die Erinnerung an ihren Kater Tombo wurde übermächtig. Wie sie ihn vermisste!
Als Shane aus dem Schlafzimmer kam, staunte er über das völlig ineinander vertiefte Paar. Am liebsten hätte er ein Foto davon gemacht. Noch lieber hätte er sich allerdings dazugekuschelt. Da dies wohl den Schaukelstuhl zusammenbrechen lassen würde, begnügte er sich mit einem kurzen Kraulen des Katzenkopfes.
»Hat Coco dich in Beschlag genommen? Wenn sie stört, nehme ich sie herunter.«
Autumn blickte mit glitzernden Augen auf. »Nein, bitte lass sie. Sie stört überhaupt nicht.« Eine Träne glitt über ihre Wange.
Shane fing sie mit seinem Finger auf. Besorgt betrachtete er
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