Vertraute Gefahr
Bett. Auch der Schrank war bis auf ihre Kleidung leer.
Erleichtert stieß sie den angehaltenen Atem aus. Dann lachte sie. Was hatte sie denn erwartet? Niemand wusste, dass sie hier war, schon gar nicht Robert. Schnell schob sie ihn aus ihren Gedanken. Sie würde sich nicht noch einmal von ihm das Leben zerstören lassen. Diesmal würde sie kämpfen – und wenn es nur gegen ihre eigenen Erinnerungen war. Sich wegen ihrer Feigheit scheltend, holte Autumn eine Schere aus der Schublade und machte sich daran, das Paket zu öffnen. Erneut breitete sich ein unangenehmes Gefühl in ihr aus.
»Nun mach schon, Autumn, schlimmer als in deiner Vorstellung kann es wohl kaum sein.«
Entschlossen riss sie den Karton auf und blickte hinein. Erschrocken stolperte sie zurück und schlug ihre zitternde Hand vor den Mund. Übelkeit stieg in ihr hoch. Ohne den Karton aus dem Blick zu lassen, taumelte sie rückwärts zur Tür. Kalter Schweiß lief ihren Rücken hinunter. Sie musste hier raus! Blind fummelte sie am Türgriff, bis er unter ihren rüttelnden Händen nachgab. Voller Panik rannte sie aus der Hütte und über die Veranda, bis sie davor zusammenbrach. Ihre zitternden Beine trugen sie nicht mehr, sie fiel hart auf Knie und Hände. Autumn machte sich nicht die Mühe, wieder aufzustehen. Sie blieb einfach dort, wo sie war, zog ihre Beine an die Brust und vergrub ihr Gesicht in ihren Armen. Ein Schauer nach dem anderen lief über ihren Rücken, ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie konnte nicht glauben, dass er sie hier gefunden hatte. Wie war das möglich?
Shane blickte aus dem Fenster, als er einen lauten Knall hörte, und sah gerade noch Autumns Tür zurückschwingen, während sie wie ein Derwisch aus der Hütte lief und aus seinem Blickfeld verschwand. Alarmiert rannte er den kurzen Weg zu ihrer Hütte, wo Autumn einige Meter entfernt zu einem Ball zusammengerollt vor und zurück schaukelte, während sie wie Espenlaub zitterte. Als Shane vorsichtig ihren Nacken berührte, zuckte sie wie unter einem Stromschlag zusammen. Beunruhigt ging er neben ihr in die Hocke und strich vorsichtig über ihren zitternden Rücken.
»Autumn?« Als sie nicht reagierte, nahm er sie in seine Arme und strich über ihr wirres Haar. »Autumn, ich bin es, Shane. Bist du verletzt?«
Er merkte, wie sie sich etwas entspannte, als er seinen Namen nannte. Da er keine Verletzung erkennen konnte, ging er dazu über, sie sanft zu schaukeln, während er ihr beruhigende Worte ins Ohr murmelte. Langsam löste sich ihre furchtbare Anspannung und sie lehnte sich schwer an ihn. »Autumn? Kannst du mir sagen, was los ist?« Als sie den Kopf hob, erschrak er. Ihr Gesicht war kalkweiß und glänzte vor Schweiß. Ihre grünen Augen wirkten fiebrig und schienen in tiefen Höhlen zu liegen. Ihre zitternden Lippen waren bläulich angelaufen. »Du bist krank. Ich werde Margret anrufen.«
Als er aufstehen wollte, klammerte sie sich an seinen Arm. »Nein … « Ihre Stimme klang noch rauer als sonst, sie war kaum zu verstehen. Mit der Zunge fuhr sie über ihre trockenen Lippen. »Hütte … Karton.«
Shane versuchte, sie zu verstehen. »Da ist etwas in deiner Hütte?« Autumn nickte heftig. »Soll ich nachschauen?«
Autumn zögerte und nickte dann abermals. »Der Karton auf dem Tisch.«
»Okay. Bin gleich wieder da.« Shane erhob sich und ging in die Hütte.
Er fand den offenen Karton auf dem Küchentisch und sah hinein. Eingeschweißt in eine durchsichtige Plastikhülle lag der Kadaver einer Katze. Entsetzt fuhr er zurück und stieß einen Fluch aus. Nachdem er sicher war, sich nicht sofort übergeben zu müssen, beugte Shane sich wieder vor und zwang sich, genauer hinzusehen. Es sah ganz so aus, als wäre die Katze nicht durch einen Unfall, sondern durch Menschenhand gestorben, nach höllischen Qualen. Der Schwanz und die Pfoten waren abgetrennt und der Körper wies mehrere Schnittverletzungen auf. Genauer konnte er den Inhalt des Kartons nicht betrachten, aus Angst, mögliche Spuren zu verwischen. Außerdem wollte er auch gar nichts mehr davon sehen. Er konnte Autumns Reaktion inzwischen verstehen, auch seine Beine waren wackelig, als er aus der Hütte trat und die Tür fest hinter sich schloss.
Als er Autumn ansprach, war seine Stimme sanft. »Komm mit zu mir, dann kann ich dir etwas Heißes zu trinken machen, während wir auf die Polizei warten.«
Autumn ließ sich von ihm auf die Füße ziehen und zu seiner Hütte geleiten. Er setzte sie in den Sessel und
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