Verwandte Seelen
rannte ich auf ihn zu, bis ich bemerkte, dass er verletzt war.
Er hielt sich schmerzerfüllt den Arm, aus dem er stark blutete. Doch das war es nicht, was mich beunruhigte. Grimmt sah mir traurig entgegen und weinte . . . Er weinte bitterlich.
Da erblickte ich hinter ihm Dexter, der von einem von Silas’ Männern getragen wurde. Schlaff und leblos hing sein Körper in den Armen des Unsterblichen. Er war tot.
Entsetzt blieb ich stehen und ließ mich ernüchtert auf die Knie sinken. Ich schloss meine Augen, in der Hoffnung, dass dies nur ein Alptraum war. Doch als ich sie wieder öffnete, legte man Dexters regungslosen Körper vorsichtig ein paar Meter von mir entfernt ins Gras.
Auf allen Vieren bewegte ich mich langsam zu ihm hin. Grimmt hatte sich neben Dexter niedergelassen und schaute fassungslos auf ihn hinab. Ich ergriff ängstlich seine Hand. Nach Halt suchend, lehnte ich mich gegen seine unverwundete Schulter.
Dexter sah aus, als würde er schlafen. Fast schon friedlich wirkte er mit seinen geschlossenen Augen. Doch dieser Eindruck täuschte, da sein Mund mit Blut getränkt war. Unter seinem blutverschmierten Hemd, das an der Brust aufgeschlitzt war, klaffte eine tiefe Wunde. Man hatte ihm eine Klinge direkt ins Herz gestoßen.
Jake kam nach einer Weile zu uns und nahm mich tröstend in die Arme. Wir saßen bei Dexter und trauerten um unseren Freund.
Während ich ihn betrachtete, bildete ich mir ein, seine Stimme in meinem Kopf zu hören. „Ist schon gut, Kleine!“ Ja . . . Dexter hätte versucht, mich aufzumuntern.
Silas ließ uns Zeit.
Auch er hatte Verluste zu beklagen. Drei seiner Kameraden waren nicht mit zurückgekehrt.
Als es langsam dunkel wurde, trat er jedoch zu uns. „Er musste nicht leiden“, sprach er, indem er Dexter ansah. „Diese Verletzung bedeutete den sofortigen Tod.“
Grimmt schniefte auf.
Silas legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Es tut mir aufrichtig leid, aber wir können hier nicht noch länger verweilen. Lasst uns euren Freund beerdigen!“
Nur mit ihren Schwertern und Händen gruben sie ein mannsgroßes Loch in den trockenen Boden.
Inzwischen war es Nacht geworden. Nur der Mond leuchtete unsere Zeremonie aus. Die Sterne lagen wie ein tröstender Schleier über uns und warteten darauf, dass Dexter zu ihnen kam.
Sie hatten ihn in die Grube gelegt und seine Hände auf der Brust verschränkt, in denen er nun sein Schwert hielt. Sein Gesicht war mit einem Tuch verdeckt. Nie wieder, würden wir ihn sehen können.
Wir standen alle um Dexters Grab und schwiegen.
Silas trat an das dunkle Loch heran. Er sah in unsere versammelte Runde.
„Dexter war ein ehrenhafter, gutmütiger Mensch, von dem auch wir Unsterblichen viel lernen konnten. Er war ein begabter Heiler und nicht zu vergessen: einer treuer Freund.“
Grimmt schluchzte neben mir. Er ließ meine Hand los und ging langsam auf die trostlose Öffnung zu, in der Dexter lag.
„Er war nicht nur mein treuer Freund . . . sondern mein Ratgeber . . . mein ständiger Wegbegleiter. Er gehörte zu meiner Familie.“ Fassungslos sah er zu Dexter ins Grab hinab, während ihm dicke Tränen von seinem Kinn tropften. „Ich konnte mich nicht einmal von dir verabschieden!“, rügte er ihn schmerzerfüllt. Demütig kniete er sich nieder und ließ eine handvoll staubiger Erde auf ihn hinabrieseln. „Schlaf gut, mein Freund!“
Ich weinte so sehr, dass ich in diesem Moment unmöglich ein Wort über die Lippen gebracht hätte.
Jake ging deshalb als nächster nach vorn, um Dexter seine letzten Worte mit auf den Weg zu geben.
„Dexter war ein gebildeter Mann, der immer allem etwas Gutes abgewinnen konnte. Seine unbeschwerte Art wird uns fehlen. Er war einmalig und wird eine große Lücke hinterlassen.“ Jake legte Grimmt, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte, seine Hand auf die Schulter und ließ neben ihm Erde in das stille Grab rieseln.
Nun trat ich um Fassung ringend nach vorn. Ich hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt etwas sagen konnte, doch ich wollte mich unbedingt von Dexter verabschieden.
Schniefend wischte ich mir die Tränen aus den Augen, da sie mir die Sicht verschleierten. Traurig sah ich mich um. Alle standen regungslos da und erbrachten Dexter die letzte Ehre. Über dem Grab thronte eine große Eiche. Sie würde dem kleinen Fleckchen, in dem unser guter Freund lag, Schutz bieten. Es war ein schöner Platz, wo er seine letzte Ruhe fand.
„Ich werde dich sehr vermissen, auch wenn ich dich noch
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