Verwechslungsspiel in Griechenland
sinnlos. Du würdest mir ja doch kein Wort glauben.”
“Wie klug von dir.” Hilflos und wütend funkelte sie ihn an.
“Ich kenne unzählige Frauen wie dich”, fuhr er verächtlich fort. “Frauen, die von Kindheit an verwöhnt worden sind. Du bist keineswegs einmalig.”
Ria zwang sich, nicht darauf zu antworten, sonst hätte sie sich bestimmt verraten. Dieses Thema ging ihr einfach zu nahe. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wie sehr Poppy sich gefreut hatte, als sie, Ria, zu ihnen gezogen war. Trotz ihres unterschiedlichen Temperaments hatten sie sich sofort verstanden. Jede hatte bei der anderen die Zuneigung gefunden, die sie beide so dringend brauchten. Da sie in einem abgelegenen Haus auf dem Land aufwuchsen, hatten sie sonst kaum Freunde, doch solange sie zusammen sein konnten, störte sie das wenig. Gemeinsam machten sie die Wiesen und Wege der Umgebung unsicher, und in die kleine Dorfschule gingen sie nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ. Sie waren unzertrennlich gewesen, zwei kleine, wilde Mädchen, eins mit langem, seidigem, vom Wind zerzaustem blondem Haar, das andere frech wie ein Lausbub mit kupferroten Locken und fröhlich blickenden braunen Augen. Bei der Erinnerung musste Ria lächeln, ohne zu ahnen, wie weich ihre Gesichtszüge dabei wurden.
Dimitrios hatte sie die ganze Zeit beobachtet. Jetzt hielt er unwillkürlich den Atem an. “Wem gilt denn das Lächeln?”, fragte er rau. “Einem der vielen Dummköpfe, die auf dich hereingefallen sind?”
Verständnislos sah sie zu ihm auf.
“Wieso frage ich überhaupt?”, stieß er wütend hervor. “Du machst mich krank, du kleine Betrügerin!”
Sein unerwarteter Angriff erschreckte sie so, dass sie erblasste. Nach einem letzten verächtlichen Blick schloss er wieder die Augen. Allmählich entspannte er sich, bis Ria ihn tief und regelmäßig atmen hörte. Er war eingeschlafen.
Ria wagte sich kaum zu bewegen, obwohl ihr jeder Muskel wehtat. Noch nie hatte sie sich so krank und allein gefühlt. Tränen traten ihr in die Augen und quollen unter den fest geschlossenen Lidern hervor. Was für ein elendes Durcheinander!, dachte sie verzweifelt und verbarg das Gesicht an der Sessellehne.
In genau diesem Augenblick umfasste Dimitrios sanft ihr Kinn, drehte ihren Kopf zu sich herum und trocknete ihr mit einem Taschentuch die Tränen. “Warum weinst du denn?”
Ria schluckte und versuchte sich zusammenzunehmen, doch vergeblich. Dimitrios zog sie dicht an sich, bis ihr Kopf an seiner breiten Brust lag. Etwas beschämt lehnte sie sich an ihn und lauschte dem ruhigen, rhythmischen Klopfen seines Herzens. Plötzlich fühlte sie sich warm und geborgen.
“Entspann dich, Kleines, schließ die verführerischen Augen …” Seine leise Stimme hatte einen spöttischen Unterton, aber Ria achtete nicht darauf. Dimitrios’ sinnliche Ausstrahlung, diese Mischung aus Kraft und Zärtlichkeit, nahm sie völlig gefangen.
“Armes Kindchen. Du bist ja ganz müde!” Seine sanften Worte besänftigten sie immer mehr. Sein Jackett duftete würzig nach Rasierwasser und leicht nach Zigarre. Ria spürte, wie sich das warme Gefühl in ihrem Bauch verstärkte. Plötzlich hätte sie Dimitrios am liebsten das Hemd aufgeknöpft und die Wange an seiner Brust gerieben. Ein Beben durchlief ihren Körper. Hastig setzte sie sich auf und lehnte sich zitternd im Sitz zurück.
Dimitrios sah sie kurz, aber durchdringend an, bevor er sich ebenfalls zurücklehnte und entspannt die Augen schloss. “Du steckst voller Überraschungen”, sagte er trocken. “Ich hatte mich schon gefragt, wie lange du die Rolle der kühlen Schönheit noch durchhalten würdest.”
Er hatte nur mit ihr gespielt! Wahrscheinlich machte es ihm Spaß, sie aus der Fassung zu bringen. “Ich hasse dich!”, stieß sie hervor.
“Warum?”, fragte er unbewegt, ohne die Augen zu öffnen. “Weil ich nicht auf deine Tricks hereinfalle? Du hast noch viel zu lernen, meine treulose kleine Sirene. Fordere mich lieber nicht heraus.”
Es tat weh, so ungerecht beschuldigt zu werden, aber was sollte sie tun? Sie konnte ihm nicht erklären, dass sie und Poppy sich eben deshalb so gut verstanden, weil sie völlig unterschiedlich waren. Ria war von Natur aus ruhig und zurückhaltend, während Poppy Aufregung und Abenteuer liebte.
“Wie viel Urlaub räumt dir denn dein Chef ein?”, fragte Dimitrios, als wäre nichts geschehen.
“So viel, wie ich brauche”, antwortete sie kurz angebunden. Sofort öffnete
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